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# taz.de -- Diskriminierung durch Asylgesetz: Ohne Hilfe geht es immer noch nic…
> Viele Geflüchtete leiden unter Entscheidungen der Behörden. Ist das
> Willkür, Strukturversagen oder einfach das Ziel des Asylgesetzes?
Bild: Die Familie vom verstorbenen Saad Aldin Saad Aldin, dem das Amt zunächst…
Bei manchen Entscheidungen des Sozialamts Eschwege geht es um Leben und
Tod. Dann gehen viele zu Siegfried Asselmeyer.
Asselmeyer arbeitete lange als Manager, seit einiger Zeit kümmert er sich
im nordhessischen Werra-Meißner-Kreis ehrenamtlich um Asylsuchende, vor
allem um diejenigen mit schweren Krankheiten. Asselmeyer ist quasi
hauptberuflich ehrenamtlich, getrieben davon, dass den Geflüchteten sonst
niemand helfe, sagt er. Momentan unterstützt er etwa 40 Personen, darunter
viele Familien.
Im Januar 2016 lernte Asselmeyer einen 40-jährigen Syrer mit dem Namen Saad
Aldin Saad Aldin kennen. Saad Aldin war gerade in Deutschland angekommen.
Er lebte in einer Asylunterkunft, schwer krank, die Nieren mehrfach
transplantiert, ein Tumor im Gesicht, der sich immer weiter ins Innere
fraß. „Die Nase war komplett aufgebrochen“, sagt Asselmeyer. „Die eiterte
vor sich hin, erste Stellen waren offen, es gibt schreckliche Fotos.“
Asselmeyer machte bei der Behörde Druck, damit Saad Aldin Saad Aldin die
richtigen Medikamente für seine Niere bekam, ließ sich zu seinem
gesetzlichen Betreuer bestellen und wollte dann eine Operation für die Nase
organisieren. Mehrere Ärzte rieten dringend dazu.
Das Sozialamt in Eschwege, das die Operation bezahlen sollte, bat zunächst
um weitere Untersuchungen. Asylsuchende haben in den ersten 15 Monaten
keine Krankenversicherung. Die Sozialämter entscheiden über die ärztliche
Behandlung. Die Amtsärztin entschied ausschließlich anhand der
medizinischen Akten: aussichtslose Prognose, Palliativbehandlung mit
adäquater Schmerztherapie. Die Kosten für die Operation, die Saad Aldins
Leben nach Ansicht mehrere Ärzte hätte verlängern können, wollte das
Sozialamt sparen. Stattdessen: Schmerzmittel bis zum Tod.
## Kein Einzelfall
Saad Aldin ist kein Einzelfall im Landkreis. Immer wieder halten
Geflüchtete die Entscheidungen des Sozialamts Eschwege für rechtswidrig,
manche von ihnen kämpfen um ihr Recht. Nicht immer geht es um die
Behandlung von schweren Krankheiten. Aber immer geht es um
Grundbedürfnisse: Wohnraum, Kosten für Schulbücher, das monatliche Geld,
von dem die Geflüchteten leben müssen. So berichten es
Flüchtlingsberater:innen, Aktivist:innen und ein Anwalt, die die
Geflüchteten unterstützen. Atteste, Bescheide und Gerichtsakten belegen
ihre Aussagen.
Der Landkreis hingegen sagt gegenüber der taz: Es gebe kein Problem. „Wir
handeln nach geltendem Recht“, schreibt der Pressesprecher. „Das bedeutet
nicht, dass die Betroffenen und ihre Vertreter mit den Entscheidungen
einverstanden sind.“
Der Werra-Meißner-Kreis ist ein hügeliges Idyll, dessen Kreisstadt Eschwege
gerade mal 20.000 Einwohner hat. Viele hier leben von der Landwirtschaft.
Ist der Kreis ein Sonderfall? Oder ist das, was Geflüchtete in Nordhessen
erleben, Alltag in Deutschland – gerade jetzt, wo sich die Aufmerksamkeit
nicht mehr täglich auf ihre Schicksale richtet?
