# taz.de -- Umfrage zur Akzeptanz von Forschung: Kritische Bereiche ausgeblendet | |
> Das Wissenschaftsbarometer zeichnet nur ein Teil des Stimmungsbildes. | |
> Nach umstrittenen Forschungen wie Grüner Gentechnik wurde nicht gefragt. | |
Bild: Nicht alle sind bei Forschung und Wissenschaft so enthusiastisch wie die … | |
BERLIN taz | Schöne heile Wissenschaftswelt. Die Ergebnisse des neuen | |
„Wissenschaftsbarometers“ liegen vor und sie signalisieren: Die Deutschen | |
sind mit der wissenschaftlichen Forschung im Reinen. 52 Prozent der Bürger | |
interessieren sich stark für sie – mehr als für Politik und Sport, 54 | |
Prozent vertrauen ihr. Im Vorjahr war das Vertrauen noch um vier Prozent | |
niedriger. | |
„Ein steigendes Misstrauen gegenüber der Wissenschaft, wie es immer wieder | |
angedeutet wird, lässt sich aus dem Wissenschaftsbarometer nicht ablesen“, | |
erklärt Markus Weißkopf, der Geschäftsführer von „Wissenschaft im Dialog�… | |
Die Kommunikationsplattform der deutschen Wissenschaftsorganisationen hat | |
die repräsentative Befragung zum fünften Mal durchführen lassen. Dafür | |
wurden von dem Meinungsforschungsinstitut Kantar Emnid 1.008 Personen in | |
der ersten Augusthälfte telefonisch befragt. In 21 Fragen wurde eruiert, | |
wie die Bürger sich über Wissenschaft informieren, welche Rolle sie in | |
ihrem täglichen Leben spielt, wie sie auf Konfliktthemen wie Klima- und | |
Evolutionsforschungen blicken. | |
Aber auch nach ihren Einschätzungen zur Arbeit der Wissenschaftler – was | |
die Auftraggeber natürlich besonders interessierte. Und hier ergab sich der | |
wenig schmeichelhafte Befund, dass lediglich 40 Prozent der Befragten der | |
Auffassung sind, „dass Wissenschaftler tatsächlich zum Wohl der | |
Gesellschaft forschen“, während 46 Prozent bei dieser Frage unentschlossen | |
sind. | |
„Wenn ein großer Teil der Menschen nicht überzeugt ist, dass | |
Wissenschaftler ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden, dann | |
steckt in diesem Ergebnis ein Auftrag an die Wissenschaftsgemeinde“, | |
kommentierte Uta-Micaela Dürig, stellvertretende Vorsitzende der | |
Geschäftsführung der Robert Bosch Stiftung GmbH, die das | |
Wissenschaftsbarometer finanziell unterstützt hatte. Um dieser Skepsis | |
entgegenzuwirken, sollten Wissenschaftler die Auswirkungen des eigenen | |
Handelns stärker reflektieren und den Bürgern Werte und Methoden der | |
Wissenschaft besser vermitteln. | |
Ähnlich äußerte sich Bundesforschungsministerin Anja Karliczek in einem | |
ersten Kommentar: „Es ist eine große Herausforderung, die Ergebnisse der | |
Wissenschaft verständlich zu kommunizieren und den Mehrwert der Forschung | |
für die Gesellschaft noch stärker in den Vordergrund zu rücken“. In der | |
vorigen Woche war die CDU-Ministerin auf der Festveranstaltung der | |
Leopoldina in Halle noch konkreter geworden, als sie ankündigte: „Wir | |
werden Anreize für gute Wissenschaftskommunikation setzen, indem wir sie | |
zum Beispiel künftig stärker bei der Forschungsförderung verankern“. Das | |
BMBF erarbeite „gerade gemeinsam mit Forschungsinstitutionen, Förderern und | |
Hochschulen eine Strategie, um die Wissenschaftskommunikation zu stärken“. | |
## Klimawende und Evolutionstheorie | |
Dass das Wissenschaftsbarometer 2018 hohe Akzeptanzwerte verkündet, hat | |
auch damit zu tun, dass kritische Bereiche ausgeblendet wurden. So wird | |
zwar festgestellt, dass 82 Prozent der Deutschen davon überzeugt sind, dass | |
der Klimawandel überwiegend vom Menschen verursacht ist, 79 Prozent stützen | |
die Evolutionstheorie und nur 13 Prozent zählen sich zu den „Impfgegnern“ | |
(in Westdeutschland übrigens doppelt so viel wie im Osten). | |
Die positive Statistik wird möglich, weil etwa die Haltung zur Grünen | |
Gentechnik nicht mehr abgefragt wurde. Wo das gemacht wird, etwa in der | |
„Naturbewusstseinsstudie“ des Bundesumweltministeriums, kommt heraus, dass | |
79 Prozent von 2.000 Befragten für das Verbot von Gentechnik in der | |
Landwirtschaft sind und 78 Prozent befürworten, dass der Mensch kein Recht | |
habe, „Pflanzen und Tiere gezielt gentechnisch zu verändern.“ | |
Kritischer als das deutsche Wissenschaftsbarometer war auch das jüngste | |
Schweizer Pendant, das die Frage stellte: Soll die Wissenschaft alles | |
erforschen dürfen? Nur 26 Prozent der Schweizer war dieser Meinung. | |
Auch der im Mai von der Technikakademie Acatech vorgelegte „Technikradar | |
2018 – Was die Deutschen über Technik denken“ zeichnet mit Schwerpunkt auf | |
die gesellschaftlichen Ängste vor der Digitalisierung ein weniger | |
optimistisches Bild. Es wäre besser, in künftigen Befragungen die | |
wissenschaftliche Forschung mit ihrer Anwendung in Form technischer | |
Innovationen zusammenzuführen. In der Gesellschaft wird dies sowieso als | |
zwei Seiten der einen Fortschritts-Medaille wahrgenommen. | |
27 Sep 2018 | |
## AUTOREN | |
Manfred Ronzheimer | |
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