| # taz.de -- Totes Kind in Flüchtlingsunterkunft: Flüchtlingskind gestorben | |
| > Die kleine Rana starb an Organversagen. Eltern beklagen mangelnde Hilfe | |
| > in der Hamburger Unterkunft am Rugenbarg. Die Staatsanwaltschaft | |
| > ermittelt. | |
| Bild: Vom Kinderkrankenhaus kam Rana auf die Intensivstation des UKE – wo sie… | |
| HAMBURG taz | Ein Kind aus einer Hamburger Flüchtlings-Erstunterbringung | |
| ist gestorben. Die zehn Monate alte Rana A. lebte seit Oktober mit ihren | |
| Eltern in einem früheren Baumarkt am Rugenbarg. [1][Gegenüber dem | |
| NDR-Fernsehen] sagte der Vater, seiner kleinen Tochter sei dort nicht | |
| ausreichend geholfen worden: Zwei Mal innerhalb von drei Tagen habe die | |
| Familie die ärztliche Sprechstunde in der Unterbringung aufgesucht – beide | |
| Male jedoch hätten die Ärzte eine Überweisung ins Krankenhaus abgelehnt. | |
| Stattdessen seien fiebersenkende Mittel ausgehändigt worden. | |
| Erst am späten Abend des 22. Januar wurde das kranke Kind dann mit einem | |
| Rettungswagen ins Kinderkrankenhaus Altona gefahren. Von dort kam Rana | |
| später auf die Intensivstation des Uniklinikums Eppendorf (UKE) – wo sie am | |
| 3. Februar an Organversagen starb. | |
| Die Staatsanwaltschaft hat ein „Todesermittlungsverfahren“ eingeleitet, | |
| ohne allerdings konkrete Personen zu beschuldigen, so Sprecher Carsten | |
| Rinio. Laut erstem Obduktionsergebnis starb das Baby an | |
| „Multi-Organversagen“. Man warte jetzt den ausführlichen Obduktionsbericht | |
| ab, um mehr über den Krankheitsverlauf zu erfahren, sagt Rinio. „Dann | |
| werden wir Klarheit haben, ob sich weitere Ermittlungsansätze ergeben.“ | |
| ## Einmal in der Woche ein Kinderarzt | |
| Politisch ist der Fall schon jetzt ein Paukenschlag. Stellt sich doch die | |
| Frage nach den Gesundheitsbedingungen der Kinder in den | |
| Flüchtlingsunterkünften. „Ich frage mich, was Ärzte normalerweise tun, wenn | |
| ein Baby eine Woche lang mit Fieber und Durchfall kommt“, sagt etwa | |
| Christiane Schneider, flüchtlingspolitische Sprecherin der Linksfraktion. | |
| Und die CDU-Abgeordnete Karin Prien glaubt, „dass das System der | |
| kinderärztlichen Versorgung in Erstaufnahmen nicht ausreichend ist“. Nach | |
| ihren Information kommt zwar einmal in der Woche ein Kinderarzt an den | |
| Rugenbarg, wo derzeit auch rund 200 Kinder leben – auch Ranas Eltern hätten | |
| sich zwar für einen Termin angemeldet, seien aber nicht drangekommen. | |
| Das passt zur Schilderung des Vaters gegenüber dem NDR: Nicht nur am | |
| Mittwoch, den 20., und am Freitag, den 22. Januar, habe er mit seinem | |
| kranken Kind den medizinischen Dienst aufgesucht, sondern obendrein auch am | |
| Donnerstag dazwischen. „Ich bin nicht reingekommen, weil ich keinen Termin | |
| hatte. Die Warteliste an der Tür war schon voll und die Tür verschlossen.“ | |
| Einem Zeugen zufolge war die Familie überdies auch am 18. Januar bereits | |
| vorstellig geworden – erfolglos. | |
| ## Weder Gesundheitskarte noch Überweisung | |
| Auch in normalen Kinderarztpraxen ist es mal voll, aber dort entscheidet im | |
| Zweifel der Arzt, welcher Fall wie dringend ist. Die kleine Rana bekam am | |
| ersten Tag kein Mediziner zu Gesicht. Und auch beim nächsten Mal soll eine | |
| Ärztin nur ihre Ohren untersucht haben. „Ich habe sie gebeten, mir eine | |
| Überweisung ins Krankenhaus zu schreiben“, so Ranas Vater im NDR. „Aber sie | |
