# taz.de -- Anbau von Soja als Futtermittel: Regenwald fürs Schwein | |
> Für mehr Fleisch- und Milchausfuhren brauchen die deutschen Bauern mehr | |
> Soja. Dessen Anbau gefährdet in Amerika Mensch und Natur. | |
Bild: Sojafelder wie dieses in Hilpoltstein (Mittelfranken) gibt es in Deutschl… | |
Hamburg taz | Wie eine riesige Sanddüne ruht der Berg Sojaschrot in einem | |
Lager im Hamburger Hafen. Zwölf Meter hoch türmen sich 3.500 Tonnen des | |
braunen Mehls der Firma Habema, die Getreide umschlägt und zudem eines der | |
größten deutschen Mischfutterwerke ist. Das Schrot ist für Schweine, Rinder | |
und Hühner, die Fleisch, Milch oder Eier liefern sollen. | |
Solche tierischen Produkte sind besonders lukrativ für die Landwirtschaft. | |
Deshalb wollen das CSU-geführte Bundesagrarministerium und die | |
konventionelle Agrarlobby auch diese Produktion steigern. Da die | |
inländischen Märkte gesättigt sind, soll der Export wachsen. | |
Doch dafür benötigen die Bauern große Mengen Soja als Eiweißquelle für ihre | |
Hochleistungstiere. Allein 2014 importierte Deutschland laut Statistischem | |
Bundesamt rund vier Millionen Tonnen Sojabohnen, vor allem aus Brasilien, | |
den USA und Paraguay – fast 100 Prozent des deutschen Verbrauchs. | |
Der Anbau der Eiweißpflanze in Amerika ist allerdings umstritten. Meist | |
werden gentechnisch veränderte Sorten benutzt, die gegen bestimmte | |
Pestizide resistent sind. „Soja wird zum großen Teil in agrarindustriellen | |
Monokulturen angebaut“, sagt Agrarrohstoffexperte Markus Wolter von der | |
Umweltorganisation WWF Deutschland. | |
## Monokulturen, Pestizide, Artensterben | |
Zwar pflanzten die Landwirte nach Soja oft Mais oder Hirse an. Aber schon | |
nach wenigen Monaten komme wieder Soja. Das reiche nicht, den für | |
Monokulturen typischen Krankheits- und Unkrautdruck zu bekämpfen, so | |
Wolter. „Deshalb werden immer mehr Pestizide nötig.“ | |
Das wiederum führe dazu, dass Gewässer verschmutzt werden sowie Tier- und | |
Pflanzenarten aussterben. Aus Südamerika gibt es zudem immer wieder | |
Berichte, dass direkt oder indirekt für den Sojaanbau Urwald gerodet werde. | |
Von 1990 bis 2010 weiteten sich die Sojafelder laut WWF von 17 auf 46 | |
Millionen Hektar aus – vor allem in ehemals natürlichen Ökosystemen. Da das | |
Sojageschäft fest in der Hand von Großgrundbesitzern und Agrarkonzernen | |
ist, wächst der Druck auf Kleinbauern, ihr Land zu verlassen. In Paraguay | |
etwa wurden Bauern gewaltsam vertrieben. | |
Der Deutsche Verband Tiernahrung sieht das anders: „Der weitaus größte Teil | |
der in Europa verwendeten Sojaprodukte stammt von Anbauflächen, auf denen | |
bereits seit Jahrzehnten Sojaanbau stattfindet“, argumentiert die | |
Organisation der Futterbranche. Doch das widerlegt nicht, dass die Pflanzen | |
aus Monokulturen stammen. | |
Immerhin haben sich die großen Ölsaatenhändler in Brasilien Mitte 2006 in | |
einem Moratorium verpflichtet, auf Soja von ab diesem Zeitpunkt gerodeten | |
Regenwaldflächen zu verzichten. „Seitdem wurden nur 40.000 Hektar | |
entwaldet“, berichtet Greenpeace-Waldexperte Oliver Salge. Aber jedes Jahr | |
würden 500.000 Hektar zerstört, etwa um dort Tiere zu halten oder andere | |
Pflanzen anzubauen. Jeder Hektar Soja übt also indirekt Druck auf den | |
Regenwald aus. Zudem werde in Argentinien weiter für die Eiweißpflanze | |
gerodet. Und was in Brasilien passiert, wenn das Moratorium im Mai 2016 | |
ausläuft, ist ungewiss. | |
6 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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