| # taz.de -- Stefan Ries über Stellen für Flüchtlinge: „Integration ist fü… | |
| > Die Softwarefirma SAP entwickelt eine App, um Flüchtenden zu helfen. | |
| > Personalvorstand Stefan Ries fordert schnellere Asylverfahren. | |
| Bild: Eine App soll HelferInnen und Flüchtlinge direkt in Kontakt miteinander … | |
| taz: Herr Ries, 800.000 Flüchtende sollen dieses Jahr in Deutschland | |
| ankommen, die deutsche Wirtschaft scheint sie mit offenen Armen zu | |
| empfangen. Wie viele Software-Ingenieure sucht SAP denn gerade, die | |
| fließend Englisch und Arabisch sprechen, aber kein Deutsch? | |
| Stefan Ries: Wir brauchen Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen und | |
| Ländern. SAP hat hierin bereits viel Erfahrung, denn bei uns arbeiten | |
| Menschen aus über 80 Nationen. Integration ist für uns also etwas völlig | |
| Normales. Und keine Frage: Wir wachsen und wollen Stellen besetzen. | |
| Also heißt das grundsätzlich bei Ihnen: Refugees welcome? | |
| Lassen Sie mich konkret werden: Wir werden in den nächsten 12 Monaten | |
| zusätzlich 100 Praktikumsplätze für junge Flüchtlinge und mindestens zehn | |
| neue Ausbildungsplätze schaffen. Die Bewerber brauchen natürlich ein | |
| technisches Grundwissen. Hinzu kommt: Unsere Mitarbeiter sind sehr daran | |
| interessiert, Flüchtlingen zu helfen. | |
| Nehmen Sie auch Menschen, die schwieriger zu integrieren sind? | |
| Absolut. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Wir haben vor eineinhalb Jahren die | |
| Initiative „Autismus@SAP“ gestartet und beschäftigen inzwischen über 100 | |
| autistische MitarbeiterInnen. Natürlich mussten wir hier zuerst | |
| investieren, bekommen inzwischen aber einen deutlichen Mehrwert zurück. Bei | |
| Flüchtlingen ist es ähnlich. Es sind gewisse Anfangsinvestitionen | |
| erforderlich, viele sprechen aber auch gut Englisch und können direkt | |
| eingearbeitet werden. Unsere Mitarbeiter haben inzwischen über 100.000 Euro | |
| gespendet, diesen Betrag verdoppeln wir und legen von Seiten des | |
| SAP-Vorstands noch einmal 500.000 Euro oben drauf. Das Geld fließt dann in | |
| Integrationsprojekte. | |
| Inwieweit spielt dabei die Motivierung der Mitarbeiter eine Rolle, nach dem | |
| Motto: Ihr arbeitet für die Guten? | |
| Glauben Sie mir, Personalpolitik spielt in dem Fall keine Rolle. Unsere | |
| Mitarbeiter machen das einfach. Das ist schlichte Solidarität mit Menschen, | |
| die zu uns kommen und unsere Hilfe brauchen. | |
| Abgesehen von Spenden: Was kann die Industrie noch tun? | |
| Eine Menge, etwa Bund und Ländern technische und logistische Hilfe | |
| anbieten. Dazu haben sich die 30 DAX-Konzerne vergangene Woche im | |
| Kanzleramt auch ausgetauscht. SAP plant, bis Ende des Monats eine App | |
| fertig zu entwickeln, die bei der Integration von Flüchtlingen helfen soll. | |
| Die meisten haben ja Mobiltelefone dabei. Die Idee der App ist, dass | |
| Flüchtlinge nicht nur direkt erfasst, sondern auch in Echtzeit die | |
| Verteilung und die Aufnahmekapazitäten im Bundesgebiet angezeigt werden. | |
| Zudem soll sie auch Helfer und Flüchtlinge direkt in Kontakt bringen. | |
| Haben Sie ein Beispiel? | |
| Wenn eine syrische Familie sagt: Wir wissen nicht, wie das mit den Schulen | |
| oder mit der Gesundheitskarte funktioniert, kann die App wichtige | |
| Informationen liefern und die Familie beraten. Sie wird einfach zu bedienen | |
| sein und ist eine technische Hilfe, damit sich die Flüchtlinge schneller | |
| und besser in ihrem neuen Leben zurechtfinden. | |
| Falls da jemand einen Job sucht: Wie schwer wäre es für Sie denn, einen | |
| Flüchtenden einzustellen? | |
| Die Frage müssen Sie an die Bundesregierung weitergeben. Wir müssen | |
| natürlich das Asylverfahren abwarten. Allerdings wünschen wir uns, dass die | |
| Verfahren beschleunigt werden. Die Kanzlerin hat gesagt: Die wichtigen | |
| Schritte können wir nicht weglassen, wir müssen aber auch dafür sorgen, | |
| dass damit die Menschen nicht monatelang unbeschäftigt in den Auffanglagern | |
| sitzen. Die Politik weiß um die Problematik und handelt hoffentlich bald. | |
