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# taz.de -- Nach Terroranschlägen in Paris: Frankreich beantragt Hilfe bei EU
> Frankreich bittet die europäischen Partner um militärische Unterstützung.
> Die Polizei sucht weiter nach Mittätern. Das Militär griff die
> IS-Hochburg Rakka an.
Bild: Europäisches Verteidigungsministertreffen in Brüssel: Ursula von der Le…
Paris/Washington/Brüssel dpa/rtr/afp | Nach den Anschlägen von Paris hat
Frankreich bei den EU-Partnern offiziell militärischen Beistand
angefordert. Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian sagte laut Diplomaten
beim Treffen mit seinen EU-Kollegen am Dienstag in Brüssel, Frankreich
wünsche auf bilateraler Ebene und „im Rahmen ihrer Möglichkeiten“
Unterstützung der EU-Länder im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz
Islamischer Staat (IS).
Grundlage ist Artikel 42 Absatz 7 des EU-Vertrags, der im Fall eines
bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet gilt. Dort heißt es: „Im Falle
eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats
schulden die anderen Mitgliedstaaten ihm alle in ihrer Macht stehende Hilfe
und Unterstützung.“ Die EU-Verteidigungsminister hätten darauf „einstimmig
ihre stärkste Unterstützung ausgedrückt und ihre Bereitschaft, die
verlangte Hilfe zu leisten“, sagte die EU-Außenbeauftragte Federica
Mogherini.
Frankreichs Präsident François Hollande hatte dies bereits am Montag
angekündigt. Diplomaten zufolge wurde der Artikel bisher noch nie in
Anspruch genommen. Es gehe nicht darum, Soldaten oder andere
Sicherheitskräfte nach Frankreich zu schicken, sondern eher um eine
Entlastung Frankreichs bei internationalen Einsätzen, hieß es. Le Drian
forderte den Diplomaten zufolge „eine erhöhte Beteiligung der
Mitgliedstaaten in den Einsatzgebieten, in denen Frankreich stationiert
ist“.
Deutschland prüft nach Angaben von Bundesverteidigungsministerin Ursula von
der Leyen (CDU) ein verstärktes militärisches Engagement in Mali. Die
EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sagte den Diplomaten zufolge, die
Folgen der französischen Anfrage würden nun geprüft. Frankreich müsse nun
genau sagen, was es an Unterstützung wolle. Am Dienstag werde es aber noch
„keine formelle Entscheidung“ zu der Anfrage geben.
## USA erleichtern Geheimdienst-Austausch
US-Verteidigungsminister Ashton Carter und Geheimdienst-Direktor James
Clapper hätten Anweisungen an die Streitkräfte erteilt, dass die
Geheimdienste der USA und Frankreich enger zusammenarbeiten sollen,
erklärte Carters Ministerium am Montag. Präsident Barack Obama hatte die
Maßnahmen beim G20-Gipfel in der Türkei in Aussicht gestellt.
Hollande hatte am Montag angekündigt, dass er auch den UN-Sicherheitsrat
anrufen und eine weltweite Koalition gegen die Terrormiliz Islamischer
Staat bilden will. Dazu möchte er sich mit US-Präsident Barack Obama und
Kremlchef Wladimir Putin treffen, um eine einheitliche Strategie in Syrien
und gegen den IS zu erreichen. Die USA reagierten allerdings zurückhaltend.
Das US-Verteidigungsministerium lehnte es am Montagabend ab, sich beim
Kampf gegen den IS mit Moskau abzustimmen: „Wir koordinieren unsere
Operationen nicht mit den Russen und wir kooperieren nicht mit ihnen“,
sagte Pentagon-Sprecher Peter Cook im CNN-Fernsehen. Kremlchef Putin hatte
beim G20-Gipfel im türkischen Belek erklärt, er hoffe weiter auf eine große
internationale Koalition gegen den Terrorismus in Syrien.
Kerry traf bereits am Montagabend in Paris ein. Dabei sicherte er
Frankreich nochmals die Solidarität der USA im Kampf gegen den Terror zu.
„Heute Nacht sind wir alle Pariser“, sagte Kerry vor der blau-weiß-rot
angestrahlten US-Botschaft. Die Stadt habe in ihrer Geschichte noch
dunklere Zeiten erlebt und diese überstanden. „Niemand sollte daran
zweifeln, dass das Licht in der ‚Stadt des Lichts‘ weiter scheint.“
## Französische Luftwaffe fliegt Angriff auf Rakka
In der Nacht zum Dienstag hat die französische Luftwaffe erneut einen
Angriff auf die Dschihadisten-Hochburg Rakka im Norden Syriens geflogen.
Wie das Verteidigungsministerium in Paris mitteilte, wurden dabei ein
Kommandoposten und ein Trainingszentrum der Dschihadistenorganisation
Islamischer Staat (IS) zerstört. Es sei der zweite Angriff auf den IS in
Rakka binnen 24 Stunden gewesen.
Die Angriffe seien zeitgleich gegen 01.30 Uhr MEZ geflogen worden und
hätten beide Ziele zerstört, hieß es in der Mitteilung des Ministeriums.