Wie alle Landkreise wendet das Sozialamt Eschwege bei seinen Entscheidungen
ein umstrittenes Gesetz an: das Asylbewerberleistungsgesetz. Dort steht,
welche Leistungen Geflüchtete vom Staat bekommen, während sie auf die
Entscheidung warten, ob sie in Deutschland bleiben dürfen. Die 15
Paragrafen wirken übersichtlich: klar getrennt nach Arbeit, Gesundheit,
Grundsicherung – vor allem Wohnraum und Geld. Gerade im medizinischen
Bereich sind die Formulierungen aber oft unkonkret. Behörden und Gerichte
kommen immer wieder zu unterschiedlichen Entscheidungen.
Das Gesetz ist Ausdruck einer gesellschaftlichen Debatte. Politisch will
man Geflüchtete mit möglichst geringen Leistungen abschrecken. Das war der
Grund für sein Inkrafttreten 1993 im Rahmen des sogenannten
Asylkompromisses – und es zieht sich bis heute durch. Auf der anderen Seite
kann man Geflüchteten nicht einfach ihre Grundrechte verwehren. Besonders
stark scheint dieser Widerspruch, wenn es um die Gesundheit von Menschen
geht.
## Umstrittene Behörde vs. aktive Zivilgesellschaft
Der Werra-Meißner-Kreis ist einer von fast 300 Landkreisen in Deutschland.
Das Asylbewerberleistungsgesetz gilt bundesweit. Möglich also, dass das
Sozialamt in Eschwege nicht die einzige Behörde ist, die auf Grundlage
eines Gesetzes mit viel Spielraum fragwürdige Entscheidungen trifft. Am
Sozialgericht in Kassel, wo die Fälle aus dem Werra-Meißner-Kreis landen,
heißt es: Der Kreis liege im Durchschnitt, was das Fallaufkommen betrifft.
Was den Werra-Meißner-Kreis besonders macht: Es gibt dort nicht nur eine
umstrittene Behörde – es gibt dort auch eine aktive Zivilgesellschaft, die
viele Fälle dokumentiert und öffentlich macht.
30 Kilometer entfernt vom Verwaltungszentrum Eschwege liegt der Ort
Witzenhausen, 15.000 Einwohner, mit einer Fachhochschule für ökologischen
Landbau. Für das Studium ziehen junge Erwachsene aus ganz Deutschland nach
Witzenhausen. Einige bleiben in der Gegend, gründen Höfe, Hausprojekte oder
Landkommunen und vernetzen sich untereinander. Viele
Witzenhausener:innen empfinden ihren Ort als gallisches Dorf, als
alternatives Zentrum im biederen Nordhessen.
Neben Klimaschutz und Ökolandbau engagieren sich viele auch
zivilgesellschaftlich. Sie gründen Arbeitskreise oder organisieren Demos
gegen rechte Strukturen im Landkreis und im nahen Thüringen. Oder eben für
die Rechte von Geflüchteten.
In Saad Aldin Saad Aldins Fall schaltete Asselmeyer einen Anwalt ein, der
beim Sozialgericht Kassel ein Eilverfahren beantragte. Erst als mehrere
Ärzte der nahegelegenen Uniklinik Göttingen in einem Brief an das Sozialamt
nochmals nachdrücklich zu einer Operation rieten, lenkte die Behörde ein.
Tage später wurde Saad Aldin operiert.
Asselmeyer kennt viele solcher Fälle. Sie nähmen nur ein gutes Ende, sagt
er, weil sich Menschen über Monate hinweg für die Asylsuchenden einsetzten.
[1][„Wenn ein Flüchtling keinen Fürsprecher hat, dann hat er keine
Chance.“]
Die Recherche im Werra-Meißner-Kreis ist schwierig. Nur wenige sind zu
einem offenen Gespräch bereit, so wie Siegfried Asselmeyer. Der Landkreis
ist klein, wer dort im Bereich Asyl und Migration arbeitet, kennt sich.
Viele fürchten um ihre Jobs, wenn sie allzu offen Kritik üben. Geflüchtete
erzählen ihre Geschichten, ziehen später aber ihre Aussagen zurück. Sie
haben Angst, dass sich die Kritik negativ auf ihr Asylverfahren auswirken
könnte. Und auch das Sozialamt will Fragen nur schriftlich beantworten,
weder der Landrat noch der Leiter des Bereichs Migration wollen mit der taz
sprechen. Dieser Text bezieht sich deshalb vor allem auf Fälle, die sich
anhand von Akten belegen lassen.
