| # taz.de -- Wahrnehmung von Wissenschaft: Lieber Forschung ohne Risiko | |
| > Die Deutschen empfinden Wissenschaft zwar weiterhin als etwas Positives. | |
| > Bei einigen Bereichen überwiegt jedoch deutlich die Skepsis. | |
| Bild: Wissenschaftler aus Leipzig in der Arktis: Auch Klimaforscher haben ein I… | |
| Berlin taz | Die deutsche Bevölkerung steht der Wissenschaft zwar weithin | |
| positiv gegenüber. Bei genauerem Hinhören ist allerdings in einigen Punkten | |
| deutliche Skepsis zu vernehmen, ergab die Umfrage | |
| [1][„Wissenschaftsbarometer“], die in dieser Woche von der | |
| Kommunikationsinitiative [2][“Wissenschaft im Dialog“] veröffentlicht | |
| wurde. | |
| So waren nur 23 Prozent der über 1.000 von TNS Emnid repräsentativ | |
| befragten Bundesbürger der Meinung, die Öffentlichkeit werde in Deutschland | |
| genügend in die Entscheidungen über Wissenschaft und Forschung einbezogen. | |
| Ein sehr viel größerer Anteil – 42 Prozent – empfand dagegen ein Defizit … | |
| Partizipation. | |
| Auch mit der Kommunikation der Wissenschaftler ist das Volk unzufrieden. 39 | |
| Prozent waren der Meinung, die Wissenschaft bemühe sich zu wenig, die | |
| Allgemeinheit über ihre Arbeit zu informieren, in Berlin sogar 42 Prozent. | |
| Dagegen fanden nur 27 Prozent den jetzigen Zustand in Ordnung.Allerdings | |
| ist das Interesse für die Vorgänge in den Universitäten und | |
| Forschungsinstituten kein Massenphänomen. | |
| Zwar bekunden 36 Prozent ihr allgemeines Interesse an Wissenschaftsthemen, | |
| aber nur 16 Prozent gehen öfter oder manchmal zu Veranstaltungen, Vorträgen | |
| oder Diskussionen über Wissenschaft und Forschung. 84 Prozent selten oder | |
| nie. Bei Special Events wie der „Langen Nacht der Wissenschaften“ oder | |
| „Tagen der offenen Tür“ ist das Verhältnis mit 20:80 nicht viel besser. | |
| Die zentrale Wissenschaftsinformation der Bevölkerung findet über die | |
| Medien statt. 52 Prozent lesen Artikel über Wissenschaft in der Zeitung. | |
| Noch mehr (66 Prozent) informieren sich im Fernsehen. Das Internet ist für | |
| 43 Prozent häufige Informationsquelle, bei den Berlinern sogar 60 Prozent. | |
| In der Summe empfinden sich aber nur 29 Prozent der Befragten bei | |
| Wissenschaftsthemen „auf dem Laufenden“; bei Politik (48) und Sport (44) | |
| ist der gefühlte Informationsgrad deutlich höher. | |
| ## Vertrauen oder Zweifel | |
| Von Bedeutung ist, wenn aus Information Einstellung wird: Akzeptanz oder | |
| Ablehnung. Beim Thema Erneuerbare Energien sagen 51 Prozent, sie vertrauen | |
| den Aussagen der Wissenschaftler (bei der Vorjahresbefragung waren es noch | |
| 44 Prozent), 19 Prozent tun das nicht. Beim Klimawandel ist das Verhältnis | |
| schon 36:26. In Berlin liegt die Zahl der Klima-Zweifler sogar bei 41 | |
| Prozent, so hoch wie nirgends sonst in der Republik. Nur 31 Prozent | |
| vertrauen in der Hauptstadt den Klimaforschern. | |
| Vollends ins Negative kippt die Volksmeinung bei der Grünen Gentechnik: Nur | |
| 17 Prozent folgen den Forschern (2014: 16), 51 Prozent misstrauen ihnen. Am | |
| höchsten ist die Ablehnungsquote mit 60 bei den Älteren, die Jungen | |
| verweigern sich der Grünen Gentechnik zu 45 Prozent. Aus solcher Skepsis | |
| speist sich auch das Urteil zur Risikobereitschaft. | |
| Wenn neue Technologien einen Nutzen versprechen, aber auch unbekanntes | |
| Risiko bergen, dann sind 30 Prozent der Bürger dafür, die Entwicklung zu | |
| stoppen, 39 Prozent halten sie für vertretbar. | |
| ## Wichtigster Bereich: Gesundheit und Ernährung | |
| Markus Weißkopf, der Geschäftsführer von „Wissenschaft im Dialog“ (die | |
| Agentur wird von den deutschen Wissenschaftsorganisationen finanziert) | |
| fasst die Zahlen als Hinweis darauf auf, „dass die Wissenschaft weiter auf | |
| Bürgerinnen und Bürger zugehen muss. Risiken, aber auch Chancen neuer | |
| Technologien sollten mit Bürgern und der Zivilgesellschaft diskutiert | |
| werden.“ | |
| Im Ranking der Wissenschaftsgebiete, die von den Bürgern als wichtig für | |
| die Zukunft angesehen werden und entsprechend gefördert werden sollten, | |
| rangieren Gesundheit und Ernährung mit 47 Prozent unangefochten an der | |
| Spitze. Klima und Energie kommen mit 35 Prozent auf den zweiten Platz. | |
| Innere Sicherheit wird von 10 Prozent für zukunftswichtig erachtet, | |
| erstaunlich mehr als das Forschungsgebiet Kommunikation und | |
| Digitalisierung, für das nur 4 Prozent stimmen. | |
| Und wer sollte die Forschungs-Milliarden für diese Projekte verteilen? Das | |
| sollten „die Bürger“ entscheiden, ist mit 42 Prozent die häufigste Antwor… | |
| Nur 30 Prozent meinen, die Wissenschaftler sollten darüber selbst befinden, | |
| und nur 13 Prozent möchten die Politik in dieser Rolle sehen. | |
| 2 Aug 2015 | |
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| [1] http://www.wissenschaft-im-dialog.de/projekte/wissenschaftsbarometer/ | |
| [2] http://www.wissenschaft-im-dialog.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Manfred Ronzheimer | |
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