# taz.de -- Kommentar zum EU-Sondergipfel: Keiner hat die Absicht, Lager zu bau… | |
> Auf dem Balkan sollen Flüchtlinge in sogenannten Hotspots aussortiert | |
> werden. Die Balkanstaaten sollen Merkels Drecksarbeit erledigen. | |
Bild: Eine Gruppe Flüchtlinge passiert die serbische Grenze nach Kroatien. | |
Es klingt harmlos, fast humanitär, was Kanzlerin Merkel und | |
EU-Kommissionschef Juncker beim Balkan-Krisengipfel in Brüssel | |
vorgeschlagen haben. Besserer Informationsaustausch, mehr Hilfe für | |
Flüchtlinge, gemeinsames Management der Migrationsströme von der Türkei bis | |
Deutschland: Wer könnte etwas dagegen haben? | |
Doch hinter diesen Worten steht ein ungesagtes Ziel: Der Balkan soll zur | |
Transitzone werden, in der „berechtigte“ und „chancenlose“ Flüchtlinge | |
registriert, aussortiert und abgeschoben werden. Was Merkel in Deutschland | |
nicht umsetzen kann, soll nun in Kroatien, Bulgarien oder Griechenland | |
Wirklichkeit werden. | |
Statt die Flüchtlinge wie bisher von einem zum anderen Land durchzuwinken, | |
sollen die Balkanstaaten sie nun in sogenannten Hotspots zurückhalten. | |
Diese Lager, die nicht so genannt werden, könnten gigantische Ausmaße | |
annehmen – die Rede ist von mehreren zehntausend Menschen. Dass das | |
UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR beim Aufbau mitwirken soll, macht die Sache | |
nicht besser. | |
Die UNO liefert, wenn nicht alles täuscht, nämlich nur das humanitäre | |
Feigenblatt für eine knallharte Abschottungspolitik. Weil es Juncker und | |
Merkel trotz ihrer zynischen Anbiederung beim türkischen Präsidenten Recep | |
Erdoğan noch nicht geschafft haben, die Zahl der Flüchtlinge zu begrenzen, | |
sollen nun die Balkanstaaten die Drecksarbeit erledigen. | |
## Stockende Umverteilung | |
Ob diese Rechnung aufgeht, ist allerdings fraglich. Bisher zeigen weder | |
Griechenland noch Bulgarien oder Kroatien große Bereitschaft, die ihnen | |
zugedachte Rolle zu übernehmen. Schon vor dem Gipfel schalteten sie auf | |
stur. Zudem ist die EU selbst noch gar nicht bereit, anerkannte | |
Asylbewerber auch tatsächlich aufzunehmen. | |
Denn die geplante Umverteilung in Europa stockt. Bisher wurden gerade | |
einmal 86 von groß angekündigten 160.000 Flüchtlingen umgesetzt – ein | |
Armutszeugnis. Und alle 28 EU-Länder zusammen haben noch nicht einmal 1.000 | |
Aufnahmeplätze angemeldet. Wo sollen die „guten“ Asylbewerber aus den | |
Hotspots also hingeschickt werden? Und wie will man die „schlechten“ | |
loswerden? | |
Merkel und Juncker bleiben Antworten schuldig. Sie tun so, als sei der | |
harte Schwenk in der Flüchtlingspolitik völlig normal. Schließlich will ja | |
auch niemand ein Lager bauen, oder? | |
25 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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