| Wie wichtig wäre das, um den berühmten Fachkräftemangel zu lindern? | |
| Auf dem europäischen IT-Markt gibt es derzeit über 100.000 offene Stellen. | |
| Wir bei der SAP tun uns da leichter, weil wir Weltmarktführer sind und | |
| mehrfach als attraktivster Arbeitgeber ausgezeichnet wurden. Für einen | |
| Mittelständler ohne bekannten Namen ist es erfahrungsgemäß schwerer, neue | |
| Mitarbeiter zu finden. | |
| Hier kommen nicht nur Software-Ingenieure an. Wie schätzen Sie die | |
| Fähigkeit der deutschen Wirtschaft ein, die nötigen Arbeitsplätze zu | |
| schaffen? | |
| Wir haben nicht erst seit gestern Zuwanderung. Integration steht in der | |
| Wirtschaft seit Jahren ganz oben. Wenn wir den Weg weiter gehen, dann wird | |
| mir auch bei 800.000 Asylbewerbern nicht bange. Die Voraussetzung dafür | |
| ist, dass Politik und Wirtschaft jetzt noch enger zusammenarbeiten. Wegen | |
| der gebotenen Eile wird es nun häufiger Treffen im Bundeskanzleramt mit den | |
| DAX-30-Konzernen geben, um die Integration der Flüchtlinge voranzutreiben. | |
| Wie achten Konzerne darauf, nicht selbst zur Fluchtursachen zu werden, weil | |
| ihre Produkte von diktatorischen Regimen eingesetzt werden? | |
| Wir haben ganz klare Compliance-Regeln, an die wir uns konsequent halten. | |
| Zudem gibt es in Deutschland auch eindeutige gesetzliche | |
| Exportbeschränkungen. | |
| Was macht das eigentlich mit einem Unternehmen, wenn Menschen mit | |
| Fluchterfahrung zu Ihnen kommen? | |
| Wir wollen diesen Menschen helfen, mit uns Erfolg zu haben. Grundsätzlich | |
| gilt: Je vielfältiger ein Unternehmen ist, desto besser repräsentiert es | |
| auch die Gesellschaft und umso erfolgreicher ist es. | |
| 18 Sep 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Ingo Arzt | |
| ## TAGS | |
| SAP | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| Personalpolitik | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| Flüchtlinge | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| Flüchtlinge | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| EU-Innenminister | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Geflüchteter über sein App-Projekt: „Immer das passende Formular“ | |
| Ghaith Zamrik entwickelt mit Freunden eine App, die Neuankömmlingen in | |
| Deutschland helfen soll – und trifft dabei selbst auf Probleme. | |
| RefugeeHackathon in Berlin: Der Refugee und der Nerd | |
| Auf dem RefugeeHackathon sitzen Programmierer und Geflüchtete zusammen am | |
| Tisch. Dabei enstehen Apps, die den Menschen das Leben erleichtern. | |
| Medizinische Versorgung der Flüchtlinge: Union streitet über Gesundheitskarte | |
| Die Regierung will Asylbewerbern den Zugang zum Arzt erleichtern und die | |
| Kommunen entlasten. Große Teile der CDU/CSU sind dagegen. | |
| Debatte Flüchtlinge als Wirtschaftsfaktor: Sie steigern das Bruttosozialproduk… | |
| Deutsche Firmenchefs freuen sich über eine neue Humanressource: | |
| Flüchtlinge. Doch der Ökonomisierung von Menschen sind Grenzen gesetzt. | |
| Markenexperte über Flüchtlingshilfe: „Aufsetzen auf den Zeitgeist“ | |
| Das Thema Nachhaltigkeit sei abgefrühstückt, meint Markensoziologe | |
| Errichiello. Jetzt setzten Unternehmen auf Mitmenschlichkeit und Toleranz. | |
| Architekt über Flüchtlingswohnungen: „Integrieren, nicht abschotten“ | |
| Parkhäuser und Lastkähne: Architekturprofessor Jörg Friedrich plant | |
| Unterkünfte, in denen etwa Flüchtlinge und Studenten zusammen leben | |
| könnten. | |
| Flüchtlinge und Kaufkraft in Deutschland: Mehr Hummus! | |
| 800.000 neue Flüchtlinge sind 800.000 neue Kunden. Dadurch könnte das | |
| Angebot in den Regalen der Supermärkte breiter werden. | |
| Flüchtlinge in Deutschland: Länder fordern mehr Geld | |
| Drei Milliarden Euro hat der Bund den Ländern angeboten. Vor dem Treffen | |
| mit der Kanzlerin fordern die Länder nun doppelt so viel. | |
| Treffen der EU-Innenminister: Erst abschotten, dann helfen | |
| Die Europaminister beraten über die Flüchtlingspolitik. Nach einer Einigung | |
| sieht es allerdings nicht aus. Und Merkel sitzt auf der Anklagebank. |