# taz.de -- Wohnen im Baumarkt: „Nicht immer schrecklich“ | |
> Während neu gebaute Containerunterkünfte zum Teil leer stehen, müssen | |
> noch immer 2.000 Flüchtlinge in Baumärkten leben – auch wegen der | |
> Bürgerverträge | |
Bild: 2.000 Menschen wohnen noch in Hamburger Baumärkten und Lagerhallen. Priv… | |
HAMBURG taz | Ein Jahr nachdem innerhalb kurzer Zeit viele Neuankömmlinge | |
Hamburg erreichten, wohnen noch immer 2.000 Geflüchtete in Baumärkten und | |
Hallen. Bis zum Ende diesen Jahres sollen sie alle anderweitig | |
untergebracht sein, plant die Stadt. Man sei jetzt „peu a peu“ dabei, die | |
Leute umzuquartieren, sagt die Sprecherin des Zentralen Koordinierungsstabs | |
Flüchtlinge, Christiane Kuhrt. Doch während die einen noch immer in Hallen | |
hausen müssen, stehen einige der neu errichteten Containerunterkünfte zum | |
großen Teil leer. | |
Für Kuhrt ist das nicht unbedingt ein Widerspruch: „Baumarkt heißt nicht | |
immer gleich, dass es dort schrecklich ist.“ Einige Flüchtlinge wollten | |
sogar im Baumarkt bleiben, hätten sie sich erst Mal dort eingelebt. „Wenn | |
die Bewohner eine Community haben, sich mit den Sozialarbeitern und | |
Ehrenamtlichen verstehen, dann ist das manchmal besser, als in eine andere | |
Erstaufnahme umzuziehen“, sagt die Pressesprecherin. Man sei da im Gespräch | |
mit den Flüchtlingen. | |
„Diese Argumentation ist dreist“, sagt eine Sprecherin des Flüchtlingsrats | |
dazu, die ihren Namen nicht nennen will. Baumärkte könnten nie eine | |
akzeptable Form der Unterbringung darstellen, weil es dort keinerlei | |
Privatsphäre gebe, keine Rückzugsorte, keine Schutzräume. Deshalb sei es in | |
solchen Unterkünften auch schwierig, ein Beratungsangebot zu etablieren. | |
„Außerdem ist es permanent laut“, sagt sie – daraus resultierten unter | |
anderem Lernschwierigkeiten für Kinder. | |
Auch die Stadt wolle möglichst bald alle Geflüchteten, die hier bleiben, in | |
Folgeunterkünften unterbringen, sagt Kuhrt. Aber da fehlen Plätze – 7.500 | |
„Überresidenten“ gibt es aktuell. So nennt die Behörde Menschen, die einen | |
Anspruch auf eine Folgeunterkunft haben, aber in einer Erstaufnahme | |
festsitzen. Zwar habe die Stadt in diesem Jahr bereits 6.840 Plätze | |
geschaffen, aber das reiche eben nicht. Und dann gebe es ja auch noch die | |
Bürgerverträge. | |
Die Verträge schreiben vor, dass in den Unterkünften, die neu gebaut | |
werden, jeweils höchstens 300 Menschen leben dürfen (siehe Kasten). Am | |
Fiersbarg in Lemsahl steht nun eine nagelneue Unterkunft zu 90 Prozent | |
leer. Ursprünglich wurde dort für 1.000 Menschen gebaut. Aber AnwohnerInnen | |
klagten und verhinderten die Belegung der Unterkunft. Schließlich wurden | |
doch 250 Plätze bewilligt, mittlerweile sind 100 Geflüchtete eingezogen. | |
Damit die Unterkunft trotzdem noch annähernd wirtschaftlich betrieben | |
werden kann, soll auf 450 Plätze aufgestockt werden. | |
Auch an anderen Standorten stehen fertige Container- oder | |
Pavillonunterkünfte leer. Von 13.800 Plätzen, die derzeit in Hamburger | |
Erstaufnahmen zur Verfügung stehen, sind nur 10.000 belegt. | |
„Es gibt keinen Leerstand in dem Sinne“, sagt Kuhrt. „Es ist eher eine | |
luftigere Belegung.“ Anstatt, wie früher, teilweise 16 Menschen in ein | |
Zehn-Bett-Zimmer zu stecken, vergebe man jetzt auch einzelne Räume an | |
Familien. Geflüchtete von einer Erstaufnahme in eine andere umzusiedeln, | |
sei auch nicht immer gut, sagt Kuhrt. | |
Die wohl schlimmste Art der Unterbringung hat die Stadt mittlerweile | |
abgeschafft: Gerade sind die letzten Bewohner aus den Zelten am Ohlsdorfer | |
Platz ausgezogen. | |
7 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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