Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Öffentlichkeit in der Wissenschaft: Lust auf Zukunft und Gestaltung
> Wissenschaftskommunikation gehört an den Unis zu den expandierenden
> Bereichen. Zunehmend wird versucht, den „Bürger“ direkt zu erreichen.
Bild: Licht- und Wissenschaftsfestival in Jena: Die Forschungseinrichtungen buh…
Berlin taz | Irgendwie ist nach der Bundestagswahl 2013 der Begriff
„Wissenschaftskommunikation“ in den Koalitionsvertrag von SPD und Union
geraten. Nicht im eigentlichen Fachkapitel mit den großen
Regierungsvorhaben für Forschung und Hochschulen, sondern weiter hinten,
unter Soft-Themen wie der gesellschaftlichen Partizipation an
Zukunftsprojekten. „Wir wollen neue Formen der Bürgerbeteiligung und der
Wissenschaftskommunikation entwickeln und in einem Gesamtkonzept
zusammenführen“, heißt es dort. Aber wie? In dieser Woche versuchte der
Forschungsausschuss des Bundestages, sich mit einer [1][Expertenanhörung]
klüger zu machen.
Geboten wurde der Blick in ein üppig sprießendes Biotop in der
Wissenschaft. „Der einzige Bereich, der in den Hochschulen wirklich wächst,
sind die Kommunikationsabteilungen“, bemerkte Volker Meyer-Guckel,
Vize-Generalsekretär des [2][Stifterverbandes für die Deutsche
Wissenschaft]. Die früheren Pressestellen werden im Internetzeitalter zu
multimedialen Brückenköpfen in die Gesellschaft umgebaut, die auf vielen
Kanälen unterschiedliche Zielgruppen erreichen sollen, von der Kinder-Uni
über die Alumni-Ehemaligen bis zu den Bürgerforschern der neuen
Citizen-Science-Bewegung.
Auch nach innen, in den Wissenschaftsbetrieb hinein, habe der
Kommunikationsbedarf zugenommen, stellte Julia Wandt von der Uni Konstanz
fest, die auch dem [3][Bundesverband Hochschulkommunikation] vorsitzt. Das
reicht von der strategischen Beratung der Hochschulleitung bis hin zu
Qualitätsstandards für die Darstellung von Forschungsthemen, um
übertreibende Hype-Meldungen publizitäts-erpichter Professoren (“Krebs
endlich besiegt“) zu stoppen. Man müsse sowohl mit der „digitalen Explosion
der Medienwelt“ klarkommen wie auch mit der „Entgrenzung des Systems
Wissenschaft zu anderen Systemen“, wie Öffentlichkeit, Medien und Politik,
stellte Wandt fest.
„Die Wissenschaftskommunikation befindet sich im Aufwind und der
Wissenschaftsjournalismus in der Krise“, brachte es Jan-Martin Wiarda auf
den Punkt. Der frühere Zeit-Bildungsjournalist war bis zum September
Kommunikationschef der [4][Helmholtz-Gemeinschaft], des größten staatlichen
Forschungstankers, und kennt daher beide Welten. Er hatte den
Parlamentariern auch konkrete Verbesserungsvorschläge mitgebracht, wie etwa
einen „Best-Practice-Wettbewerb für partizipative
Wissenschaftskommunikation“ oder die Einstellung von
„Citizen-Science-Beauftragten für Wissenschaftseinrichtungen“.
## Die Presse gilt als Wadenbeißer
Wiardas Appell, den niedergehenden Wissenschaftsjournalismus in Deutschland
durch „Geschäftsmodelle für das 21. Jahrhundert“ zu stützen, stieß aber
nicht auf das übermäßige Interesse der Politik. Die Presse gilt dort als
Wadenbeißer, da hat man eigentlich genug von.
Gemeinsam sinnierten die Parlamentarier mit den Experten, wie aus dem
30-Prozent-Turm der Wissenschafts-Interessierten in Deutschland
auszubrechen sei. Reinhold Leinfelder, der Leiter des von
Wissenschaftsorganisationen getragenen „[5][Hauses der Zukunft“], will vor
allem die 40-Prozent-Gruppe (Zahlen aus dem [6][Wissenschaftsbarometer von
„Wissenschaft im Dialog“]) der „Teils, teils“-Interessierten ansprechen…
ins Lager der Unterstützer herüberziehen. Das soll mit völlig neuen
Kommunikationskonzepten wie „Reallaboren“, Comics und partizipativen Medien
geschehen, die Bürger selber produzieren.
Neue Wege offerierten auch die von den Oppositionsfraktionen eingeladenen
Experten. Thomas Korbun vom Berliner [7][Institut für Ökologische
Wirtschaftsforschung (IÖW)] stellte als Sprecher des
[8][Ecornet-Netzwerkes] der nichtstaatlichen Ökoforschungsinstitute das
neue Forschungsthema der „Großen Gesellschaftlichen Herausforderungen“ in
dem Mittelpunkt.
## Die Kommunikation mit einplanen
Diese komplexen Themen wie Klimawandel oder Altern der Gesellschaft
stellten durch ihre „gesellschaftliche Relevanz“ gute Ansätze zur
Beteiligung der Bürger dar. Wissenschaftskommunikation dürfe nicht erst
nach Vorliegen des Forschungsergebnisses einsetzen, sondern gehöre bereits
zum Modus der „Koproduktion von Forschungsergebnissen mit
außerwissenschaftlichen Akteuren“, so Korbun. Die Projekte der
„Sozial-Ökologischen Forschung“ eigneten sich bestens dafür.
