# taz.de -- Treffen bei UN-Vollversammlung: Obama und Putin uneins über Assad | |
> Am Montag sprachen Obama und Putin zum ersten Mal seit Langem – über die | |
> Ukraine und Syrien. Auf einen Nenner kommen die Präsidenten nicht. | |
Bild: Hatten sich bis Montagabend länger angeschwiegen, als es manche ihrer Am… | |
NEW YORK taz | Die Terrororganisation IS wollen beide los werden. Aber über | |
den Weg dahin sind Barack Obama und Wladimir Putin zutiefst uneinig. Der | |
Russe rüstet Bashar Al-Assad mit Panzern und Flugzeugen aus, betrachtet ihn | |
als Verbündeten und sagt vor der Vollversammlung der UNO, dass er – | |
„zusammen mit den kurdischen Milizen“ – der Einzige sei, der gegen die | |
terroristischen Organisationen kämpfe. Der US-Amerikaner hingegen sieht | |
keine Möglichkeit für eine Zusammenarbeit mit dem Diktator, der sein | |
eigenes Volk bombardiert. Und sagt vor der UNO, dass es nach dem | |
Blutvergießen der letzten Jahre keinen Weg zurück zum Status Quo von vor | |
dem Krieg geben könne. | |
Immerhin haben Obama und Putin am Montag in New York überhaupt miteinander | |
gesprochen. Zuvor hatten sie sich länger angeschwiegen, als es manche ihrer | |
Amtsvorgänger in den Zeiten des Kalten Kriegs taten. Seit Juni 2013, als | |
Moskau dem US-amerikanischen Whistleblower Edward Snowden Asyl gab, lief | |
Obama seinem russischen Kollegen zwar mehrfach bei internationalen Gipfeln | |
über den Weg. Doch eine Reise nach Moskau sagte Obama ab, und das direkte | |
Gespräch mit Putin vermied er. | |
In New York dauerte ihr Treffen in einem Konferenzraum des | |
Weltsicherheitsrates am Montagabend 90 Minuten. Davon widmeten sie, so | |
sagte anschließend jemand aus der US-amerikanischen Delegation, die erste | |
Hälfte der Ukraine, die zweite Syrien. Weil es weder vor noch nach dem | |
Treffen in dem Raum mit zwei US-amerikanischen und zwei russischen Fahnen | |
den üblichen Fototermin gab, veröffentlichen die Medien stattdessen ein | |
Bild vom Mittagstisch. Da sitzen die beiden Präsidenten am selben Tisch – | |
getrennt durch UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon. Hinter einem bunten | |
Blumengebinde stoßen sie mit Rosé an. Obama ohne eine Miene zu verziehen, | |
Putin mit einem kleinen Lächeln. | |
Laut Weißem Haus hatte Putin um das Treffen gebeten. Die beiden | |
Verteidigungsminister in Washington und Moskau hatten ihren Gesprächsfaden | |
schon Mitte September wieder aufgenommen. Schon bei jenem Telefonat | |
übermittelte Sergei Shoigu den Moskauer Vorschlag, eine „große | |
internationale Koalition“ in Syrien zu bilden. | |
## Putin spricht vor der UN-Vollversammlung | |
Am Montag wiederholt Putin das Angebot. Er spricht zum ersten Mal seit zehn | |
Jahren vor der Vollversammlung der UNO. Und er nutzt die Gelegenheit für | |
ein paar gezielte Schläge gegen Washington. Er beginnt seine Rede zum 70. | |
Jahrestag der UNO mit dem Hinweis, die Idee für die internationale | |
Organisation sei in seinem Land entstanden. In Jalta, gelegen auf der Krim, | |
was Russland im vergangenen Jahr annektiert hat. Später wirft er den USA | |
eine Arroganz der Macht vor, die sie aus ihrer dominanten Position nach dem | |
Ende des Kalten Krieges entwickelt und zum Ausbau der Nato und anderen | |
feindseligen Gesten genutzt hätten. | |
Das US-amerikanische Vorgehen in Syrien nennt Putin sowohl „illegal“ aus | |
auch „ineffizient“. Weil die UNO die Ausbildung, die Finanzierung und die | |
Waffenlieferungen an Rebellen zum Zwecke des Regimesturzes nicht stütze und | |
