| # taz.de -- Ergebnisse Sondergipfel Brüssel: EU will Flüchtlinge entmutigen | |
| > Die Teilnehmer eines Krisentreffens in Brüssel haben sich auf einen | |
| > 17-Punkte-Plan geeinigt. Er soll in wenigen Tagen die Lage auf der | |
| > Balkanroute verbessern. | |
| Bild: Gipfeltreffen in Brüssel: Schuld sind immer die Anderen. | |
| Brüssel dpa | Mehr Unterkünfte für Flüchtlinge und verstärkte | |
| Grenzkontrollen: EU-Staaten und Westbalkanländer wollen die | |
| Flüchtlingsströme auf der Balkanroute verlangsamen. „Wir werden Flüchtlinge | |
| oder Migranten entmutigen, zur Grenze eines anderes Landes der Region zu | |
| ziehen“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Spitzenpolitikern aus | |
| betroffenen EU-Ländern und den drei Nicht-EU-Ländern Mazedonien, Serbien | |
| und Albanien. „Eine Politik des Durchwinkens von Flüchtlingen ohne die | |
| Nachbarstaaten zu informieren, ist nicht akzeptabel.“ | |
| Bei dem Sondertreffen zur Westbalkanroute einigten sich die Staats- und | |
| Regierungschefs nach siebenstündigen Beratungen auf einen 17-Punkte-Plan. | |
| Doch die Stimmung war angespannt. Seit Wochen weisen sich die Länder der | |
| Region gegenseitig die Schuld zu - so auch in Brüssel. „Jeder ist versucht | |
| zu sagen, jemand anders ist Schuld“, sagte ein Diplomat am Rande der | |
| Gespräche. „Das müssen wir stoppen.“ | |
| Kroatiens Regierungschef Zoran Milanovic kritisierte Griechenland als Tor | |
| für Flüchtlinge in die Europäische Union: „Warum kontrolliert Griechenland | |
| nicht sein Seegebiet zur Türkei? Ich weiß es nicht.“ | |
| Der Plan sieht unter anderem vor, dass andere EU-Staaten innerhalb einer | |
| Woche mehr als 400 zusätzliche Grenzschützer in das vom Flüchtlingsandrang | |
| überforderte Slowenien schicken. Außerdem soll die EU-Grenzschutzagentur | |
| Frontex die Grenzen besser absichern, etwa zwischen Griechenland, | |
| Mazedonien und Albanien sowie an der kroatisch-serbischen Grenze. | |
| ## Unterkünfte für 100.000 Menschen | |
| Griechenland soll - auch mit Hilfe des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR - | |
| 50.000 neue Aufnahmeplätze für Flüchtlinge schaffen, davon bis Jahresende | |
| 30.000. Auf der ganzen Route sollen 100.000 Plätze entstehen. Die Staaten | |
| vereinbarten, Migranten entlang der Balkanroute Unterkünfte anzubieten, sie | |
| zu registrieren und sofort jeweils eine Kontaktperson auf allerhöchster | |
| Ebene benennen, um Informationen auszutauschen. | |
| Täglich strömen Tausende über die Westbalkanroute in Richtung Österreich | |
| und Deutschland. Die meist aus dem Bürgerkriegsland Syrien stammenden | |
| Menschen kommen über die Türkei in die EU. | |
| Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von einem „wichtigen Treffen | |
| dahingehend, dass humanitäre Fragen einer Erklärung zugeführt werden | |
| konnten“. Es gebe ein „koordinierteres Management“, sagte die Kanzlerin: | |
| „Dazu haben sich jedenfalls alle verpflichtet.“ Merkel warnte allerdings, | |
| das Treffen sei nur „ein Baustein“ für eine Lösung: „Nicht lösen könn… | |
| das Flüchtlingsproblem insgesamt. Da bedarf es unter anderem natürlich | |
| weiterer Gespräche mit der Türkei.“ | |
| Serbiens Ministerpräsident Aleksandar Vucic äußerte am Abend wenig Hoffnung | |
| auf rasche Fortschritte. „Aber ich bin sicher, dass wir uns wenigstens | |
| gegenseitig verstanden haben“, sagte er. | |
| ## Transitländer drohen mit Grenzschließung | |
| EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker malte ein düsteres Bild der | |
| Lage auf der Balkanroute: „Es kann nicht sein, dass im Europa (des Jahres) | |
| 2015 Menschen sich selbst überlassen werden, dass sie auf dem Feld schlafen | |
| und bei eiskalten Temperaturen bis zur Brust durch Flüsse waten.“ Merkel | |
| sagte: „Wir sind alle humanitären, menschlichen Werten verpflichtet (...). | |
| Und die Bilder, die wir in den letzten Tagen gesehen haben, haben dem nicht | |
| entsprochen, was unsere Werte sind.“ | |
| Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban sieht sein Land, das sich mit | |
| Grenzzäunen zu Serbien und Kroatien abgeriegelt hat, nur noch als | |
| „Beobachter“ der Flüchtlingskrise. „Ungarn liegt nicht mehr auf der Rout… | |
| sagte er. Transitstaaten wie Bulgarien, Rumänien und Serbien drohen | |
| ebenfalls mit der Schließung der Grenzen. | |
| Sloweniens Regierungschef Miro Cerar warnte vor dem Ende der EU, wenn | |
| Europa die Krise nicht in den Griff bekomme: „Europa steht auf dem Spiel, | |
| wenn wir nicht alles tun, was in unserer Macht steht, um gemeinsam eine | |
