Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Pläne der EU für eine Küstenwache: Schotten dicht
> Die Einreise von Flüchtlingen an den EU-Außengrenzen soll verhindert
> werden. Die Küstenwache soll auch gegen den Willen von Staaten eingreifen
> dürfen.
Bild: Solche Bilder soll es nach dem Willen der EU-Kommission nicht mehr geben:…
Brüssel taz | Erst wurden die Balkanstaaten aufgefordert, Flüchtlinge nicht
mehr „durchzuwinken“. Dann wurde die Türkei beauftragt, Überfahrten nach
Griechenland zu erschweren. Nun folgt der dritte Akt: Die EU-Kommission
will eine europäische Küstenwache schaffen und diese – wenn nötig auch
gegen den Willen Athens – in der Ägäis einsetzen.
Das geht aus einem Entwurf hervor, den die Brüsseler Behörde am Dienstag in
Straßburg vorgestellt hat. Wie schon die ersten beiden Schritte ist auch
dieser eng mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) abgestimmt. Kommissionschef
Jean-Claude Juncker hat sich für den Grenzschutzplan eingesetzt; beim
EU-Gipfel am Donnerstag will er ihn gemeinsam mit Merkel voranbringen.
Der Vorschlag sieht eine massive Aufwertung der EU-Grenzschutzagentur
Frontex vor. Die Agentur soll zu einer weitgehend autonomen Küsten- und
Grenzschutzbehörde ausgebaut werden. Sie soll die „Migrationsströme“
überwachen, Abschiebungen unterstützen und ein „Recht auf Intervention“
erhalten. Dazu sollen die EU-Staaten künftig mindestens 1.500 Grenzschützer
bereitstellen, die Frontex in „Schnelleingreiftruppen“ innerhalb von
wenigen Tagen losschicken kann.
Die Kommission wählt dabei eine ungewöhnlich direkte, fast kriegerische
Sprache: „Die Europäische Grenz- und Küstenwacht muss in der Lage sein
einzugreifen, wenn die nationalen Grenzschützer von EU-Staaten in der
vorderen Linie – egal aus welchen Gründen – nicht mit den Herausforderungen
alleine fertigwerden.“ Mit der vorderen Linie sei Griechenland gemeint,
heißt es in Brüssel.
Offenbar verlieren Juncker und Merkel die Geduld mit dem Land, das seit
Monaten im Epizentrum der Flüchtlingskrise liegt. Während die Türkei mit
EU-Beitrittsverhandlungen und Milliardenhilfen belohnt wird, droht Athen
der Verlust der Souveränität über seine Seegrenze.
Allerdings ist unklar, wie die neuen EU-Grenzschützer vorgehen sollen. Sie
verfügen bisher über nur wenige Boote und keine Ortskenntnis. Doch darum
geht es zunächst auch gar nicht. Juncker steht unter Druck der Osteuropäer,
Merkel unter Druck der CSU, die Zahl der Flüchtlinge zu begrenzen. Ohne
eine Sicherung der Außengrenzen werde sich das Schengen-System der
Reisefreiheit nicht halten lassen, warnen Experten.
Die neue Küstenwache soll notfalls auch gegen den Willen des betroffenen
Staates eingesetzt werden können – auf Anweisung der Kommission. Das geht
einigen Ländern wie Polen oder Ungarn zu weit. Sie pochen auf nationale
Souveränität und drohen, den Vorschlag in Brüssel scheitern zu lassen.
Kritik kommt auch aus dem rot-grünen Lager. Die SPD-Europaabgeordnete
Birgit Sippel warnte: „Ein starker Grenzschutz darf nicht zum Ausverkauf
von Grundrechten führen.“ Und die grüne EU-Parlamentarierin Ska Keller
erklärte, der Kommissionsvorschlag lese sich „wie der
Weihnachtswunschzettel von Seehofer, de Maizière & Co“.
15 Dec 2015
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Schwerpunkt Flucht
Flüchtlinge
EU
EU-Außengrenzen
Frontex
Schwerpunkt Türkei
Polen
Flüchtlingspolitik
Soli
Schiffsunglück
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Flucht
David Cameron
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Türkei
Flüchtlinge
CDU-Parteitag
Fremdenfeindlichkeit
Schwerpunkt Syrien
CDU-Parteitag
## ARTIKEL ZUM THEMA
Seeraumüberwachung in der Ägäis: Bundeswehr soll sich beteiligen
Die Streitkräfte sollen die Türkei beim Kampf gegen Menschenschmuggel
unterstützen. Das verspricht die Verteidigungsministerin.
