# taz.de -- Umverteilung von Flüchtlingen in Europa: Die großzügigen Dänen | |
> Frankreich bereitet sich auf die Aufnahme von 24.000 Menschen vor. | |
> Dänemark erklärt sich bereit, doch Flüchtlinge aufzunehmen. Und es gibt | |
> noch einen Gipfel. | |
Bild: Geräumt: Im Camp nahe des Bahnhofs Austerlitz sollen menschenunwürdige … | |
Brüssel/Paris dpa/afp | Das Europaparlament fordert die Umsiedlung von | |
weiteren 120.000 Asylsuchenden innerhalb der EU. Die Abgeordneten sprachen | |
sich am Donnerstag in Brüssel im Eilverfahren mit großer Mehrheit für einen | |
entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission aus. Die Volksvertretung muss in | |
dieser Frage der geplanten Notfallmaßnahmen angehört werden, die | |
Letztentscheidung haben aber die EU-Staaten. Das Votum des Parlaments | |
erhöht den Druck auf die Mitgliedsländer zu handeln. | |
Die EU-Innenminister wollen am kommenden Mittwoch, den 22. September, | |
erneut darüber beraten. Für Dienstag ist bereits ein Krisentreffen der | |
EU-Innenminister zum Thema angesetzt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) | |
hatte allerdings klar gemacht, dieses Treffen könne kein Ersatz für einen | |
Gipfel sein. | |
In einer Pressekonferenz hatte sie gesagt, ein möglicher EU-Sondergipfel | |
solle nicht wie die Innenminister über die Verteilung von 120.000 | |
Flüchtlingen diskutieren. Vielmehr solle es dabei um eine bessere | |
Unterstützung der Herkunftsländer der Flüchtlinge, eine bessere | |
Zusammenarbeit mit der Türkei sowie die Einrichtung der geplanten | |
sogenannten Flüchtlings-Hot-Spots in Griechenland und Italien gehen. Ohne | |
diese Brennpunkt-Zentren werde es nicht zu einer Verteilung von | |
Flüchtlingen kommen. | |
Sie hatten sich am Montag bei einem Sondertreffen grundsätzlich auf die | |
[1][Umverteilung von 120.000 Flüchtlingen verständigt] – es gibt aber noch | |
keine Einigkeit, wie die Menschen auf die einzelnen EU-Staaten aufgeteilt | |
werden sollen. | |
Konservative, Sozialdemokraten, Liberale und Grüne unterstützten den Plan. | |
„Wir wollen zeigen, dass Europa bereit ist zu handeln“, sagte der | |
Fraktionschef der konservativen EVP, Manfred Weber. Der Fraktionschef der | |
Sozialdemokraten Gianni Pitella sagte: „Europa muss wieder ein Europa der | |
Solidarität sein.“ | |
Die Abgeordneten stellten sich auch hinter einen Brief von | |
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD). Er fordert darin die | |
luxemburgische Präsidentschaft auf, dafür zu sorgen, dass ausstehende | |
Hilfen aus dem EU-Haushalt für Flüchtlingscamps in Jordanien, dem Libanon | |
und der Türkei unverzüglich ausgezahlt werden. „Unsere Glaubwürdigkeit | |
hängt davon ab, dass diese Gelder auch gezahlt werden“, sagte Schulz. | |
## Slowenien führt Kontrollen ein | |
Unterdessen hat nach Deutschland und Österreich hat nun auch Slowenien die | |
Wiederaufnahme von Grenzkontrollen angekündigt. Die Slowenen wollten | |
angesichts der hohen Flüchtlingszahlen insbesondere die Übergänge zu Ungarn | |
überwachen, teilte die EU-Kommission am Donnerstag in Brüssel mit. Nach | |
einer ersten Überprüfung scheine der Schritt gerechtfertigt. | |
Als Ursache für die steigenden Flüchtlingszahlen in Slowenien gelten die | |
