| # taz.de -- Flüchtlingsumverteilung in der EU: Von Griechenland nach Luxemburg | |
| > Das Umsiedlungsprogramm der EU von Süd- nach Westeuropa hat begonnen. Vor | |
| > Lesbos ertrinken schon wieder Menschen auf der Flucht. | |
| Bild: In Griechenland angekommen: Flüchtlinge auf der Insel Lesbos. | |
| Athen dpa | Zehntausende Flüchtlinge sind derzeit in Griechenland – unter | |
| teils schlimmen Bedingungen. Nun hat dort die Umverteilung der ersten | |
| Flüchtlinge nach Westeuropa begonnen. Insgesamt 30 Menschen – vier Familien | |
| aus Syrien und zwei aus dem Irak – flogen am Mittwoch an Bord eines | |
| kommerziellen Fluges von Athen nach Brüssel. Sie sollen in Luxemburg | |
| aufgenommen werden, wie die Regierung in Athen mitteilte. Ein Streik der | |
| Seeleute verschärfte aber zugleich die Lage in Griechenland: Am Mittwoch | |
| saßen Tausende von Flüchtlingen auf den Ostägäisinseln fest, weil keine | |
| Fähren zum Festland verkehrten. | |
| Zum Start der Umverteilungsaktion gab es im Flughafen von Athen eine eine | |
| kleine Feier. Daran nahmen neben dem griechischen Regierungschef Alexis | |
| Tsipras auch EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, der für die Migration | |
| zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos sowie der luxemburgische | |
| Außenminister Jean Asselborn teil, wie das griechische Fernsehen | |
| berichtete. | |
| Tsipras sagte an die Adresse der Flüchtlinge gewandt: „Heute haben Sie die | |
| Möglichkeit, eine Reise in die Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu | |
| machen.“ Das sei nur der Anfang und nicht die Lösung. Es sei die gemeinsame | |
| Verantwortung der Europäer, das Drama der Flüchtlinge in der Ägäis zu | |
| beenden, das für Europa „beschämend“ sei. Tsipras schlug erneut die Bildu… | |
| von Registrierzentren in der Türkei vor. Von dort könnten dann die Menschen | |
| in Europa umverteilt werden ohne die gefährliche Reise über die Ägäis | |
| unternehmen zu müssen. | |
| „Es dürfte eigentlich kein Problem sein, unter 570 Millionen Einwohnern in | |
| der EU diese Menschen verteilen zu können“, sagte Schulz. Er bedankte sich | |
| bei den Griechen, die den Flüchtlingen trotz einer der schlimmsten | |
| Finanzkrisen ihrer Geschichte helfen würden. | |
| ## 60 Tote in vier Tagen | |
| Das Umsiedlungsprogramm war im September von einigen EU-Ländern beschlossen | |
| worden. Es sieht die Umverteilung von knapp 160 000 Schutzsuchenden aus | |
| Italien und Griechenland nach Nord- und Westeuropa vor. Den Anfang machten | |
| vor einem Monat 19 Eritreer, die von Rom nach Schweden geflogen wurden. | |
| Bisher wurden nach Angaben der EU-Kommission aber nur 86 Flüchtlinge | |
| umverteilt. | |
| Am Dienstagabend waren vor Lesbos erneut fünf Flüchtlinge nach dem Kentern | |
| eines Bootes ertrunken – darunter auch zwei Kinder. Wie die Küstenwache | |
| weiter mitteilte, wurden etwa 40 Menschen gerettet. Binnen vier Tagen kamen | |
| in der Ägäis mindestens 60 Menschen um. | |
| Vor allem auf der griechischen Insel Lesbos herrschen zurzeit schlimme | |
| Zustände. Wegen eines seit Montag andauernden Streiks der Seeleute fielen | |
| am Mittwoch – am dritten Tag in Folge – alle Fährüberfahrten aus. Deshalb | |
| konnten keine Flüchtlinge von den Inseln zum Festland gebracht werden. | |
| Schätzungen von örtlichen Medien nach warteten allein im Hafen von Mytilini | |
| auf Lesbos mehr als 6000 Menschen auf die Überfahrt nach Piräus. Am späten | |
| Dienstagabend kam es zu Demonstrationen verzweifelter Migranten, die nach | |
| Westeuropa weiterwollen. „Athen, Athen!“, skandierten sie und forderten, | |
| aus Lesbos abgeholt zu werden, wie das griechische Fernsehen zeigte. | |
| Die Gewerkschaft der Seeleute weigerte sich nach Medienberichten trotz | |
| Aufrufen der Behörden und humanitärer Organisationen, eine Ausnahme zu | |
| machen und Fähren nur für Flüchtlinge zum Festland fahren zu lassen. Der | |
| Streik gegen Rentenkürzungen soll bis Samstag dauern. | |
| ## Frontex-Chef: „Notfalls inhaftieren“ | |
| Der Chef der EU-Grenzschutzagentur Frontex erwartet einen weiteren Anstieg | |
| der Flüchtlingszahlen in der EU. Fabrice Leggeri forderte zudem die | |
| EU-Staaten in einem Interview der Bild auf, irreguläre Zuwanderer ohne | |
| Anspruch auf Asyl „notfalls zu inhaftieren“, um ihre Rückführung in die | |
| Heimatländer zu gewährleisten. | |
| Seine Agentur habe in diesem Jahr schon „mehr als 800 000 irreguläre | |
| Grenzübertritte“ an den EU-Grenzen registriert, sagte Leggeri. Aber noch | |
| immer machten sich viele Menschen aus Krisenregionen Richtung EU auf den | |
| Weg. Der Höhepunkt des Flüchtlingszustroms sei „noch nicht überschritten�… | |
| Leggeri forderte die EU-Staaten auf, Zuwanderer ohne Anspruch auf Asyl | |
| schnell in die Heimatländer abzuschieben. „Wer irregulär eingereist ist und | |
| kein Recht auf Asyl hat, muss schnell in seine Heimat zurückgeführt | |
| werden.“ Dazu seien Einrichtungen nötig, „in denen sie notfalls inhaftiert | |
| werden müssten“. Nach EU-Recht sei es möglich, irreguläre Zuwanderer für | |
| bis zu 18 Monate in Haft zu nehmen, um die Rückführung zu organisieren. | |
| 4 Nov 2015 | |
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