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# taz.de -- EU-Innenminister zu Flüchtlingen: Mehrheit für Zwangsquote
> Vier Gegenstimmen: Mit einer „qualifizierten Mehrheit“ beschließen die
> EU-Staaten die Verteilung von 120.000 Flüchtlingen. Neuer Streit droht.
Bild: Herzliche Begrüßung für den deutschen Innenminister in Brüssel. So fr…
Brüssel taz | Am Ende wurde es Deutschland, Frankreich und Luxemburg, das
den EU-Vorsitz derzeit innehat, zu bunt. Mit großer Mehrheit stimmten die
EU-Innenminister am Dienstagabend für die Umverteilung von 120.000
Flüchtlingen auf ganz Europa. Damit bekommen EU-Kommissionschef Jean-Claude
Juncker und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihren Willen. Sie hatten
seit Wochen für eine faire Lastenteilung geworben.
Vier Staaten hatten sich bis zuletzt gegen eine Quote gesträubt und die
Verhandlungen blockiert. Ungarn, Rumänien, Tschechien und die Slowakei
wollten durchsetzen, dass die Verteilung ausdrücklich als „freiwillig“
bezeichnet wird. Außerdem wollten sie sich die endgültige Entscheidung über
die Zahl der aufzunehmenden Menschen vorbehalten. Doch in einer
Kampfabstimmung setzte sich die Mehrheit durch. Finnland enthielt sich.
Damit ist der Konsens zerbrochen, der die gemeinsame Flüchtlings- und
Asylpolitik eigentlich voranbringen und Solidarität sichern sollte. In
tagelangen Sondersitzungen hatten sich die 28 EU-Botschafter und Luxemburgs
Außenminister Jean Asselborn, der derzeit den Ministerrat führt, um einen
Kompromiss bemüht. Noch kurz vor dem Treffen gab sich Asselborn
optimistisch, dass eine Einigung möglich sei. Stattdessen kam es zum
Showdown.
Erst warnte der tschechische Innenminister Milan Chovanec: „Es ist eine
leere politische Geste.“ Sein Land werde keine verbindliche Quote
akzeptieren. Dann schaltete Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU)
auf stur: Er erwarte eine „harte Sitzung“, Deutschland wolle eine Einigung,
aber nicht um jeden Preis. Am Ende verließ auch noch der kroatische
Innenminister Ranko Ostojic den Saal.
Die Sitzung wurde unterbrochen, danach kam es zur Abstimmung. Doch zunächst
war nicht klar, ob die vier unterlegenen Staaten das Ergebnis, das quasi
mit der Brechstange durchgesetzt wurde, akzeptieren würden. Beim
Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs am Mittwoch in Brüssel könnte
es deshalb noch einmal zum Eklat kommen. Vor allem Ungarns Regierungschef
Viktor Orbán könnte noch einmal querschießen.
## Details vage
Auch die Details der Einigung sind noch vage. Fest steht, dass zunächst nur
Griechenland und Italien Flüchtlinge abgegeben sollen – Orban hat das
Angebot der EU, auch Ungarn zu entlasten, ausgeschlagen. Offenbar sollen in
einem ersten Schritt 66.000 Flüchtlinge umverteilt werden. In einem zweiten
Schritt, der 54.000 Menschen betrifft, könnten dann auch andere Länder wie
Kroatien entlastet werden.
Allerdings ist nun auch Kroatien auf Konfrontationskurs gegangen, weil es
sich im Streit mit seinen Nachbarn von Brüssel alleingelassen fühlt. An der
Grenze zu Ungarn kam es am Dienstag zu massiven Spannungen. Ungarn ließ
sogar das Militär auffahren.
Unklar ist zudem, ob die Flüchtlinge nun auch in die Neinsager-Länder
geschickt werden können – gegen deren erklärten Willen. Einen freundlichen
Empfang dürften die Hilfesuchenden dort wohl kaum erwarten. Die EU hat sich
zwar am Dienstag im zweiten Anlauf handlungsfähig gezeigt, nachdem das
erste Innenminister-Treffen vor einer Woche gescheitert war. Doch echte,
gelebte Solidarität sieht anders aus.
22 Sep 2015
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
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