# taz.de -- Leerstand in Bremen: Viel Platz für Flüchtlinge | |
> Müssen Turnhallen beschlagnahmt werden? Das Problem ist selbst gemacht: | |
> Es gibt viele Gewerbe-Immobilien, die lange leer stehen. | |
Bild: Hier wäre Raum für Geflüchtete: Firmensitz der untergegangenen Reedere… | |
BREMEN taz | Wenn man sich die Angebote von Bremer Gewerbe-Immobilien | |
anguckt, die zum Teil seit Jahren leer stehen, dann fragt man sich: Musste | |
das sein, dass lauter Turnhallen beschlagnahmt wurden, um Flüchtlinge | |
unterzubringen? Auf den Teerhof etwa stehen im ehemaligen Sitz von Beluga | |
gleich mehrere Etagen leer, seit Jahren schon. Hauseigentümerin ist die | |
Bremer Landesbank, die im Besitz des Landes Bremen ist. Es gab sogar ein | |
Restaurant in der obersten Etage, das als Küche nutzbar wäre. Zu edel, | |
werden Kritiker sagen, zu fein für Flüchtlinge. Nun wird weiter der | |
Leerstand verwaltet. | |
Auch die „umgedrehte Kommode“ auf dem Stadtwerder steht seit Jahren leer. | |
Die neuen Besitzer haben sie billig bekommen und scheinen auf eine | |
Wertsteigerung zu spekulieren. „Eigentum verpflichtet gegenüber der | |
Gemeinschaft. Sein Gebrauch darf dem Gemeinwohl nicht zuwiderlaufen,“ heißt | |
es ausdrücklich in der Bremer Landesverfassung. Ausführungsbestimmungen | |
dafür gibt es aber nicht. | |
Auch im früheren Verwaltungsgebäude der NordCom in Woltmershausen, | |
Dötlinger Straße 6, stehen weit mehr als 1.000 Quadratmeter leer. Bis vor | |
wenigen Jahren wurden die Büros genutzt, ein Plattenbau, also eher schäbig | |
– und keine prominente Adresse, einigermaßen unsichtbar. Die | |
Immobilienverwalter Sirius versucht auch das Objekt schräg gegenüber, | |
Hausnummer 3, als „Business Park“ zu vermarkten –bisher vergebens. Käme … | |
für Flüchtlinge infrage? „Wir stehen in Gesprächen“, heißt es bei der | |
Sirius. Immerhin: Über eine Unterkunft für Flüchtlinge in der | |
Hermann-Ritter-Straße hat man sich schon geeinigt. Die Makler verwalten | |
auch leer stehende Flächen auf dem Brinkmann-Gelände. | |
Leer steht auch die ehemalige Grundschule im Stephanie-Quartier. Oder | |
Immobilien der Telekom, zum Beispiel in der Holsteiner Straße in | |
Osterfeuerberg. Und die ehemaligen Max-Bahr-Baumärkte, etwa in Habenhausen. | |
Die Eigentümer behaupteten vor Monaten, sie hätten konkrete andere Pläne. | |
Daraus geworden ist offensichtlich nichts – wenn es sie denn gab. | |
Vielleicht würde die Drohung mit einer Beschlagnahmung helfen, wie Die | |
Linke sie fordert. „Da gibt es hohe rechtliche Hürden, deswegen ist das für | |
uns kein Thema“, sagt der Sprecher der Sozialbehörde. Der grüne | |
Bürgerschaftsabgeordnete Björn Fecker, nebenberuflich Sportfunktionär, | |
sieht das anders. Warum soll das, was der grüne Justizsenator in Hamburg | |
versucht, nicht auch in Bremen gehen? Eine rechtliche Grundlage für eine | |
Beschlagnahmung soll von der Hamburgischen Bürgerschaft beschlossen werden. | |
Laut Polizeirecht können Immobilien beschlagnahmt werden, wenn eine „Gefahr | |
für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“ besteht – das soll ausgeweitet | |
werden auf den drohenden Fall massenhafter Obdachlosigkeit. Auch beim | |
grünen Bausenator in Bremen denkt man inzwischen über das Thema nach. Am | |
Montag will die Fraktion der Grünen über eine entsprechende Initiative für | |
Bremen beraten. | |
Und dann ist da auch noch das alte Hauptzollamt in der Hans-Böckler-Straße | |
im Stadtteil Utbremen. Es gehört dem Staat. Seit Ende des vergangenen | |
Jahres ist klar: Der Zoll würde es Bremen zur Verfügung stellen – | |
mietkostenfrei. Warum ist es nicht längst belegt? Anfangs hieß es, das gehe | |
nicht: In den Plänen ist die Fläche ein Gewerbegebiet, und für eine | |
Umwandlung in eine Wohnungsfläche ist es dort gemäß | |
Bundesimmissionsschutzgesetz zu laut. | |
Solche selbst gemachten Hürden sind inzwischen beseitigt, die | |
Umbauplanungen haben begonnen – so einfach, wie man dachte, kann man es | |
nicht nutzen. „Das läuft“, sagt der Sprecher der Sozialsenatorin – und | |
hofft, dass es bald fertig wird. | |
Bisher noch hält das Sozialressort 1.000 Plätze in Zelten bereit. Und die | |
Turnhallen. Die sollen nur „so kurz wie möglich“ in Anspruch genommen | |
werden, versichert das Sozialressort. Wie lange ist kurz? Das weiß niemand. | |
„Die segeln auf Sicht“, sagt ein Beobachter. | |
Nach den Prognosen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge werden in | |
diesem Jahr 800.000 Flüchtlinge in ganz Deutschland erwartet. Bremen muss | |
davon rund 8.000 aufnehmen. | |
25 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Klaus Wolschner | |
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