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# taz.de -- Flüchtlingsunterbringung in Deutschland: Leere Häuser sinnvoll nu…
> Kommunen haben viele Möglichkeiten, Wohnraum für Flüchtlinge zu schaffen.
> Leerstehende Privathäuser zu beschlagnahmen, ist schwierig.
Bild: Ein Rettungsring für Geflüchtete: Immobilien beschlagnahmen, statt Zelt…
Karlsruhe taz | Die Unterbringung von Flüchtlingen in Containern und
Zeltstädten ist nur eine provisorische Lösung. Früher oder später benötigen
sie Wohnungen.
Neue Wohnungen zu bauen ist eine Möglichkeit. Wohnungen am Markt anzumieten
eine andere. Rechtlich sind auch Eigenbedarfskündigungen und
Beschlagnahmungen möglich. Aber nicht alles, was rechtlich machbar ist,
wäre auch politisch klug.
Können Kommunen den Mietern kommunaler Wohnungen kündigen, weil sie Raum
für Flüchtlinge brauchen? Vermieter können dem Mieter einer Wohnung zwar
nicht einfach so kündigen, sondern sie müssten laut Bürgerlichem Gesetzbuch
ein „berechtigtes Interessen“ an der Kündigung haben(§ 573). Als ein
solches berechtigtes Interesse gilt zum Beispiel der Eigenbedarf des
Vermieters für sich und seine Angehörigen.
Auch eine Kommune, die eine eigene Wohnung an Privatpersonen vermietet,
kann den Mietern aus „berechtigtem“ Interesse kündigen. Ob man die
Unterbringung von Flüchtlingen als „Eigenbedarf“ bezeichnet, ist dabei
zweitrangig, da es um eine Aufgabe der Kommune geht und so ein
„berechtigtes Interesse“ vorliegt. Erste Fälle gibt es in Nieheim in
Nordrhein-Westfalen und in Eschbach in Baden-Württemberg.
## Gegen den Willen der Eigentümer
Können auch kommunale Wohnungsunternehmen kündigen, weil die jeweilige
Kommune Raum für Flüchtlinge braucht? Grundsätzlich ja. Auch hier würde
wohl ein berechtigtes Interesse an der Kündigung angenommen. Der
Bundesgerichtshof (BGH) hat dies 2012 für einen ähnlichen Fall entschieden.
Damals hat eine evangelische Kirchengemeinde einem Mieter gekündigt, weil
die Diakonie in der Wohnung eine Eheberatungsstelle unterbringen wollte.
Der BGH hat das akzeptiert, weil Kirchengemeinde und Diakonie sich
„nahestehen“. Ein „Näheverhältnis“ trifft auch auf eine Kommune und d…
Wohnungsgesellschaft zu.
Mieter können sich gegen derartige Kündigungen wehren. Auch bei Kündigungen
aus „berechtigtem Interesse“ haben die betroffenen Mieter ein
Widerspruchsrecht, wenn die Kündigung für sich oder ihre Angehörigen „eine
Härte“ bedeuten würde. Eine Härte liegt laut Bürgerlichem Gesetzbuch
ausdrücklich vor, „wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren
Bedingungen nicht beschafft werden kann“ (§ 574). Auch hohes Alter,
Krankheiten oder Schwangerschaften der Mieter können eine Härte sein.
Letztlich sind in solchen Fällen die Interessen von Vermieter und Mieter im
Einzelfall gegeneinander abzuwägen.
Leer stehenden privaten Wohnraum können Kommunen beschlagnahmen. Die Hürden
wären aber hoch, da in Rechte Unbeteiligter eingegriffen würde – die
Wohnungseigentümer haben die drohende Wohnungslosigkeit von Flüchtlingen ja
nicht verursacht. Möglich ist eine Beschlagnahme nur, wenn keine anderen
Mittel mehr zur Verfügung stehen. Die Eigentümer müssen dann entschädigt
werden.
Der Stadtstaat Hamburg will in sein Polizeigesetz einen speziellen
Paragrafen einfügen, der die „Sicherstellung privater Grundstücke und
Gebäude oder Teile davon zum Zwecke der Flüchtlingsunterbringung“
erleichtert. Laut Gesetzesbegründung zielt die Norm vor allem auf leer
stehende Gewerbeimmobilien wie Industriehallen ab. Das Gesetz soll auch den
Umbau gegen den Willen der Eigentümer ermöglichen. Auch hier sollen den
Eigentümern Entschädigungsansprüche zustehen. In Bremen wurde inzwischen
eine ähnliche gesetzliche Regelung angekündigt.
4 Oct 2015
## AUTOREN
Christian Rath
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