# taz.de -- Flüchtlinge in Messehallen: Angekommen unter Tausenden | |
> In der Messehalle B6 warten Flüchtlinge darauf, „umverteilt“ zu werden. | |
> Bis dahin wohnen sie mit 1.030 anderen unter einem Dach. | |
Bild: Ob sich die Begrüßung an die Flüchtlinge richtet - oder doch eher an d… | |
Hamburg | taz Von außen sieht alles aus wie immer: Ein paar Leute sitzen | |
auf den Stufen vor dem südlichen Eingang der Messehallen. Zwei Jungs gucken | |
schwer beschäftigt auf ihre Smartphones, ein paar Meter weiter steht eine | |
kleine Gruppe zusammen. Den Ausnahmezustand sieht man ihnen nicht an, | |
ebenso wenig wie man ahnt, dass im Inneren der Halle 1.030 Menschen auf | |
Feldbetten schlafen. | |
Seit gut einer Woche ist die Halle B6 zur Erstaufnahmeeinrichtung für | |
Flüchtlinge umfunktioniert. Aus der völlig überfüllten Einrichtung in der | |
Harburger Alten Post sind sie hierher gebracht worden. „Es handelt sich um | |
eine Notlösung“, sagt Susanne Schwendtke, Sprecherin des städtischen | |
Trägers Fördern und Wohnen, der die Unterkunft betreibt. | |
Schutzsuchende, bei denen noch unklar ist, ob sie in Hamburg bleiben können | |
oder auf ein anderes Bundesland „umverteilt“ würden, kämen erst mal hier | |
unter, erklärt sie. Sieben bis zehn Tage soll es im Schnitt dauern, bis | |
klar ist, welches Bundesland zuständig ist. Ob dieses Zeitfenster immer | |
eingehalten wird, darauf will Schwendtke sich nicht festlegen. | |
Spätestens Ende September aber muss die Messehalle wieder frei sein: Dann | |
soll sie umgebaut und wieder für ihren eigentlichen Zweck hergerichtet | |
werden. Ende Oktober steht die nächste Messe an, so der Sprecher der | |
Innenbehörde, Frank Reschreiter. | |
In der Halle herrscht ein konstanter Geräuschpegel. Zäune mit weißer Plane | |
stehen als provisorische Trennwände innerhalb der 13.000 Quadratmeter große | |
Halle. „Man kann nicht gut schlafen“, sagt Ziad, ein 65-jähriger | |
Palästinenser. Erst seit zehn Tagen ist er in Hamburg. Vor seiner Flucht | |
hat er als Metzger in Jarmuk gearbeitet, einem inoffiziellen | |
palästinensischen Flüchtlingslager inmitten der syrischen Hauptstadt | |
Damaskus. Bereits 2012 völlig zerbombt, wurde das Lager im April diesen | |
Jahres vom IS eingenommen. | |
„It‘s beautiful!“, sagt Ziad über sein neues provisorisches Zuhause in d… | |
Messehalle und lacht dabei aus seinen tief eingefallenen Augen. Es wirkt | |
wie Galgenhumor. Vielleicht ist es Erleichterung. | |
## 1.030 Menschen in einer Halle | |
Die Versorgung von Ziad und den anderen BewohnerInnen der Messehalle stellt | |
für Fördern und Wohnen eine Herausforderung dar: Das Personal bei der Firma | |
ist knapp. „Wir kriegen jeden Tag eine neue Unterkunft zugewiesen und | |
müssen improvisieren“, so Schwendtke. | |
Man habe bereits studentische Hilfskräfte zur Unterstützung eingestellt. | |
Auch MitarbeiterInnen, die normalerweise in der Verwaltung tätig seien, | |
müssten angesichts der Notlage Aufgaben übernehmen, die sonst nicht in | |
ihren Tätigkeitsbereichen liegen. Alltägliche Dinge seien das, sagt die | |
Sprecherin, „zum Beispiel, den Leuten Betten zuzuweisen“. | |
## Support aus dem Viertel | |
Als Anfang der vergangenen Woche bekannt wurde, dass bis zu 1.200 | |
Flüchtlinge in der Messehalle unterkommen sollen, fingen die Menschen in | |
der Nachbarschaft an, Unterstützung zu organisieren. An der Rückseite der | |
Halle, gegenüber dem Untersuchungsgefängnis am Holstenglacis, können | |
Spenden abgegeben werden. Ein Sicherheitsmann steht dort an einer Schranke, | |
lässt Autos auf den Messeparkplatz fahren. | |
In einem begehbaren Container stapeln sich die bis jetzt zusammen | |
gekommenen Spenden: Vollgepackte Einkaufstaschen, Ikea-Tüten und | |
Kleiderbündel, auch ein riesiger Teddybär lehnt an der Wand. Junge Leute in | |
weißen Westen kommen angelaufen und bilden eine Kette. Einer zum anderen | |
reichen sie die Sachen durch bis zu einem Kleinbus, der ein paar Meter | |
entfernt parkt. Der soll die sie in eine andere Halle bringen, wo | |
Freiwillige gerade ein Regal aufbauen, um die Spenden zu lagern. Die in den | |
weißen Westen seien syrische Flüchtlinge, erklärt der Wachmann. „Sie | |
wollten nicht nur rumsitzen, sondern was tun.“ | |
„Pro Tag kommen hier 30 bis 40 Leute an und fragen, wie sie helfen können“, | |
erzählt er weiter. „Alster Wacht“ steht auf seinem Hemd – wie ein Großt… | |
des Wachpersonals hier gehört er nicht zu Fördern und Wohnen, sein | |
Auftraggeber ist die Messegesellschaft: Die Betreiberfirma hat die | |
MitarbeiterInnen beauftragt, bis Ende September das Flüchtlingslager auf | |
dem Gelände zu bewachen. | |
„Im Moment sind wir eher Sozialarbeiter“, sagt der Sicherheitsmann. „Wir | |
helfen den Leuten, die Sim-Karten ihrer Handys zu aktivieren oder | |
Behördenpapiere auszufüllen.“ Er spricht selbst Arabisch, so fällt ihm die | |
Kommunikation mit vielen der BewohnerInnen leicht. | |
Hinter ihm öffnet nun jemand den Zaun, der den Wohnbereich der Flüchtlinge | |
gegen fremde Blicke abschirmt, um einen Gabelstapler rausfahren zu lassen. | |
Können die Flüchtlinge jederzeit rein und raus? „Nein, das ist ein Knast!�… | |
sagt der Wachmann und guckt ernst. Dann lacht er. „Quatsch! Die wohnen doch | |
hier.“ | |
NaN NaN | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
Kristof Botka | |
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