| Lösung zu finden.“ In den vergangenen zehn Tagen seien in seinem Land mehr | |
| als 60 000 Flüchtlinge angekommen. Umgerechnet auf ein großes Land wie | |
| Deutschland entspräche dies einer halben Million Ankömmlinge in Deutschland | |
| pro Tag. | |
| UN-Flüchtlings-Hochkommissar Antonio Guterres forderte: „Das Ziel ist es, | |
| ein System zu schaffen (...), in dem jene, die Schutz in Europa brauchen, | |
| sich nicht in die Hände von Schmugglern geben müssen.“ Es müsse mehr legale | |
| Einwanderungsmöglichkeiten geben und eine Umverteilung von den europäischen | |
| Außengrenzen in alle anderen EU-Staaten. | |
| Insgesamt waren in Brüssel die zehn EU-Länder Deutschland, Österreich, | |
| Slowenien, Kroatien, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Griechenland, Luxemburg | |
| und die Niederlande vertreten sowie die Nicht-EU-Länder Mazedonien, Serbien | |
| und Albanien. | |
| 26 Oct 2015 | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| Flüchtlinge | |
| Balkanroute | |
| Schwerpunkt Angela Merkel | |
| Viktor Orbán | |
| UNHCR | |
| Jean-Claude Juncker | |
| Frontex | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| sichere Herkunftsländer | |
| Rumänien | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| Griechenland | |
| Flüchtlinge | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| Schwerpunkt Syrien | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| Bulgarien | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Vorstoß Deutschlands und Frankreichs: Mehr Befugnisse für Frontex | |
| Die Grenzschutzagentur soll in bestimmten Fällen auch auf eigene Faust an | |
| den Außengrenzen eingreifen dürfen. Das fordert der deutsche Innenminister. | |
| Flüchtlingsrouten in Europa: Mazedonien macht auch dicht | |
| Die Armee errichtet eine 2,5 Meter hohe Absperrung an der Grenze zu | |
| Griechenland. Die Flüchtlinge greifen aus Protest zu drastischen Maßnahmen. | |
| Unsicheres Herkunftsland Mazedonien: „Verfolgung geht von der Polizei aus“ | |
| Ein Urteil bestätigt politische Verfolgung einer Romni in Mazedonien. Für | |
| Pro Asyl ein Beleg für die Unsicherheit „sicherer Herkunftsländer“. | |
| Regierungswechsel in Rumänien: Ponta will nicht mehr | |
| Der rumänische Ministerpräsident Victor Ponta und seine Regierung treten | |
| zurück. Gründe sind anhaltende Korruptionsvorwürfe und Proteste gegen ihn. | |
| Flüchtlingsboot vor Lesbos gekentert: Drei Tote, Dutzende Vermisste | |
| Erneut ist ein Flüchtlingsboot in der Ägäis gekentert. Fischer und | |
| Küstenwache retteten hunderte Insassen. Doch Dutzende werden noch vermisst. | |
| Flüchtlinge in Slowenien: Die nächste Etappe | |
| In dem kleinen Alpen-Adria-Staat halten sich Flüchtlinge meistens nicht | |
| länger als 24 Stunden auf. Selbst das aber überspannt die Ressourcen des | |
| Landes. | |
| Griechenland und die Flüchtlinge: „Keine Lösung ohne die Türkei“ | |
| Nach dem EU-Sondergipfel vom Sonntag verwahrt sich Athen gegen den Vorwurf, | |
| es tue zu wenig in der Flüchtlingskrise. | |
| Neue Angriffe auf Flüchtlinge: Rechte marschieren, Heim brennt | |
| In Freiberg mussten am Sonntagabend 200 Polizisten Flüchtlinge vor 400 | |
| rechten Demonstranten schützen. In Hessen brannte es in einer | |
| Flüchtlingsunterkunft. | |
| Kommentar zum EU-Sondergipfel: Keiner hat die Absicht, Lager zu bauen | |
| Auf dem Balkan sollen Flüchtlinge in sogenannten Hotspots aussortiert | |
| werden. Die Balkanstaaten sollen Merkels Drecksarbeit erledigen. | |
| Europäische Asylpolitik: EU will Balkan zur Transitzone machen | |
| Brüssel und Berlin planen riesige Auffanglager für Flüchtlinge auf dem | |
| Balkan. Die Menschen sollen von dort direkt abgeschoben werden. | |
| Abschiebungspläne der Regierung: Afghanen sollen schneller weg | |
| Die Bundesregierung plant, Flüchtlinge aus Afghanistan vermehrt in ihr | |
| Heimatland abzuschieben. Faktisch besteht bisher ein Abschiebestopp. | |
| Ankunft in Deutschland: Das Ende ihrer Flucht | |
| Soubhi Fallaha flog in den Sechzigern von Syrien nach Frankfurt, um zu | |
| studieren. Seit letztem Jahr ist auch seine Familie da. Sie kam übers Meer. | |
| Flüchtlingskrise in der EU: Ungarn macht Zaun zu Kroatien dicht | |
| Um Mitternacht schließt Ungarn die 300 Kilometer lange grüne Grenze zu | |
| Kroatien. Flüchtlinge sollen wegbleiben. Die suchen sich nun Wege über | |
| Slowenien. | |
| Vorfall bei Grenzübertritt: Bulgaren erschießen Flüchtling | |
| Wegen „illegaler“ Übertritte feuerten bulgarische Grenzer auf Flüchtlinge… | |
| ein Mann starb. Ein Toter wurde auch im Eurotunnel gefunden. |