weil Al-Assad heute das einzige Bollwerk gegen den Terrorismus sei. Falls | |
die Institutionen von Al-Assad zusammenbrächen, würden auch in Damaskus | |
Islamisten in das Machtvakuum vorstoßen, prognostiziert der russische | |
Präsident: „genau wie im Irak und in Libyen“. | |
Schon vor seinem UNO-Auftritt hat Putin in einem Interview mit dem | |
US-TV-Sender CBS detailliert das Debakel der US-Alliierten in Syrien | |
beschrieben. Die USA wollten 5.000 „moderate“ Rebellen zu „Kämpfern“ | |
ausbilden und stellten dafür eine halbe Milliarde Dollar bereit. Doch nur | |
„50 bis 60“ Kämpfer wurden einsatzfähig. Davon wiederum waren die meisten | |
bereits nach der ersten Auseinandersetzung mit Islamisten tot, verletzt | |
oder gefangen. Nur „vier oder fünf“ Kämpfer blieben übrig und händigten | |
ihre US-amerikanischen Waffen den Terroristen aus. | |
Die US-amerikanische UNO-Botschafterin Samantha Power widerspricht dieser | |
Darstellung nicht. Und Obama erklärt in seiner Eröffnungsrede vor der UNO, | |
dass es keine einfachen Antworten in Syrien und im Nahen Osten geben könne: | |
Jede Lösung brauche Zeit. Er sagt auch – und das ist neu –, dass er bereit | |
sei, mit jedem zusammenzuarbeiten. Auch „mit Russland und dem Iran“. In | |
derselben Rede geht Obama ausführlich auf Moskaus Rolle in der Ukraine ein. | |
Mit Diplomatie hätte Russland dort mehr erreichen können als mit | |
Aggressionen, sagt der US-Präsident. Dann beschreibt er die Sanktionen | |
seines Landes gegen Russland als Erfolg. | |
## Moskau gründet geheimdienstliches „Büro“ | |
Putin lässt sich vor der Vollversammlung auf keine Ukraine-Debatte ein. Er | |
konzentriert sich auf Syrien. Da hat er eine Strategie, inklusive | |
Bündnispartner. Wohingegen Obama zwar klare Gegner ausgemacht hat, aber | |
über keine Verbündeten im Land und keine Strategie für ein eventuelles | |
Hinterher verfügt. Kurz vor Beginn der UNO-Vollversammlung legt Putin eine | |
zusätzliche Schwäche des US-Präsidenten offen. Da wird bekannt, dass Moskau | |
ein „Büro“ gründet, das geheimdienstliche Informationen über IS und ande… | |
Terrorgruppen sammelt. Beteiligt sind außer Moskau auch Damaskus, Teheran | |
und Bagdad. Sitz soll in Bagdad sein. Die USA wussten offenbar nichts von | |
diesem Plan ihrer irakischen Verbündeten. | |
Der russische Präsident bestreitet, dass die Ukraine-Sanktionen eine | |
Wirkung auf ihn hätten. Aber er gibt umstandslos zu, dass sein Land | |
Interessen in Syrien hat – wo Russland Militärbasen und seinen einzigen | |
Zugang zum Mittelmeer hat – und er witzelt darüber, dass andere ebenfalls | |
Interessen in der Region hätten. | |
Gegenüber dem offensiv auftretenden Putin klingt der US-Präsident | |
verhalten. Er ist in den zurückliegenden Wochen sowohl innenpolitisch als | |
auch international wegen Syrien unter Druck. 2003 war Obama einer der | |
wenigen Kongressabgeordneten, die gegen den Irak-Krieg gestimmt haben. Als | |
US-Präsident hat er ein Ende der Kriege in Afghanistan und Irak gesucht und | |
für neue Konfliktschauplätze – inklusive Syrien – die Devise „No Boots … | |
the Ground“ ausgegeben. | |
Doch jetzt werden in den USA die Stimmen lauter, die ein stärkeres | |
US-amerikanisches Eingreifen verlangen. Zugleich sorgt die Fluchtbewegung | |
aus Syrien dafür, dass sowohl aus der EU, der Türkei und den arabischen | |
Nachbarländern Syriens der Ruf nach Verhandlungslösungen des Konflikts | |
kommt. | |
29 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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