## Ein häufiges Problem: Geld
Zum Beispiel der von Mahlet Dawit. In einem Café in Witzenhausen erzählt
sie ihre Geschichte – unter der Voraussetzung, dass ihr richtiger Name
nicht genannt wird. Auch sie fürchtet negative Auswirkungen auf ihr
Verfahren.
Seit sieben Jahren lebt Dawit in Deutschland, die meiste Zeit im
Werra-Meißner-Kreis, schon lange ist sie nur geduldet. Mal werden ihre
Dokumente um zwei Monate verlängert, mal um einen, mal um sechs.
Abgeschoben wird sie wohl nicht, genauso wenig aber hat sie eine
Perspektive. Dawits größtes Problem aber ist das Geld.
Immer wenn ihre Papiere mitten im Monat ablaufen, bekommt sie nur einen
Teil der ohnehin schon geringen Sozialleistungen. Weil sie letztes Mal nur
eine Duldung bis Mitte des Monats hatte, bekam sie 169 Euro statt
eigentlich 395. Das muss für alle Ausgaben außer der Miete reichen. Wenn
sie so wenig bekommt, muss sich Dawit Geld leihen, von Nachbar:innen,
Bekannten, Freund:innen. Erst Wochen später, sagt sie, würde ihr der Rest
ausgezahlt.
Es mag logisch klingen, dass nur Geld vom Amt bekommt, wer gültige
Dokumente hat. Im Gesetz aber steht, dass auch Asylsuchende ohne Papiere
Leistungen bekommen müssen, wenn die Abschiebung nicht unmittelbar
bevorsteht. Dawits Anwalt sagt: „Kein anderer Landkreis macht das so.“
„Ich weiß nicht, warum sie das tun“, sagt Dawit. „Es tut weh zu sprechen.
Normalerweise rede ich nur mit Gott, schildere meine Probleme, frage nach
Lösungen“, sagt sie. Dawit ist Katholikin, täglich geht sie zum Beten in
die Kirche.
Vor fünf Jahren stritt die Geduldete schon mal ein knappes Jahr lang mit
dem Amt: Es ging um ungefähr 80 Euro. Dawit wohnte damals in einem Heim auf
dem Land mit schlechter Busanbindung. Wenn der Bus nicht fuhr, musste sie
laufen. 30 Minuten zur Arbeit, 30 Minuten zurück. Weil Dawit eine
Fehlstellung am Fuß hat, lief sie wochenlang unter Schmerzen – bis ein Arzt
Einlagen empfahl. Das Amt sagte Nein. Dawit solle lieber häufiger barfuß
laufen, das stärke die Fußmuskeln. So steht es im Ablehnungsbescheid.
Erst als ein Gericht eingeschaltet wurde, lenkte das Amt ein. „Das Papier,
die Anwälte, das Gericht, das hat alles sicher ein Vielfaches gekostet“,
sagt Dawit heute.
Wenn Manfred Liebl von solchen Fällen hört, wird er wütend. Liebl, grauer
Vollbart, Brille, ist bekannt in Witzenhausen. Er lebt seit Jahrzehnten in
der Stadt, hat den Witzenhausener Arbeitskreis Asyl mitgegründet. Ein
Ex-Sponti, der sich auch gegen Nazis und in einer Erwerbsloseninitiative
engagiert. Ungerechtigkeit, sagt er, könne er schwer ertragen. Im Laufe der
Jahre hat sich Liebl in das Asylbewerberleistungsgesetz eingearbeitet. Er
sieht in den Entscheidungen des Eschweger Sozialamts ein System. Er sagt:
„Es betrifft alle, besonders häufig aber Geduldete. Man will sie durch
Leistungsentzug oder Leistungseinschränkung offenbar dazu bewegen,
freiwillig auszureisen.“
Der Werra-Meißner-Kreis weist das zurück. Es gebe Einzelfälle, bei denen
die Anspruchsvoraussetzungen manchmal nicht eindeutig festzustellen seien.
