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# taz.de -- Medizinische Versorgung der Flüchtlinge: Union streitet über Gesu…
> Die Regierung will Asylbewerbern den Zugang zum Arzt erleichtern und die
> Kommunen entlasten. Große Teile der CDU/CSU sind dagegen.
Bild: Es gibt keinen Grund, sie Flüchtlingen vorzuenthalten. Manche wollen es …
Berlin taz | Die Debatte über die medizinische Versorgung der Flüchtlinge
spaltet die Union. Kanzlerin Angela Merkel, Bundesgesundheitsminister
Hermann Gröhe und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (alle CDU) wollen
Asylbewerbern den Zugang zu Ärzten nun doch erleichtern.
Per Gesetz wollen sie grünes Licht geben für eine bundesweite elektronische
Gesundheitskarte für Flüchtlinge – gegen den Widerstand großer Teile der
Union im Bundestag. „Wir lehnen das ab“, sagte ein Fraktionssprecher am
Mittwoch.
Bislang brauchen Asylbewerber in Deutschland während der ersten 15 Monate
ihres Aufenthalts eine Bescheinigung des Sozialamts, wenn sie zum Arzt
wollen. Diese Hürde hat zu schwer erträglichen Situationen geführt: Viele
kranke Flüchtlinge blieben unbehandelt, weil entweder das Amt zum Zeitpunkt
der Krankheit gerade geschlossen hatte oder den Behördenmitarbeitern die
Erlaubnis für den Arztbesuch unnötig erschien.
Vor allem aber hat diese Praxis – das ist das Hauptargument der
Regierungschefin und ihrer Minister für die Abkehr von der bisherigen
CDU-Linie – zuletzt die kommunale Verwaltung extrem beansprucht: Erst
musste das Sozialamt den Schein ausstellen, dann die Rechnung des Arztes
abwarten und prüfen und sodann die Behandlungskosten überweisen. Angesichts
täglich Tausender neuer Flüchtlinge war es eine Frage der Zeit, bis der
Städte- und Gemeindebund unlängst mitteilte, die Belastungsgrenze sei
erreicht.
Am Donnerstag wird nun ein sogenanntes Beschleunigungsgesetz aus dem
Bundesinnenministerium beim Bund-Länder-Gipfel in Berlin verhandelt,
bereits am kommenden Mittwoch soll es ins Kabinett. Es sieht vor, dass
künftig Länder und Landkreise die Krankenkassen dazu verpflichten können,
eine elektronische Gesundheitskarte an Asylbewerber auszugeben und auch die
Abrechnungen abzuwickeln.
Der Vorteil: Flüchtlinge können direkt zum Arzt gehen und die Behörden
haben weniger Verwaltungsaufwand. Das Sozialamt kommt aber weiterhin für
die Therapiekosten auf und zahlt den Kassen zudem eine Verwaltungsgebühr.
Entsprechende Regelungen existieren bereits in Bremen und Hamburg sowie
demnächst in Berlin und Nordrhein-Westfalen.
## Nur für akute Krankheiten
Dagegen läuft die Unionsfraktion nun Sturm. „Der Attraktivitätsfaktor macht
uns Sorgen“, sagte ein Sprecher der taz. Die elektronische Gesundheitskarte
setze „falsche Anreize“. Wenn es dermaßen leicht sei, einen Arzt
aufzusuchen, dann kämen womöglich noch mehr Flüchtlinge – einfach weil sie
auf eine gute medizinische Versorgung hofften. Ähnlich argumentierte der
sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich: „Wir haben zurzeit keinen
Anlass, im Prinzip eine Gesundheitskarte zu fordern“, sagte er MDR Info.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Maria Michalk,
versuchte die Brisanz des Gesetzentwurfs unterdessen herunterzuspielen: „Es
ist keinesfalls vorgesehen, die Gesundheitskarte in den ersten 15 Monaten
verpflichtend einzuführen“, sagte sie der taz. „Es soll dort, wo die Länd…
und Kommunen dieses als Verwaltungsvereinfachung in Anspruch nehmen wollen,
erleichtert werden. Möglich ist das nach aktueller Rechtslage bereits
heute.“
Aus Regierungskreisen hieß es am Mittwoch, neben der Gesundheitskarte solle
es weitere Verbesserungen in der medizinischen Versorgung von Flüchtlingen
geben: Erstens solle der Impfschutz ausgeweitet werden, zweitens solle es
mehr psychotherapeutische Behandlungsplätze für Kriegstraumatisierte geben
und drittens auch „medizinisches Personal unter den Flüchtlingen“ dazu
herangezogen werden, bei der medizinischen Versorgung zu helfen.
Nichts ändern soll sich dagegen an der umstrittenen Praxis, wonach
Asylbewerber nur Zugang zur medizinischen Akutversorung haben. Die
Behandlung chronischer Krankheiten soll ihnen weiterhin versagt bleiben. In
diesem Punkt zumindest ist die Union sich einig.
24 Sep 2015
## AUTOREN
Heike Haarhoff
## TAGS
Schwerpunkt Flucht
Gesundheit
CDU/CSU
Asylrecht
Flüchtlinge
Patientendaten
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