EU diskutiert Mediengesetz in Polen: Keine Sanktionen gegen Polen
Brüssel prüft Verstöße der polnischen Regierung gegen das europäische
Regelwerk. Und EU-Kommissar Oettinger droht eine schwere Schlappe.
Kommentar Flüchtlingspolitik der CSU: Seehofer plustert sich auf
Mit populistischen Vorschägen zur Flüchtlingspolitik macht die CSU der AfD
Konkurrenz. Und Horst Seehofer setzt auf Vernebelungstaktik.
Verlängerung des Solidaritätszuschlags: Seehofer mit Soli-Vorstoß (fast) all…
Die Idee sei „vergiftet“, „geradezu schäbig“: Mit dem Vorschlag, den
Soli-Zuschlag wegen der Flüchtlinge zu verlängern, stößt Horst Seehofer auf
wenig Gegenliebe.
Untergang von Flüchtlingsboot: 18 Menschen sterben in der Ägäis
Das Schiff sank vor der türkischen Westküste. 14 Menschen aus Syrien, dem
Irak und Pakistan konnten türkischen Medien zufolge von der Küstenwache
gerettet werden.
Frontex-Einsatz in Griechenland: Mehr Grenzpatrouille vor Neujahr
Noch Ende Dezember will die EU-Grenzschutzagentur verstärkt an
Griechenlands Grenzen verkehren. Im Fokus steht die Überprüfung von
Flüchtlingen.
Debatte Flüchtlinge: Die Schwester der Ökobewegung
Es gibt wieder Lager in Deutschland – und Entsetzen darüber. Wie die neu
Ankommenden neoliberale Gewissheiten untergraben.
Bericht des UNHCR: So viele Flüchtlinge wie nie zuvor
2015 dürften nach Schätzung der Vereinten Nationen mehr als 60 Millionen
Menschen auf der Flucht sein. Einer von 122 Menschen weltweit ist
Flüchtling.
Britische Forderungen auf dem EU-Gipfel: Camerons Wunschliste
Großbritanniens Premierminister David Cameron will die EU verändern – oder
austreten. Doch nicht alle seiner Forderungen finden Anklang.
Kommentar EU-Flüchtlingspolitik: Der Merkel-Freundeskreis
Ein Drittstaat wie die Türkei ist derzeit wichtiger als Länder wie Italien
oder Polen. Die Europäische Union funktioniert nicht mehr.
Vorwurf von Amnesty International: EU finanziert Flüchtlingshaftzentren
Amnesty International wirft den türkischen Behörden vor, Syrer und Iraker
zurück in den Krieg zu schicken. Ein EU-Aktionsplan sei schuld.
Flüchtlinge auf der Balkanroute: Misshandelt in Bulgarien
Prügel, Fußtritte, Schüsse: Menschenrechtler aus Belgrad erheben schwere
Vorwürfe gegen die bulgarischen Behörden.
Parteitag in Karlsruhe: Kommt ein Seehofer zur CDU
Auf dem Parteitag der CSU hatte Horst Seehofer die Bundeskanzlerin
brüskiert. Nun erschien er zum Gegenbesuch in Karlsruhe.
Straftaten und Flüchtlingsunterbringung: Über 3.500 rechtsmotivierte Delikte
Es gibt einen starken Anstieg rechter Delikte in Deutschland. Wenn es um
Gewalt und Brandanschläge geht, ist Sachsen Spitzenreiter.
EU verhandelt mit der Türkei über Beitritt: Eine sehr pragmatische Politik
Dank der türkischen Hilfe bei der Abschottung gegen Flüchtlinge geht es mit
den Beitrittsverhandlungen voran. Zwei neue Kapitel wurden jetzt eröffnet.
Kommentar Merkel beim CDU-Parteitag: Die gütige Matriarchin
Angela Merkel hat das geschickt gemacht in Karlsruhe. Das Wichtigste war
das Einschwören der Zuhörerschaft auf das C im Parteinamen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.