Es gebe unterschiedliche Bewertungen und Rechtsauffassungen, auch Gerichte
würden verschieden urteilen. Und der Kreis hat in gewisser Hinsicht recht.
Viele Entscheidungen, die skandalös wirken, sind bei genauerem Hinsehen
nicht eindeutig.
Etwa im Bereich Gesundheit: Laut Gesetz müssen die Ämter während des
Asylverfahrens alle Leistungen übernehmen, die zur Behandlung akuter
Erkrankungen und Schmerzzustände erforderlich sind. Doch was ist akut und
was erforderlich? Das entscheidet die Behörde und im Zweifelsfall ein
Gericht. Fast täglich entstehen in Deutschland dazu Urteile, die sich teils
widersprechen.
## Ein Gesetz, das abschrecken soll
Bevor das Asylbewerberleistungsgesetz 1993 nach einem Anstieg der
Geflüchtetenzahlen eingeführt wurde, überboten sich Politiker:innen in
ausgrenzender Rhetorik. Es gab Pogrome, Anschläge auf Häuser von
Geflüchteten und Migrant:innen. Am Ende wurde das Grundrecht auf Asyl
stark eingeschränkt, Geflüchtete bewusst schlechter gestellt. Asylsuchende
sollten weniger Geld bekommen als Sozialhilfeempfänger:innen. Es
war die Logik der Abschreckung: Bloß keine Anreize schaffen.
Knapp 20 Jahre später, im Jahr 2012, fällte das Bundesverfassungsgericht
ein bemerkenswertes Urteil. Es entschied, dass Asylsuchende nicht
wesentlich geringere Leistungen bekommen dürfen als
Hartz-IV-Empfänger:innen. Die Menschenwürde sei migrationspolitisch
nicht zu relativieren. Das Gesetz wurde angepasst – nur um es 2015, nach
dem Sommer der Migration, hastig und in mehreren Stufen wieder zu
verschärfen. Asylsuchende mussten jetzt wieder länger in
Erstaufnahmeeinrichtungen bleiben, sie bekamen wieder Sachleistungen statt
Geld. Das Argument war dasselbe wie Anfang der Neunziger: keine Anreize
schaffen.
Das Gesetz diskriminiert, es ist sogar dessen Zweck. Aber kommunale
Behörden haben auch Entscheidungsspielräume.
## Entscheidungen nach Aktenlage
Zum Beispiel im Fall der Familie Amir. Die Tochter der Familie, die im
Werra-Meißner-Kreis lebt, hat eine seltene Form der Epilepsie. Zwei Ärzte
rieten Anfang 2019 zu einer umfassenden Diagnostik, um die Zahl der Anfälle
zu verringern. Das Sozialamt wollte nicht zahlen. Die Tochter sei gut
eingestellt, argumentierte die Amtsärztin.
Oft schalten Sozialämter bei schwierigen Entscheidungen einen Arzt oder
eine Ärztin des Gesundheitsamts ein. Die Ärztin im Werra-Meißner-Kreis
hatte die Tochter der Familie Amir nicht persönlich gesehen: Entscheidung
nach Aktenlage, genauso wie im Fall des tumorkranken Saad Aldin. Der Kreis
sagt, das sei das übliche Vorgehen.
Erst ein Gericht zwang die Behörde, die Diagnostik der Tochter zu
übernehmen. Der Richter wird im Beschluss ungewöhnlich deutlich: Die
Atteste sprächen für sich, die möglichen Folgen der seltenen Krankheit
würden schlicht negiert. Die Entscheidung des Sozialamts, abzuwarten,
bezeichnet er als „geradezu zynisch“. Der taz liegt die Akte vor, die
Familie will sich nicht äußern, weshalb ihr Name geändert wurde.
Der Rechtsanwalt Sven Adam glaubt, dass der Werra-Meißner-Kreis das Gesetz
möglichst restriktiv anwendet. So restriktiv, dass der Anwalt oft mit dem
Sozialamt streitet. Adam vertritt viele der Geflüchteten im Kreis, seine
Kanzlei liegt rund eine halbe Autostunde entfernt in der Göttinger
Innenstadt.
