# taz.de -- Flüchtlinge im Arbeitsmarkt: Das Kapital will mehr | |
> Arbeitgeber wollen Flüchtlinge mit einer hohen Bleibeperspektive nach | |
> drei Monaten sofort arbeiten lassen. Azubis sollen ein gesichertes | |
> Bleiberecht erhalten. | |
Bild: Ghebru Aregay aus Eritrea macht in Ulm eine Ausbildung zum Bäcker | |
BERLIN rtr | Den Arbeitgebern gehen die Vereinbarungen in der | |
Bundesregierung zur frühen Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt | |
nicht weit genug. In einer Reuters am Donnerstag vorliegenden Stellungnahme | |
zu den Gesetzesvorschlägen im Asylrecht fordern sie, dass Asylsuchende mit | |
einer hohen Bleibeperspektive nach drei Monaten „sofort eine Beschäftigung | |
ohne Vorrangprüfung aufnehmen dürfen“. Das Beschäftigungsverbot in der | |
Zeitarbeit müsse aufgehoben werden. Für junge Asylsuchende und Geduldete in | |
Ausbildung oder Studium und danach müsse es ein gesichertes Bleiberecht | |
geben. | |
Die Bundesregierung will am Mittwoch im Kabinett zahlreiche Änderungen im | |
Asylrecht wie auch Änderungen der Beschäftigungsverordnung beschließen. Die | |
Entwürfe sehen einige Regelungen vor, die eine rasche Integration in den | |
Arbeitsmarkt erleichtern sollen. So erhalten Asylbewerber und Flüchtlinge | |
schneller Zugang etwa zu Integrationskursen und berufsbezogenen | |
Sprachkursen. | |
Nach den Regierungsplänen sollen aber die Arbeitsagenturen weiter prüfen, | |
ob ein inländischer Arbeitsuchender nicht Vorrang vor einem Asylsuchenden | |
hat. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) wollte dies zwar abschaffen, war | |
damit aber nach Angaben aus Koalitionskreisen an Bedenken der Union und der | |
Gewerkschaften gescheitert. | |
Auch deutsche Topmanager dringen einer Umfrage zufolge auf bessere | |
Möglichkeiten, Flüchtlinge in ihren Unternehmen einzustellen. Insgesamt 80 | |
Prozent der befragten Führungskräfte und Unternehmer fordern von der | |
Bundesregierung, rechtliche und bürokratische Hindernisse so weit wie | |
möglich zu beseitigen, wie eine Erhebung der Personalberatung LAB & Company | |
im Auftrag der Süddeutschen Zeitung ergab. | |
## Profit durch Integration | |
Verlangt wird demnach etwa, dass Behörden ausländische Studien- und | |
Berufsabschlüsse rascher prüfen. Zudem solle allen Flüchtlingen, die einen | |
sozialversicherungspflichtigen Job haben, in jedem Fall eine mehrjährige | |
Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Mehr als 60 Prozent der Manager | |
erwarten, dass ihre Firma von einer besseren und schnelleren Integration | |
der Flüchtlinge profitieren werde. | |
Genauso viele sind der Auffassung, dass die wirtschaftlichen Chancen für | |
Deutschland insgesamt die gesellschaftlichen Risiken übersteigen. „Die | |
Flüchtlingshilfe, die heute geleistet wird, ist kein Kostenfaktor, sondern | |
eine langfristige Investition in die Zukunft des Wirtschaftsstandortes | |
Deutschland“, sagte Post -Chef Frank Appel der Zeitung. Demzufolge will die | |
Post unter anderem im Rahmen eines breit angelegten Hilfsprogramms bis zu | |
1000 Praktikumsplätze für junge Flüchtlinge anbieten. „Spätere Ausbildung | |
und Arbeit nicht ausgeschlossen“, ergänzte Appel. | |
Das derzeitige vierjährige Beschäftigungsverbot für Flüchtlinge in der | |
Leiharbeit wird zwar aufgehoben. Für die meisten Flüchtlinge bleibt sie | |
aber in den ersten 15 Monaten verboten. Nur in Engpassberufen, für die die | |
Arbeitsagenturen Fachkräftemangel bescheinigen, sollen Asylsuchende und | |
Geduldete nach drei Monaten einen Leiharbeitsjob aufnehmen dürfen. | |
24 Sep 2015 | |
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