# taz.de -- Racial Profiling bei der Polizei: Hautfarbe als Kriterium | |
> Im Gefahrengebiet können Polizisten ohne Verdacht kontrollieren – meist | |
> Schwarze. Auch Anwohner fühlen sich von Beamten belästigt. | |
Bild: In Berlin kontrollieren Polizisten angebliche Dealer im Görlitzer Park. | |
HAMBURG taz | Mit ihrer schwarzen Northface-Jacke und der grauen Wollmütze | |
auf dem Kopf könnte die Polizistin fast als Bewohnerin der Hafenstraße | |
durchgehen. Zusammen mit einem anderen Polizisten in zivil steht sie an der | |
Balduintreppe in der Hafenstraße und kontrolliert die Papiere zweier | |
afrikanischer Geflüchteter. | |
Den Grund für die Kontrolle erklären die BeamtInnen nicht. Brauchen sie | |
auch nicht - denn Kontrollen können in Gefahrengebieten verdachtsunabhängig | |
durchgeführt werden. | |
Zwar hat das Oberverwaltungsgericht die Einrichtung von Gefahrengebieten | |
durch die Polizei als verfassungswidrig bewertet. Praktisch geändert hat | |
sich seitdem allerdings nichts – damit Urteil rechtskräftig wird, müsste | |
das Bundesverfassungsgericht oder das Landesverfassungsgericht ein | |
entsprechendes Urteil bestätigen. | |
Die AnwohnerInnen in der Schanze und auf St. Pauli sind zunehmend genervt | |
von den täglichen Polizeieinsätzen gegen Schwarze. „Es vergeht kein Tag | |
ohne Polizeieinsatz vor meiner Tür“, sagte ein Anwohner der Hafenstraße der | |
taz. Meist gäben die BeamtInnen vor, nach Drogen zu fahnden. Er aber | |
vermutet, dass das nur ein Vorwand ist: „Hier werden gezielt Menschen mit | |
illegalem Aufenthaltsstatus gesucht.“ | |
Aktuelle Zahlen über Personenkontrollen im Gebiet um die Hafenstraße sind | |
schwer zu bekommen. Auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion erklärte der | |
Senat, die Davidwache hätte Ende 2014 lediglich die erfassten Personen | |
gezählt. | |
Doch die Herkunft oder Hautfarbe sei kein Kriterium für polizeiliches | |
Einschreiten, heißt es in der Antwort. Folglich gibt es darüber auch keine | |
Statistik. An manchen Tagen sind im Gefahrengebiet St. Pauli bis zu 54 | |
Personen überprüft worden. | |
Für Martin Dolzer, Abgeordneter der Linksfraktion und Anwohner im | |
betroffenen Gebiet, handelt es sich bei den vermeintlichen Drogenkontrollen | |
um „Racial Profiling“ (siehe Kasten). „Das ist eine verfassungswidrige | |
rassistische Praxis, die wir nicht dulden dürfen.“ | |
AnwohnerInnen kritisieren zudem die Einsätze der Polizei als „völlig | |
unverhältnismäßig.“ Immer wieder drängten PolizistInnen auf | |
Privatgrundstücke vor, um Verdächtige zu verfolgen. Einige BewohnerInnen | |
der Hafenstraße haben jetzt eine Anwältin eingeschaltet und Akteneinsicht | |
gefordert. | |
„Wir wollen wissen, auf welcher Grundlage da ständig unsere Privatsphäre | |
verletzt wird“, sagte einer von ihnen. „Das Vorgehen der Polizei ist äuße… | |
intransparent.“ | |
Während die repressiven Maßnahmen der Polizei bei den AnwohnerInnen auf | |
Ablehnung stoßen, setzen sie selbst auf Kommunikation mit den | |
vermeintlichen Dealern. Die AG Drogen des AnwohnerInnenprojekts „St. Pauli | |
Selbermachen“ hat beispielsweise mit ihnen verabredet, die Schule in der | |
Bernhard-Nocht-Straße tagsüber zu meiden. Seitdem habe sich die Situation | |
deutlich verbessert, sagte deren Sprecher Jonny Schanz. Dauerhaft brauche | |
man darüber hinaus einen Konsumraum im Viertel. „Das würde die Drogenszene | |
entzerren und die Situation für alle entspannen.“ | |
4 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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