Viele bezeichnen Adam als linken Anwalt, Adam selbst sieht sich als
Sozialrechtler. Er vertritt Erwerbslose und Asylsuchende, bietet
Rechtsberatungen an, führt aber auch Verfahren für Aktivist:innen der
linken Szene. [2][2018 erstritt er ein viel beachtetes Urteil, das „Racial
Profiling“ durch die Polizei als rechtswidrig einstufte.]
## Strukturversagen und die Folgen
Mehr als 60 Aktenzeichen zählt Adam im Werra-Meißner-Kreis für das Jahr
2019, und das sind nur die, die beim Sozialgericht Kassel landen. Viele
weitere Fälle klären sich im direkten Austausch mit der Behörde.
Adam kritisiert: Viele Entscheidungen seien rechtswidrig, weil das Amt
inhaltliche und formale Fehler mache. Fristen würden nicht gewahrt oder
Entscheidungen nicht schriftlich mitgeteilt, in der Folge könnten die
Geflüchteten dann nicht dagegen vorgehen. Oft würden bereits ergangene
Urteile nicht berücksichtigt. „Die machen dieselben Fehler immer wieder,“
sagt Adam. „An bestimmten Stellen muss man da von Strukturversagen
sprechen.“
Der Kreis widerspricht. Man berücksichtige eindeutig geklärte Rechtslagen,
die Mitarbeiter:innen seien geschult und hätten Zugriff auf Kommentare
und Urteils-Datenbanken.
Wenn man sich unter Heimmitarbeiter:innen, Berater:innen und
Ehrenamtlichen umhört, bestätigen sie Adams Eindruck und einige werden noch
deutlicher. Sie sprechen von Frust bei den Asylsuchenden. Angestellte in
Flüchtlingsunterkünften erzählen, dass ihnen mit Gewalt gedroht wurde, weil
die Geflüchteten dachten, sie seien für die Bescheide verantwortlich.
## Neue Hoffnung?
Die Verbitterten im Landkreis vermuten Bösartigkeit hinter den
Entscheidungen der Behörde. Andere glauben, dass die Mitarbeiter:innen
nicht ausreichend geschult seien. Manche vermuten Personalmangel.
Die Kommune verneint auch das gegenüber der taz. Der zuständige Bereich sei
auskömmlich ausgestattet. Für derzeit knapp 380 Leistungsempfänger:innen
stünden vier Vollzeitstellen zur Verfügung. Andere Sozialämter, etwa in
Niedersachsen, haben ähnliche Personalschlüssel.
Man kann das Handeln der Behörde als Strukturversagen bezeichnen. Es ist
ein Erfolg der Zivilgesellschaft vor Ort, dass viele fragwürdige
Entscheidungen vor Gericht oder in der Öffentlichkeit landen. Aber die
Behörde ist nur ein Teil des Problems. Denn sie entscheidet auf Grundlage
eines Gesetzes, das der Abschreckung von Asylsuchenden größeren Wert
beimisst als universellen Menschenrechten. Diese Art von Diskriminierung
kann man als institutionellen Rassismus bezeichnen. Denn die Entscheidungen
und Urteile, die Behörden und Gerichte auf Basis dieses Gesetzes treffen,
schreiben sich in die Verfasstheit der ganzen Gesellschaft ein.
Der Syrer Saad Aldin Saad Aldin ist am 29. April 2019 gestorben. Er hat
nach der Operation noch drei Jahre gelebt und konnte seine Familie nach
Deutschland holen. Zu seiner Beerdigung kamen über 100 Menschen.
Im September fand in Eschwege eine Podiumsdiskussion zur Situation der
Asylsuchenden im Landkreis statt. Alle waren im Saal, Geflüchtete,
Ehrenamtliche, Berater:innen, Anwalt Adam und der Behördenleiter des
Bereichs Migration. Am Ende des Abends stand eine Idee im Raum: ein runder
Tisch zum Thema Asyl. Ende November fand das erste Treffen statt. Nun
hoffen einige im Werra-Meißner-Kreis wieder.
18 Jan 2020
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Jonas Seufert
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