# taz.de -- Rot-grüner Senat: „Wir haben einen Dissens“ | |
> Von den Grünen ist in der Koalition wenig zu hören. Das täuscht, sagt | |
> Fraktionschef Anjes Tjarks. Vor allem in der Flüchtlingspolitik wird | |
> gestritten. | |
Bild: Wie Menschen willkommen heißen? In dieser Frage sind sich Rot und Grün … | |
taz: Herr Tjarks, gibt es die rot-grüne Koalition überhaupt noch? Man hört | |
so gar nichts. | |
Anjes Tjarks: Wir arbeiten sehr intensiv an den Themen Bürgerbeteiligung, | |
Radverkehr und Umweltpolitik – und natürlich am aktuell dominierenden Thema | |
Flüchtlingspolitik. | |
Aber speziell die Grünen agieren lautlos. Oder nicken sie alles ab, was | |
SPD-Bürgermeister Olaf Scholz will? | |
Bei der Flüchtlingspolitik steht bei uns stark der Gedanke der Integration | |
im Fokus. Da leisten wir Grüne große Beiträge: das Forum | |
Flüchtlingspolitik, verbesserte Möglichkeiten für Kinder, Kitas und Schulen | |
zu besuchen, oder auch verstärkten Wohnungsbau. | |
Das geschieht offenbar alles im stillen Kämmerlein, nach draußen dringt | |
davon fast nichts. | |
Wir wollen die Wohnungsbauzahlen sehr deutlich erhöhen. Und wir betonen | |
sehr klar, dass die Menschen, die dauerhaft in Hamburg bleiben, eine | |
vernünftige Perspektive und Chancen auf Integration erhalten. | |
Akzeptieren die Grünen die Forderung von SPD-Bürgermeister Olaf Scholz, | |
Mazedonien, Albanien und Kosovo zu sicheren Herkunftsländern zu ernennen? | |
Wir sind von dieser Idee nicht überzeugt. Das verringert nicht die Zahl der | |
Flüchtlinge aus diesen Ländern und führt auch nicht zu einer Beschleunigung | |
der Verfahren. | |
Akzeptieren die Grünen die Forderung des Bürgermeisters, Sonderlager für | |
Flüchtlinge aus dem Westbalkan ohne Bleibeperspektive einzurichten und sie | |
schneller abzuschieben? | |
Das ist nicht unser Ansatz. Wir werben dafür, dass Flüchtlinge gleich mit | |
der Registrierung eine Beratung über die Chancen ihres Asylantrages | |
erhalten – gerade auch mit dem Ziel einer freiwilligen Ausreise. Das würde | |
die Verfahren deutlich beschleunigen. | |
Also gibt es in der rot-grünen Koalition in diesen Fragen einen Dissens? | |
In der Tat. | |
Wie soll der gelöst werden? | |
Wir sprechen miteinander. | |
Auch über die Perspektive der Zuwanderung und Arbeitsimmigration von | |
Fachkräften? | |
Das ist ein wichtiger Punkt. Deutschland hat ja auch eine Verantwortung für | |
die Stabilisierung der Länder auf dem Westbalkan. Zudem brauchen wir | |
endlich ein Zuwanderungsgesetz, dass diese Fragen sinnvoll regelt – | |
durchaus auch mit speziellen Zuwanderungskorridoren für diese Länder. | |
Ein grünes Kernressort ist traditionell die Umweltpolitik. Da haben die | |
Grünen in diesem Senat noch gar nichts geboten. | |
Im Gegenteil. Wir bringen in realen Schritten den grünen Hafen voran, zum | |
Beispiel mit der Flüssiggas- und Landstromversorgung für Schiffe. Wir | |
arbeiten an einem neuen Luftreinhalteplan und am Ersatz für das | |
Kohlekraftwerk Wedel. | |
Der grüne Umweltsenator Jens Kerstan hat bislang als einzige Amtshandlung | |
die Umweltzone für überflüssig erklärt. | |
Verkehrspolitik liegt im Ressort der Wirtschaftsbehörde. Und da sind wir | |
Grüne es, die auf die reale Umsetzung der Radverkehrsstrategie drängen mit | |
dem Neubau von 50 Kilometer Radwegen pro Jahr und dem Ausbau aller | |
Velorouten. | |
Es entstand der Eindruck, die grüne Wissenschaftssenatorin Katharina | |
Fegebank bestimmt die Verkehrspolitik mit schwul-lesbischen Ampelpärchen. | |
Sie hat damit als Gleichstellungssenatorin ein Zeichen gesetzt. Als | |
Wissenschaftssenatorin ist sie vor allem damit beschäftigt, eine neue | |
Kommunikationskultur mit den Hochschulen zu etablieren. Mit dem | |
Vorgängersenat gab es Auseinandersetzungen, jetzt gibt es einen Dialog auf | |
Augenhöhe. | |
Ein drittes urgrünes Thema sind Bürgerrechte und Bürgerbeteiligung. Da | |
hätten die Grünen bei Flüchtlingsunterkünften oder Windanlagen viel zu | |
moderieren. | |
Diese Regierung hat durch uns Grüne einen starken Schub in diese Richtung | |
bekommen. Da ist zum einen das Referendum über die Olympia-Bewerbung und | |
zum anderen die Allianz gegen Fluglärm. Wir sorgen für eine andere | |
Gesprächskultur mit den Menschen vor Ort. Auch bei den | |
Flüchtlingsunterkünften würden wir das gerne noch intensivieren. Allerdings | |
ist der Handlungsdruck so groß, dass es hier leider nur noch um das Wie | |
geht, nicht mehr um das Ob. | |
NaN NaN | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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