Noch weiter ging Steffi Ober, Sprecherin der Zivilgesellschaftlichen
Plattform Forschungswende bei der [9][Vereinigung Deutscher Wissenschaftler
(VDW)]. Aus ihrer Sicht muss Wissenschaftskommunikation dazu beitragen,
dass sich über eine wissenschaftliche Grundbildung in der Bevölkerung
(“Scientific Literacy“) hinaus auch „eine transformative Literacy in der
Gesellschaft“ entwickle – und auf diese Weise „die Resonanz für notwendi…
gesellschaftliche Wandlungsprozesse erhöht“ werde.
„Wie erzeugt man Lust auf Veränderung, Lust auf Zukunft und Gestaltung?“,
fragte Forschungswenderin Ober. Die gleiche Frage hatte – erstaunlich –
auch die konservative Bank im Ausschuss auf dem Zettel. Wieder ein Fall von
Entgrenzung.
16 Oct 2015
## LINKS
[1] http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse18/a18/fg-wissenschaftskommuni…
[2] http://www.stifterverband.info/
[3] http://www.bundesverband-hochschulkommunikation.de/
[4] http://www.helmholtz.de/
[5] http://www.hausderzukunft-deutschland.de/
[6] http://www.wissenschaft-im-dialog.de/projekte/wissenschaftsbarometer/
[7] http://www.ioew.de/
[8] http://Ecornet-Netzwerkes
[9] http://www.vdw-ev.de/index.php/de-DE/
## AUTOREN
Manfred Ronzheimer
## TAGS
Wissenschaftskommunikation
Citizen Science
Wissenschaftsjournalismus
Wissenschaftsbarometer
Wissenschaftsbarometer
Umfrage
Akzeptanz
Wissenschaftskommunikation
Energiewende
Citizen Science
Wissenschaftskommunikation
Citizen Science
Arbeit
Transformation
Ausstellung
Wisskomm
Finanzen
Finanzen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Wissenschaft untersucht sich: Leistungsgerechtigkeit verbesserbar
Akademiker geben dem Wissenschaftssystem fast durchgehend gute Noten. Nur
in einigen Bereichen müsse etwas nachgesteuert werden.
Wissenschaft und Gesellschaft: Großes Vertrauen
Das neue „Wissenschaftsbarometer“ zeigt: Der Graben zwischen der
Wissenschaft und der Gesellschaft ist nicht sehr tief.
Umfrage zur Akzeptanz von Forschung: Kritische Bereiche ausgeblendet
Das Wissenschaftsbarometer zeichnet nur ein Teil des Stimmungsbildes. Nach
umstrittenen Forschungen wie Grüner Gentechnik wurde nicht gefragt.
Akzeptanz von Forschung: Skeptiker sind in der Minderheit
Das „Wissenschaftsbarometer“ ermittelt die Einstellung der Bürger zu
Forschung und Wissenschaft: Die Mehrheit steht der Forschung positiv
gegenüber.
Wissenschaftskommunikation verbessern: Digitales Wettrennen
Die Wissenschaftsakademien entdecken Social Media. Sie wollen Twitter und
Facebook mit unabhängigen Plattformen Paroli bieten.
Nachhaltigkeit und Wissenschaft: Der Weg ist noch weit
Die Zivilgesellschaftliche Plattform Forschungswende hat nicht alle Ziele
erreicht. Ihre Mitglieder werden angehört, haben aber kaum Einfluss.
Citizen Science-Konferenz in Berlin: Coming-out der Bürgerforschung
In Berlin trafen sich Bürgerforscher zur europaweiten Konferenz. Eine halbe
Million Menschen machen mit bei Citizen-Science-Projekten.
Wissenschaft und Soziale Medien: Mehr Fragen als Antworten
Die Wissenschaftsakademien wollen die Kommunikation verbessern. Welche
Rolle können soziale Medien dabei spielen?
Strategie für mehr Bürgerbeteiligung: Grünbuch für Citizen Science
Das Thema „Bürgerwissenschaft“ gewinnt in Deutschland weiter an Fahrt.
Gestritten wird darüber, wie weit die Partizipation reichen darf.
Soziologie-Professor über Technologie: „Die Zukunft ist noch beeinflussbar“
Klaus Dörre spricht über die Folgen des technischen Fortschritts. Was
bedeutet er für Arbeit und Beschäftigte in den kommenden Jahrzehnten?
Alternative Wirtschaftswissenschaft: Postwachstum bleibt auf der Agenda
Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung bearbeitet Fragen, die
dem Mainstream egal sind. Bei der Energie hat sich das geändert.
Grundsteinlegung Haus der Zukunft: Ein Pentagon für die Wissenschaft
Im Berliner „Haus der Zukunft“ soll es neben Ausstellungen auch Projekte
mit Bürgerbeteiligung geben. Mit dabei sind auch Großunternehmen.
Wissenschaftskommunikation im Wandel: Infos oder PR in eigener Sache
Der „Informationsdienst Wissenschaft“ (idw) steht 20 Jahre nach seiner
Gründung vor neuen Herausforderungen. Social-Media-Kanäle werden zu wenig
genutzt.
Wissenschaft und Medien: Heimliche Zuschüsse
Wissenschaftsorganisationen und der Staat beeinflussen mit Geld die
Berichterstattung in den Medien. Über die Zuwendungen wird ungern geredet.
Forscher bloggen über Wissenschaft: Forschungsgelder sind Steuergelder
Um die Menschen nicht als Laien zurückzulassen, erklären immer mehr Profis
Wissenschaft. Im Internet verbreiten sich Blogs, Youtube-Videos oder
Missionstagebücher.
Wissenschaftsjournalismus: Wes Brot ich ess', des Lied ich sing'
Wer bezahlt über Wissenschaft schreibt, steht unter dem Verdacht, nur ein
Sprachrohr der „Scientific Community“ zu sein. Es ist nicht besser
geworden.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.