| # taz.de -- Finanzierung der Flüchtlingshilfe: Wer zahlt für die Betten und d… | |
| > Mindestens 12 Milliarden Euro werden die Flüchtlinge pro Jahr kosten. | |
| > Kommunen, Bund und Länder streiten sich, wer diese Lasten trägt. | |
| Bild: Die heilige Dreifaltigkeit der Flüchtlingshilfe: Merkel, Gabriel, Seehof… | |
| Etwa eine Million Flüchtlinge werden Deutschland in diesem Jahr erreichen – | |
| und jeder Asylsuchende kostet rund 12.500 Euro im Jahr. In dieser Summe | |
| sind nicht nur Unterkunft und Ernährung enthalten, sondern auch | |
| Sprachkurse, Gesundheitsversorgung und Verwaltung. | |
| Über den Daumen gepeilt, werden also mindestens 12 Milliarden Euro | |
| benötigt. Aber das ist nur eine vorläufige Zahl, denn auch 2016 werden | |
| Flüchtlinge einreisen. | |
| 12 Milliarden Euro wären für Deutschland mühelos zu stemmen. Nur zum | |
| Vergleich: Die jährliche Wirtschaftsleistung liegt bei etwa 3 Billionen | |
| Euro. Die Ratingagentur Standard & Poor’s nennt die Belastung durch die | |
| Flüchtlinge daher „einigermaßen bescheiden“. | |
| [1][Trotzdem wird über die Finanzierung der Flüchtlinge erbittert | |
| gestritten.] Denn bisher müssen die Länder und Kommunen die Hauptlast | |
| tragen. Für 2016 plant der Bund zwar 6 Milliarden Euro zusätzlich ein – | |
| wovon aber nur 3 Milliarden Euro an die Länder gehen. 2015 zahlt der Bund | |
| sogar nur 1 Milliarde Euro an die Länder aus. | |
| Die Länder machen also ein riesiges Verlustgeschäft, wie Thüringens | |
| Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) vorrechnet: Sein Land wird in diesem | |
| Jahr 150 Millionen Euro für Flüchtlinge ausgeben – der Bund erstattet nur | |
| 13 Millionen. | |
| ## Druck auf die Kommunen | |
| Viele Länder haben einen Trick gefunden, um die Kosten wieder loszuwerden: | |
| Sie reichen einen Teil der Ausgaben an die Kommunen weiter, die sich um die | |
| Flüchtlinge kümmern. Die Gemeinden versuchen zwar, sich die Kosten von | |
| ihren Ländern zurückerstatten zu lassen – aber mit schwankendem Erfolg. | |
| Bayern gewährt rund 12.000 Euro pro Flüchtling und Jahr, auch | |
| Mecklenburg-Vorpommern deckt 90 Prozent der Kosten. Ganz anders ist es in | |
| Nordrhein-Westfalen: Dort erhalten die Kommunen nur 7.600 Euro pro | |
| Asylbewerber. | |
| Diese Pauschale ist viel zu niedrig. Zudem zeigt sich ein weiteres Problem: | |
| Viele Asylbewerber werden zwar abgelehnt, bleiben aber als geduldete | |
| Flüchtlinge in Deutschland. Für sie gibt es oft gar keine Kostenerstattung. | |
| „Dabei steigt die Zahl der geduldeten Flüchtlinge deutlich“, wie der | |
| Städtetag klagt. | |
| Der Druck auf die Kommunen nimmt auch zu, weil die Erstaufnahmestellen | |
| überfüllt sind. Theoretisch soll jeder Flüchtling zunächst drei Monate in | |
| einem zentralen Flüchtlingsheim unterkommen, das von den Ländern finanziert | |
| wird. Anschließend sollen die Asylbewerber in die Gemeinden umziehen. Doch | |
| es fehlt an Plätzen in den Erstaufnahmeeinrichtungen, sodass viele | |
| Flüchtlinge sofort in den Kommunen landen. | |
| Die Bundesregierung hat zwar an diesem Dienstag zugesagt, dass sie 40.000 | |
| Plätze in Ersteinrichtungen schaffen und finanzieren will. Aber das reicht | |
| nicht. Es werden mindestens 150.000 weitere Betten in zentralen | |
| Unterkünften gebraucht, um die Gemeinden zu entlasten. | |
| ## „Dynamisierung“ der Kosten | |
| Die permanenten Klagen aus den Ländern und Kommunen konnte die | |
| Bundesregierung nicht mehr ignorieren, sodass sie für den 24. September | |
| einen „Flüchtlingsgipfel“ in Berlin angesetzt hat, der sich mit der | |
| Lastenverteilung befassen soll. Die Forderung der Länder ist einhellig: Sie | |
| wünschen sich eine „Dynamisierung der Flüchtlingskosten“. Die Länder wol… | |
| also faktisch eine Kopfpauschale pro Asylbewerber, die der Bund automatisch | |
| auszahlt. Steigen die Flüchtlingszahlen, soll Berlin seine Hilfen | |
| aufstocken. | |
| Bleibt die Frage: Wo sollen die geschätzten 12 Milliarden Euro herkommen, | |
| die die Flüchtlinge kosten werden? Ein Teil dieses Geldes sprudelt von | |
| selbst. In diesem Jahr werden die Steuereinnahmen noch besser sein als im | |
| Mai geschätzt. Sie werden um 5 Milliarden höher liegen, wie das Deutsche | |
| Institut für Wirtschaft prognostiziert. | |
| Der Rest wird vor allem über Kredite laufen. Es ist nur noch strittig, wer | |
| diese Darlehen aufnimmt. Verschiedene Bundesländer haben bereits | |
| Nachtragshaushalte verabschiedet, um ihre Kosten für die Flüchtlinge zu | |
| decken. Die Bürgerschaft in Hamburg wollte am Mittwoch weitere 501 | |
| Millionen Euro bewilligen. | |
| Am meisten Luft hätte aber der Bund, um Kredite aufzunehmen. Finanzminister | |
| Wolfgang Schäuble könnte bis zu 20 Milliarden Euro leihen, ohne die | |
| Schuldenbremse zu verletzen. Aber noch strebt er eine „schwarze Null“ an. | |
| 16 Sep 2015 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ulrike Herrmann | |
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