| hat gesagt, nein, das würde sie mir nicht empfehlen, weil sie dort auch | |
| wieder drei, vier Stunden warten würden und sie würden dort auch nur wieder | |
| sagen, dass es eine Virusinfektion ist.“ | |
| Ohne eine Überweisung hätte er nicht in die Klinik gehen können, erzählt | |
| der Vater weiter: Er habe weder eine Gesundheitskarte noch ein vorläufiges | |
| Papier. Nachdem das Kind dann doch spät in der Nacht ins Krankenhaus kam, | |
| habe der Arzt ihm am nächsten Morgen gesagt, dass sein Zustand ziemlich | |
| kritisch ist. „Er vermutete eine Salmollen-Vergiftung oder eine koronare | |
| Infektion.“ | |
| Den Medizinischen Dienst in der Unterbringung am Rugenbarg stellt das UKE. | |
| Zu dem konkreten Fall aber gibt das Klinikum sich zugeknöpft: „Wir fühlen | |
| mit der Familie. Aufgrund der laufenden Ermittlungen können wir keine | |
| weiteren Auskünfte geben.“ | |
| ## „Auf medizinischem Hochschulniveau“ | |
| Die fachlich zuständige Gesundheitsbehörde hat Kritik an der medizinischen | |
| Versorgung in den Zentralen Erstaufnahmeeinrichtungen (ZEA) in Hamburg | |
| zurückgewiesen. Nach Prüfung der bisher vorliegenden Informationen sehe man | |
| „keine Lücken in der Organisation der medizinischen Versorgung in der ZEA | |
| am Rugenbarg“, erklärte ein Sprecher. | |
| „Das Kind wurde seit November engmaschig sowohl allgemein- und | |
| kinderärztlich als auch mehrmals im Krankenhaus versorgt.“ In der | |
| Flüchtlingsunterkunft gebe es eine sehr gute Versorgung der Flüchtlinge | |
| durch das UKE, und das „auf medizinischem Hochschulniveau“. | |
| Für die Frage der Gesundheitskarte und des allgemeinen Zugangs zu Ärzten | |
| sei wiederum die Sozialbehörde zuständig. Dort heißt es: Flüchtlinge haben | |
| grundsätzlich die Möglichkeit, im Notfall alle Ärzte aufzusuchen, die | |
| Behörde übernimmt die Kosten. Christiane Schneider zufolge funktioniert das | |
| in der Praxis aber nicht: „Wir hören, Flüchtlinge werden von den Ärzten | |
| wieder weggeschickt“, sagt die Linke. | |
| ## Hunger in den Flüchtlingsunterkünften | |
| Die CDU-Abgeordnete Prien will per schriftlicher Anfrage erfahren, von wem | |
| und wann die kleine Rana untersucht wurde und ob das System der | |
| Gesundheitsversorgung in der Erstaufnahme im Zusammenhang mit dem Todesfall | |
| steht. Nach ihren Informationen gibt es keine systematische kinderärztliche | |
| Erstuntersuchung. Viele Kinder seien mangelernährt und erschöpft. Sie | |
| müssten regelmäßig gewogen und versorgt werden. Auch reichten drei | |
| Mahlzeiten am Tag nicht aus. | |
| Wie die taz Anfang Januar berichtete, machen sich darüber auch | |
| ehrenamtliche Helfer Sorgen: Kleine Kinder bräuchten fünf Mahlzeiten am | |
| Tag. Da es verboten sei, Nahrungsmittel mit in die Schlafräume zu nehmen, | |
| litten manche Hunger. | |
| Es gebe eine staatlich verordnete „Mangelernährung bei Flüchtlingskindern�… | |
| hatte etwa Nadja Frenz von der Initiative „Kinderprogramm Erstaufnahme“ | |
| erklärt. Dies führe zu „akutem Eisenmangel, Magen-Darm-Erkrankungen“ und | |
| den unterschiedlichsten Entzündungen. In vielen der 32 | |
| Erstaufnahmeeinrichtungen fehle es an „Obst, frischem Gemüse, Fruchtsäften, | |
| warmer Milch und spezieller Babynahrung“. | |
| 12 Feb 2016 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Totes-Fluechtlingsbaby-Eltern-erhebe… | |
| ## AUTOREN | |
| Kaija Kutter | |
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