# taz.de -- Wohnraum für Flüchtlinge: Bremerhaven ist gesetzestreu | |
> Während Bremen plant, Flüchtlinge im Bayernzelt unterzubringen, kommt die | |
> Seestadt noch ohne Notunterkünfte aus. | |
Bild: Noch wird im „Bayernzelt“ auf dem Bremer Freimarkt gefeiert - ohne Fl… | |
BREMEN taz | Kein Flüchtling, der in Bremerhaven anlandet, muss in einem | |
Zelt oder in einer Turnhalle schlafen. Noch. In Bremen hingegen stehen | |
schon drei Zeltstädte, fast ein Dutzend der örtlichen Sporthallen ist | |
bewohnt. | |
Dennoch weigert sich die Stadt Bremerhaven, mehr Geflüchtete aufzunehmen, | |
als es ihre gesetzliche Pflicht ist – also mehr als 20 Prozent jener | |
Menschen, die ins Bundesland kommen. Bremerhaven hat „keine Kapazitäten“ | |
mehr, sagte der zuständige Sozialstadtrat Klaus Rosche (SPD) Radio Bremen. | |
Für die taz war er am Freitag nicht erreichbar. Der rot-grüne Senat sagt: | |
Eine „weitergehende Nutzung“ von Bremerhaven scheide aus Sicht des | |
Magistrats aus. So steht es in der Antwort auf eine Große Anfrage der | |
Linkspartei. | |
Es gebe in Bremerhaven auch „keine höheren Leerstände“ oder „geringere | |
Nachfragen“ als in Bremen, der Bestand der Wohnungsgesellschaften in | |
Bremerhaven sei „im Bereich der Vollvermietung“, so der Senat. 2008 war in | |
einer Studie noch von 5.000 leer stehenden Wohnungen die Rede gewesen. | |
Bremerhaven sei „gesetzestreu“, sagt nun der Sprecher des Bremer | |
Sozialressort – „wir respektieren das“. Ohnehin war die Anfrage, ob | |
Bremerhaven denn nicht mehr Flüchtlinge aufnehmen könne als vorgeschrieben, | |
eher informell. | |
Im laufenden Jahr wird im Land Bremen mit rund 10.000 Flüchtlingen | |
gerechnet. Das sind fünf Mal mehr als im vergangenen Jahr. Hinzu kommen | |
etwa 2.000 unbegleitete Minderjährige. | |
In Bremen ist unterdessen ein Streit zwischen SPD und Grünen im Senat | |
darüber entbrannt, ob das Bayernzelt nicht auf der Bürgerweide stehen | |
bleiben soll, nach dem Freimarkt. Als Flüchtlingsunterkunft. Ja sagt das | |
Sozialressort von Anja Stahmann (Grüne)! Nein sagt das Innenressort von | |
Ulrich Mäurer (SPD). | |
Er macht „Sicherheitsbedenken“ geltend, so eine Flüchtlingsunterkunft sei | |
zu zentral gelegen, heißt es. Die Nähe zu alkoholisierten, aggressiven | |
BesucherInnen des Hauptbahnhofs und zu Fußball-Hooligans, die rund um | |
Werder-Heimspiele anreisen, sei zu groß. Am Dienstag soll die Frage auf | |
höchster Ebene debattiert und entschieden werden, wenn sich die beiden | |
SenatorInnen im Senat treffen. Die Sozialbehörde wollte rund 200 Menschen | |
im Bayernzelt einquartieren, bis Februar. Ein Kompromiss könnte darin | |
bestehen, das Zelt anderswo in der Stadt aufzubauen. | |
Unterdessen denkt die Linke über Zwangsbelegungen von Wohnraum in Bremen | |
nach, insbesondere auch bei kleineren Gewerbeimmobilien oder „mutwilligen | |
Leerständen“, wie Partei- und Fraktionssprecherin Doris Achelwilm sagt. | |
Wenn der Druck nicht steige, so die Linke, dann befürchte sie, dass auch | |
aus dem jüngst verabschiedeten Gesetz, das auch in Bremen die | |
Sicherstellung von größeren Immobilien ermöglicht, „nicht viel resultiert�… | |
so Achelwilm. Zugleich sieht sich die Linkspartei in ihrer Auffassung | |
bestätigt, dass die polizeirechtlichen Möglichkeiten größer seien als die | |
rot-grüne Regierung das sage. | |
Wenig zu erwarten ist nach Angaben des Senates bei sogenannten | |
OPR-Wohnungen, also Unterkünften nach Obdachlosenpolizeirecht. Sie sind | |
jenen zugedacht, denen Wohnungslosigkeit droht – und das gilt ja auch für | |
Flüchtlinge. In den 70er-Jahren gab es davon 1.000, Anfang der 90er-Jahre | |
sogar 3.500, bei verschiedenen Bremer Wohnungsbaugesellschaften. Inzwischen | |
sind es nur noch 178: Anfang der Nullerjahre wurden aus den meisten | |
OPR-Unterkünften reguläre Mietwohnungen. | |
Aber auch sonst verfügt der Senat nur über wenig freie Wohnungen, um | |
Menschen in Wohnungsnot unmittelbar versorgen zu können: Um Familien – etwa | |
nach Brandschäden – versorgen zu können, hat die Stadt „nur eine begrenzte | |
Zahl“ von möblierten Wohnungen, um Leerstands- und Sanierungskosten zu | |
sparen. Bis 2017 sollen 118 Neubauwohnungen mit dauerhaftem Belegungsrecht | |
durch die Stadt entstehen. | |
30 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
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