vor einigen Tagen wiedereingeführten Grenzkontrollen zwischen Österreich | |
und Ungarn. | |
## Lager in Paris geräumt | |
Die französische Regierung kündigte am Mittwochabend an, hunderte Millionen | |
Euro für die Aufnahme von Flüchtlingen bereitstellen zu wollen. Staatschef | |
François Hollande hat sich bereit erklärt, bei der Verteilung von | |
Flüchtlingen in Europa wie von der EU-Kommission gewünscht 24.000 Menschen | |
aufzunehmen. Zuletzt wurden bereits hunderte Flüchtlinge nach Frankreich | |
gebracht, die über Ungarn nach Deutschland eingereist waren. | |
In Paris wurden zudem zwei Flüchtlingslager mit zusammen mehr als 800 | |
Bewohnern am Donnerstag geräumt. Sozialarbeiter und freiwillige Helfer | |
begleiteten die Flüchtlinge am frühen Morgen am Seine-Ufer nahe des | |
Austerlitz-Bahnhofs und vor dem Rathaus des 18. Bezirks zu wartenden | |
Bussen. Anschließend wurden die Flüchtlinge in Unterkünfte gefahren. | |
Zahlreiche Polizisten waren vor Ort, die Räumung der beiden Lager verlief | |
aber ohne Zwischenfälle. | |
Hunderte Flüchtlinge hatten seit Monaten in einem Lager am Seine-Ufer in | |
Zelten oder unter freiem Himmel gelebt. Zuletzt campierten zudem zahlreiche | |
Flüchtlinge direkt vor dem Rathaus des 18. Pariser Bezirks hinter dem | |
Stadtteil Montmartre. Die Räumung der Lager sei „aus Gründen der Würde und | |
der Hygiene absolut notwendig“ gewesen, sagte Innenministeriums-Sprecher | |
Pierre-Henry Brandet. Es habe sich um eine „humanitäre Notlage“ gehandelt. | |
## Menschenunwürdige Bedingungen | |
„Ich bin glücklich, ich habe auf der Straße geschlafen, und jetzt komme ich | |
in eine Unterkunft“, sagte ein 25-jähriger Sudanese. Ein anderer Sudanese | |
zeigte sich glücklich, bald „zwischen Wänden und unter einem Dach | |
aufzuwachen und nicht auf einem Bürgersteig mit vielen Menschen, die mich | |
anschauen“. | |
In den vergangenen Monaten waren immer wieder in der französischen | |
Hauptstadt Lager geräumt worden, in denen die Flüchtlinge unter | |
menschenunwürdigen Bedingungen lebten. Die Behörden haben aber große Mühe, | |
ausreichend Schlafplätze zur Verfügung zu stellen. | |
Dänemark hat derweil erklärt, 1.000 der Flüchtlinge aufnehmen zu wollen, | |
die nach den Vorschlägen von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker in | |
Europa verteilt werden sollen. „Angesichts der völlig außergewöhnlichen | |
Situation haben wir heute zum Ausdruck gebracht, dass die Regierung | |
freiwillig anbieten will, eine auf 1.000 Personen begrenzte Anzahl | |
Asylbewerber aufzunehmen“, sagte die dänische [2][Integrationsministerin | |
Inger Støjberg] am Donnerstag in Kopenhagen. | |
## Sonderrolle Dänemark | |
„Das hängt jedoch davon ab, ob es eine Unterstützung der Parteien im | |
Parlament gibt und dass eine gemeinsame europäische Lösung gefunden werden | |
kann.“ | |
Die liberale Politikerin Støjberg hatte zunächst betont, sie sehe keinen | |
Grund, dass sich Dänemark an den Verteilungsplänen der EU beteilige. Für | |
das Land gilt eine Ausnahme in der europäischen Asylpolitik. | |
Laut Dänemarks Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen will die Regierung | |
außerdem ihre finanzielle Unterstützung in den betroffenen Ländern in | |
