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# taz.de -- Flüchtlinge in Turnhallen: Sportler wollen anpacken
> Die Nutzung von Turnhallen ist schnellste Art, Flüchtlingen zu helfen –
> und die nachteilhafteste in Sachen Integration. Der ATS Buntentor bietet
> eine Alternative an.
Bild: Auf dem Stadtwerder: Bislang war hier der ATS Buntentor aktiv, jetzt lebe…
BREMEN taz | „Viel zu kurz gedacht und gefährlich“ sei, sagt Andreas
Gutberg vom Allgemeinen Turn- und Sportverein Buntentor (ATS), Flüchtlinge
in Turnhallen unterzubringen. Das sagen derzeit viele Vereine – die, wie
der von Gutberg, ihre Hallen zu Gunsten der Unterbringung von Flüchtlingen
abtreten mussten.
Allerdings bietet der ATS im gleichen Atemzug eine Alternative an: Man sei
bereit, so hat Gutberg gegenüber dem Sozialressort erklärt, in eigener
Regie die leerstehenden Teile des früheren Hornbach-Baumarkts an der
Neuenlander Straße als Unterkunft herzurichten.
Schafft der ATS damit ein neues Modell für zivilgesellschaftliches
Engagement in Bezug auf die Flüchtlingsfrage? Sozialressort-Sprecher Bernd
Schneider lobt „das freundliche Angebot“ des Vereins, aus dem „viel
sportlicher Teamgeist“ spreche. Trotzdem gebe es angesichts der „extrem
kurzen Zeitläufe, in denen wir viele Menschen unterbringen müssen“, keine
Alternativen zur Nutzung der Hallen.
Die Zugangszahlen der Flüchtlinge seien im September erneut „sprunghaft
angestiegen“. 2014 habe Bremen lediglich 260 Flüchtlinge unterbringen
müssen, in diesem Jahr bereits über 3.000. Hinzu komme der Zuwachs an
unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen von 79 auf fast 500 im selben
Zeitraum.
## Der Verein hätte Architekten und Handwerker
Turnhallen-Belegungen sind für die Verwaltung die technisch einfachste
Lösung, weil dort Sanitär-Anlagen vorhanden sind – und ein direkter Zugriff
besteht. Dusch-Container sind derzeit erst nach monatelanger Wartezeit zu
bekommen. Aber wie steht es, wenn ein Verein wie der ATS anbietet, selbst
für Ersatz zu sorgen?
Gutberg und sein Vorstandskollege Jürgen Maly bieten an, den Hornbach-Markt
innerhalb von vier Wochen gegen Kostenerstattung herzurichten und dort
„menschenwürdige“ Unterkünfte für 200 bis 250 Flüchtlinge zu schaffen �…
wenn sie dafür die Halle auf dem Stadtwerder wieder nutzen dürfen.
Den SportlerInnen ist sind Renovierungs-Einsatz und -Logistik ohne Weiteres
zuzutrauen: Vor Kurzem erwarb der Verein, der in den vergangenen zehn
Jahren von knapp 800 auf über 2.000 Mitglieder angewachsen ist, den
Sporttrakt der ehemaligen Schule Kornstraße von Immobilien Bremen und baute
ihn mit viel ehrenamtlichen Engagement und privatem Geld in ein Sporthaus
um. Für das Hornbach-Projekt hätten der Verein sowohl einen Architekten als
auch Handwerker an der Hand.
## Laut Sozialressort steht „Hornbach“ nicht zur Verfügung
Aus Sicht von Bernd Schneider vom Sozialressort kommt die Aktion dennoch
nicht in Frage: Der Baumarkt sei nicht zur Belegung angeboten worden,
obwohl es einen Senatsbeschluss gibt, dass alle Ressorts alle verfügbaren
Immobilien dem Sozialressort zur Unterbringung von Flüchtlingen anbieten.
Daher müsse das Ressort davon ausgehen, dass der Markt nicht zur Verfügung
steht.
Der ATS hingegen verweist darauf, dass das Gebäude mittlerweile der
Wirtschaftsförderung Bremen gehört – und bis vor Kurzem nur zu einem
Drittel an Airbus als Lagerfläche vermietet wurde. Eine funktionierende
Heizung sei vorhanden.
„Es ist für uns selbstverständlich“, betont Maly, „dass den Flüchtling…
geholfen werden muss und sie vor dem Winter ein Dach über dem Kopf haben
müssen“. Es stelle sich die Frage, ob eine Lagervermietung Vorrang vor
Winterquartieren für Menschen haben dürfe.
Zu bedenken sei auch die Schlüsselfunktion, die Sportvereinen bei der
Integration von Flüchtlingen aller Altersstufen zukäme. Im ATS seien
bereits weit mehr als 100 Flüchtlinge aktiv. An diesem Punkt sind sich
Verein und Sozialressort einig: „Wir wissen“, sagt Schneider, „dass der
Sport bei der Integration eine ganz herausragende Rolle spielen kann“ und
dass der ATS Buntentor hier „eine vorbildliche Rolle“ spiele.
Auch das sei ein Grund, weshalb es für das Ressort „besonders bitter“ sei,
wenn man dem ATS und anderen Vereinen die Halle nehmen müsse.
4 Oct 2015
## AUTOREN
Henning Bleyl
## TAGS
Flüchtlinge
Bremen
Unterbringung von Geflüchteten
Fußball
Willkommenskultur
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Bremen
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