# taz.de -- Versorgung der Flüchtlinge: Notdurft im Waschbecken | |
> Flüchtlinge demonstrieren gegen die Zustände in den Messehallen. Ein | |
> Flüchtling erkrankte an Hepatitis. Die Karoviertel-Initiative organisiert | |
> jetzt Hilfe. | |
Bild: Genug Betten sind in der Messehalle für die Flüchtlinge aufgestellt wor… | |
HAMBURG taz | Flüchtlinge aus dem Karoviertel haben am Freitagabend gegen | |
die Zustände in der Messehalle protestiert, in der sie untergebracht sind. | |
Den Helfern aus der Stadtteilinitative berichten sie von immer | |
unerträglicheren hygienischen Zuständen in der Unterkunft. Vergangene Woche | |
gab es mindestens einen Flüchtling, der an Hepatitis A erkrankte und von | |
freiwilligen Helfern ins Krankenhaus gefahren werden musste. | |
Für kranke Flüchtlinge bietet die Stadt Sprechstunden mit freiwilligen | |
Ärzten im Umfang eines Hausarztbesuchs an. Neben Erkrankungen wie Krätze | |
oder Hepatitis sind die größten gesundheitlichen Belastungen der | |
Flüchtlinge seelischer Natur. In der „Refugees | |
welcome“-Karoviertel-Initative haben sich deswegen Psychologen und | |
Psychotherapeutinnen zusammengeschlossen, welche die Flüchtlinge beraten | |
und unterstützen. Auch mit Hebammen möchte die Initiative helfen. Von der | |
Stadt fordert die Initiative Räume. | |
## Zu wenig Toiletten | |
Keine Informationen, wie es nach den Messehallen weitergeht, kein warmes | |
Wasser, durchgängiger Lärm, keine Desinfektionsmittel, zu wenig Toiletten, | |
sodass manche ihre Notdurft in Waschbecken oder Duschen verrichteten – das | |
sind die größten Probleme, von denen die Flüchtlinge in den Messehallen | |
derzeit erzählen. | |
Wer sich selbst ein Bild von der Lage machen will, wird nicht | |
hineingelassen. Eine Helferin erzählt, dass sie einen Flüchtling bei | |
Arztbesuchen unterstütze und sich dessen Krankenakte habe ansehen wollen. | |
Der Zugang zur Halle sei ihr jedoch verwehrt worden. | |
Das Gesundheitsamt und Fördern und Wohnen, der Betreiber der Einrichtung, | |
bestätigten einen Hepatitis-A-Fall in den Messehallen. „Seitdem werden die | |
Toiletten mit einem speziellen Mittel dreimal am Tag gereinigt“, sagt | |
Sprecherin Susanne Schwendtke. Zudem seien nach Bekanntwerden des Falles | |
alle Mitarbeiter und sonstigen Kontaktpersonen des Flüchtlings auf ihren | |
Impfzustand überprüft worden. | |
## Krankenkasse kommt nicht nach | |
Für Flüchtlinge in Aufnahmeeinrichtungen sind Erkrankungen ein großes | |
Problem. Normalerweise bekommen Asylbewerber in Hamburg eine | |
AOK-Gesundheitskarte. Diese erleichtert den Behörden die Arbeit, gilt aber | |
nur bei Akut- und Schmerzerkrankungen. Mit der Ausstellung der Karte kommt | |
die Kasse wegen der vielen Flüchtlinge zudem nicht hinterher. | |
Deshalb stellt Fördern und Wohnen Behandlungsscheine aus, die 24 Stunden | |
lang gültig sind. Sie gelten auch für Flüchtlinge, die noch nicht in einem | |
Asylverfahren sind. Wer in den Messehallen außerhalb der Sprechstunden | |
erkrankt, muss sich an Sozialarbeiter wenden. | |
## Sprachbarriere ist ein Problem | |
Mit den Behandlungsscheinen können Flüchtlinge auch Psychologen aufsuchen. | |
Eine Behandlung scheitert aber in der Regel an der Sprachbarriere. Leon | |
Sautier aus der Karoviertel-Initative leitet die Psychologen-AG, die schon | |
50 Mitglieder hat und mit ihrer ehrenamtlichen Arbeit jetzt so richtig | |
beginnt. | |
„Die Leute haben einfach extrem viel Redebedarf und brauchen psychologische | |
Behandlung“, sagt Sautier. Dolmetscher hat die AG selbst organisiert. Mit | |
sieben Flüchtlingen ist sie bereits in Kontakt. Darunter ist eine Mutter, | |
die Aufgrund der Zustände in den Messehallen Angst hat, ihr Kind zu | |
verlieren. Seit gestern hat die Initiative auf karohilft.de eine eigene | |
Internetseite, auf der alle Unterstützergruppen und Kontakte aufgelistet | |
sind. | |
4 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Robin Grützmacher | |
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