diesem Jahr um 250 auf 430 Millionen Kronen (rund 57,6 Millionen Euro) | |
erhöhen. Eine halbe Milliarde Kronen will sie einsetzen, um den | |
Flüchtlingsandrang nach Europa einzudämmen. | |
17 Sep 2015 | |
## LINKS | |
[1] /EU-Quoten-fuer-Fluechtlinge/!5228948/ | |
[2] /Daenemarks-Integrationsministerin/!5231574/ | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Flucht | |
Flüchtlinge | |
Europäische Union | |
Asylpolitik | |
Schwerpunkt Frankreich | |
Dänemark | |
Dänemark | |
Schwerpunkt Flucht | |
Empathie | |
Flüchtlinge | |
St. Pauli | |
Schwerpunkt Flucht | |
Finanzen | |
Schwerpunkt Flucht | |
Schwerpunkt Flucht | |
EU | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Obdachlose Flüchtlinge in Paris: Von der Straße abtransportiert | |
Die Pariser Polizei bringt auf der Straße lebende Flüchtlinge in Heimen | |
unter. Asylberechtigten soll bei der Antragstellung geholfen werden. | |
Kommentar Dänemarks Asylpolitik: Eheringe zur Abschreckung | |
Der dänischen Regierung geht es nicht um Geld oder Schmuck, sondern allein | |
um Abwehr. Darin ist sie ein Vorbild für andere Regierungen. | |
Asylrechtsverschärfung in Dänemark: „Bleibt uns bloß vom Leibe“ | |
Die Botschaft ist klar: Das Parlament in Kopenhagen votiert für eine krasse | |
Verschärfung des Asylrechts. Der Zuzug soll gestoppt werden. | |
Flüchtlingsumverteilung in der EU: Von Griechenland nach Luxemburg | |
Das Umsiedlungsprogramm der EU von Süd- nach Westeuropa hat begonnen. Vor | |
Lesbos ertrinken schon wieder Menschen auf der Flucht. | |
Debatte Flüchtlingshilfe: Wie weit reicht die Empathie? | |
Die Deutschen helfen, die Kanzlerin wird emotional. Und doch bleiben Orte, | |
an denen Angst herrscht. Und eben keine Empathie. Hat sie Grenzen? | |
Die „Bild“, die Bundesliga und Flüchtlinge: Engagement als gutes Geschäft | |
Die „Bild“ gibt sich mit ihrer „Wir helfen“-Kampagne siegesgewiss. Doch | |
immer mehr Klubs steigen aus. Und noch eine Aktion befremdet. | |
Kai Diekmann pöbelt: Mann ohne Rückwärtsgang | |
Der „Bild“-Chef überzieht den FC St. Pauli mit absurden Vorwürfen. Warum? | |
Weil er am Ende viel zu oft noch Applaus für den Buzz bekommt. | |
Debatte Flüchtlinge als Wirtschaftsfaktor: Sie steigern das Bruttosozialproduk… | |
Deutsche Firmenchefs freuen sich über eine neue Humanressource: | |
Flüchtlinge. Doch der Ökonomisierung von Menschen sind Grenzen gesetzt. | |
Kommentar Gelder für Flüchtlingshilfe: Schluss mit dem Gefeilsche! | |
Der Bund muss schnell mehr Geld für die Aufnahme von Flüchtlingen | |
bereitstellen. Es geht um die humanitäre Hilfe – und um den sozialen | |
Frieden. | |
Fluchtwege durch Europa: Auf verschlungenen Pfaden | |
Die Grenze zwischen Serbien und Ungarn ist dicht. Nun versuchen Flüchtlinge | |
über Kroatien nach Österreich und Deutschland zu gelangen. | |
Finanzierung der Flüchtlingshilfe: Wer zahlt für die Betten und den Arzt? | |
Mindestens 12 Milliarden Euro werden die Flüchtlinge pro Jahr kosten. | |
Kommunen, Bund und Länder streiten sich, wer diese Lasten trägt. | |
Bundeskabinett stimmt EU-Einsatz zu: Mit Soldaten gegen Schlepper | |
Der EU-Einsatz im Mittelmeer soll ausgeweitet werden. Die zweite Phase | |
sieht ein bewaffnetes Vorgehen gegen Schlepper vor. Die Regierung hat | |
eingewilligt. |