Zehn Jagdbomber vom Typ Rafale und Mirage 2000 seien dafür aus den
Vereinigten Arabischen Emiraten und Jordanien gestartet und hätten in Rakka
16 Bomben abgeworfen. Die Ziele seien durch Aufklärungsflüge der
französischen Armee identifiziert und die Angriffe in Abstimmung mit der
US-Armee geflogen worden.
Frankreichs Präsident François Hollande hatte am Montag angekündigt, sein
Land werde die Luftangriffe gegen den IS in Syrien verstärken. Er reagierte
damit auf die Anschlagserie in Paris, bei der am Freitagabend mindestens
129 Menschen getötet und mehr als 350 weitere verletzt wurden. In der Folge
hatten Frankreich und die USA einen verstärkten Austausch von Informationen
über mögliche Angriffsziele in Syrien vereinbart.
Die französische Armee will ihre Einsätze auch dank der Entsendung des
Flugzeugträgers „Charles de Gaulle“ ins östliche Mittelmeer deutlich
ausweiten. „Das wird unsere Handlungsfähigkeit verdreifachen“, hatte
Hollande am Montag in einer Rede vor dem Parlament im Schloss von
Versailles gesagt. An Bord des Flugzeugträgers sind 26 Kampfjets. Sie
kommen zu den zwölf französischen Kampfflugzeugen hinzu, die derzeit von
den Vereinigten Arabischen Emiraten und Jordanien aus Angriffe auf den IS
in Syrien fliegen.
## 128 weitere Hausdurchsuchungen
In der Nacht zum Dienstag gab es weitere 128 Hausdurchsuchungen der
Polizei. Dies sagte Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve morgens im
Sender France Info. Nach der Mordserie vom Freitag mit mindestens 129
Todesopfern seien landesweit 115.000 Polizisten und Soldaten mobilisiert
worden, sagte er.
Bereits am Vortag hatte es in Frankreich 168 Hausdurchsuchungen gegeben.
Dabei wurden 23 Menschen festgenommen und 31 Waffen gesichert. Bei einer
Razzia in Lyon fand die Polizei unter anderem einen Raketenwerfer.
Cazeneuve nahm die französischen Sicherheitsbehörden gegen Kritik in
Schutz. Die Anschläge seien im Ausland vorbereitet worden und die
Attentäter hätten Menschen mobilisiert, die den französischen Diensten
nicht bekannt gewesen seien.
Die Polizei fahndet international weiter nach flüchtigen Komplizen der
Attentäter, die am Freitagabend in Paris 129 Menschen getötet hatten,
darunter mindestens zwei Deutsche. Mit Haftbefehl gesucht wird der
26-jährige Belgier Salah Abdeslam, ein Bruder eines Selbstmordattentäters
von Paris. Ein Drahtzieher der Attacken könnte der gesuchte belgische
Islamist Abdelhamid Abaaoud sein. Der 28-Jährige, der als meistgesuchter
Islamist Belgiens gilt, soll sich zuletzt in Syrien aufgehalten und dort
für den IS gekämpft haben.
Mit einem Besuch beim Fußball-Länderspiel Deutschland gegen die Niederlande
in Hannover will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Abend ein Zeichen
gegen den Terror setzen. Mit der Kanzlerin wollen mehrere Minister bei dem
Freundschaftsspiel auf der Ehrentribüne sitzen, unter ihnen auch
Vizekanzler Sigmar Gabriel, Justizminister Heiko Maas (beide SPD) sowie
Innenminister Thomas de Maizière (CDU).
## Erhöhte Terrorwarnstufe in Belgien
Der belgische Fußball-Verband hat am späten Montagabend hingegen das
Testspiel seiner Nationalmannschaft gegen Europameister Spanien abgesagt.
Die Partie sollte am Dienstagabend im Stadion Roi Baudouin in Brüssel
stattfinden. Mit seiner Absage reagierte der Verband auf die Anhebung der
Terrorwarnstufe in Belgien.
„Wir bedauern zutiefst, dass ein solches Freundschaftsspiel zwischen zwei
motivierten Teams so spät abgesagt wird, und wir verstehen die Enttäuschung
vieler Fans. Unter Berücksichtigung der außergewöhnlichen Umstände können
wir jedoch keinerlei Sicherheitsrisiko für unsere Spieler und Fans
eingehen“, schrieb der königlich-belgische Fußball-Verband auf seiner
Homepage. Zu dem Spiel waren 50.000 Zuschauer erwartet worden.
Die belgische Regierung hatte die Warnstufe auf drei heraufgesetzt. Auf der
vierstufigen Skala bedeutet dies, dass eine Bedrohung als „möglich und
wahrscheinlich“ angesehen wird. Nach der Serie von Anschlägen in Paris vom
Freitag mit 129 Toten und Hunderten Verletzten waren am Montag unter
anderen gegen zwei Terrorverdächtige in Belgien am Haftbefehle erlassen
worden. Der Brüsseler Stadtbezirk Molenbeek gilt als Islamistenhochburg. Am
Montag hatte ein vierstündiger Spezialeinsatz der belgischen Polizei dort
aber keinen Erfolg gebracht.
17 Nov 2015
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