# taz.de -- Religiöse Fanatiker in Hamburg: Salafisten werben bei Flüchtlingen | |
> In Hamburg haben Salafisten versucht, Flüchtlinge anzuwerben. Der | |
> Verfassungsschutz will nicht von einer gezielten Kampagne sprechen. | |
Bild: Bereit, ihre Botschaft zu verbreiten: Salafisten an den Hamburger Messeha… | |
Hamburg | taz Augenzeugenberichten zufolge haben sich am vergangenen | |
Sonntag Salafisten vor den Hamburger Messehallen eingefunden, um Korane an | |
Flüchtlinge zu verteilen. Der einschreitende Sicherheitsdienst sowie sich | |
vor Ort befindende HelferInnen sollen beschimpft und bedroht worden sein. | |
„Ich habe eine Auseinandersetzung zwischen dem Sicherheitspersonal und den | |
Salafisten mitbekommen“, berichtet die Augenzeugin Anna Meier*, die sich zu | |
dem Zeitpunkt an den Messehallen befand. Sie ist eine freiwillige Helferin | |
bei der Unterkunft. | |
Die Salafisten seien mit der Forderung an den Sicherheitsdienst | |
herangetreten, 1.500 Korane und Fladenbrote den Flüchtlingen spenden zu | |
wollen. Der Sicherheitsdienst untersagte ihnen jedoch den Zutritt. | |
Daraufhin habe eine Gruppe jüngerer, weiblicher Salafistinnen einen | |
Sichtschutz, herunter gerissen. Ziel sei es gewesen, Korane in das Innere | |
der Messehallen zu reichen. Ein Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes soll | |
die Gruppe daraufhin des Platzes verwiesen haben. | |
Die Fraktionsvorsitzende der Hamburger Linken, Cansu Özdemir, bestätigt den | |
Vorfall. „Mich hat ein weiterer Augenzeuge angerufen und erzählt, dass | |
mehrere Autos der Salafisten vor den Messehallen vorgefahren sind“, | |
berichtet Özdemir. Sie habe dem Augenzeugen Fotos gezeigt, auf denen einige | |
Salafisten in der Mönckebergstraße im Rahmen der „Lies!“-Kampagne Korane … | |
Passanten verteilten. Der Augenzeuge habe daraufhin einen der Anwesenden | |
eindeutig identifiziert. | |
„Ich halte es für eine sehr gefährliche Situation“, warnt Özdemir. „Die | |
Menschen sind gerade vor dieser totalitären Ideologie geflohen und werden | |
jetzt wieder mit ihr konfrontiert.“ Der Islamische Staat habe seine | |
Anhänger dazu aufgerufen, nach Europa zu kommen. Eine Taktik sei es, | |
Flüchtlinge anzuwerben, eine weitere, als vermeintlicher Flüchtling nach | |
Europa zu kommen, sagt Özdemir. Sie habe sich bei einem Besuch in der | |
syrisch-türkischen Grenzstadt Kobane selber einen Eindruck von dieser | |
Taktik verschafft. | |
## Mit dem Koran in der Hand | |
Der Flüchtlingsaktivist, der die Bürgerschaftsabgeordnete kontaktiert hat, | |
ist selber vor vier Jahren aus den kurdischen Gebieten geflohen. „Ich bin | |
zu den Messehallen gekommen, um Kleidung für die Flüchtlinge zu spenden“, | |
erzählt er. Bei seinem Eintreffen habe er zunächst vier Salafisten vor dem | |
Eingangsportal wahrgenommen, die mit dem Koran in der Hand Flüchtlinge | |
angesprochen hätten. | |
Als er wieder heraus kam, sei es bereits eine Gruppe von etwa 50 Personen | |
gewesen. Er habe das Sicherheitspersonal darauf angesprochen, doch dieses | |
hätte die Situation zunächst verkannt. Ein Mitarbeiter entgegnete ihm, dass | |
es sich nur um „normale Muslime“ handele, die helfen wollten. Erst als die | |
Salafisten den Sichtschutz herunter gerissen hätten, seien sie | |
eingeschritten. | |
Der SPD-Abgeordnete Kazim Abaci schließt sich den Befürchtungen Özdemirs | |
an: „Es war zu erwarten, dass die einschlägigen Gruppierungen die Situation | |
der Flüchtlinge missbrauchen und versuchen, ihnen über die Schiene der | |
Religion neue Hoffnungen zu machen.“ Deshalb sei es richtig und wichtig, | |
bei diesen Vorfällen wachsam zu bleiben. Die Polizei habe nach dem | |
Bekanntwerden des Vorfalls erhöhte Präsenz vor den Messehallen gezeigt. | |
„Salafisten sind wie andere Extremisten bestrebt, für ihre Ziele zu werben | |
und neue Personen für sich zu gewinnen“, sagt Birgit Pülsch, Sprecherin des | |
Hamburger Landesamtes für Verfassungsschutz. Bis Mitte August seien 82 | |
Koran-Stände angemeldet worden. Die Salafisten betrieben Infotische, | |
bewegten sich aber auch durch die Stadt und sprächen gezielt Personen an. | |
Hierzu gehörten auch Flüchtlinge. „Dies ist aber im Zusammenhang mit der | |
gesamten Dawa-Arbeit zu sehen und ist bisher nicht als eine gesteuerte oder | |
zielgerichtete Kampagne zu werten“, sagt die Sprecherin. Dawa bedeutet „Ruf | |
zu Gott“. | |
*Name von der Redaktion geändert | |
NaN NaN | |
## AUTOREN | |
Fabio Kalla | |
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