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# taz.de -- Anzeige gegen Bürgerschaftsabgeordneten: Polizeipräsident zeigt L…
> Ein Hamburger Linken-Abgeordneter nannte die Schüsse auf einen Ghanaer
> „rassistisch motiviert“ und kassierte eine Anzeige. Der Vorwurf ist
> allerdings nicht so abwegig.
Bild: Steht in der Kritik: Der Hamburger Linken-Abgeordnete Martin Dolzer
HAMBURG taz | Im Streit über zwei Versionen von den Schüssen eines
Zivilfahnders auf den Ghanaer Omeng A. in St. Georg fährt Polizeipräsident
Ralf Meyer nun schwere Geschütze auf. Der Polizeichef erstattete gegen den
Bürgerschaftsabgeordneten der Linksfraktion, Martin Dolzer, Strafantrag
wegen übler Nachrede, da er die Notwehrversion der Polizei infrage gestellt
hatte. Das bestätigte Polizeisprecherin Heike Uhde der taz. Die
Gewerkschaft der Polizei begrüßte naturgemäß Meyers Vorstoß, die
Linksfraktionschefin Cansu Özdemir nannte die Strafanzeige hingegen
„unangemessen“, da Dolzer seine Äußerungen klargestellt habe.
Die Linksfraktion hat indes den Vorfall für Donnerstag auf die Tagesordnung
der Innenausschusssitzung gesetzt. Dieser wird sich aber wohl erst im April
inhaltlich mit dem Komplex befassen können, da die Polizei wegen der noch
laufenden Ermittlungen jegliche Auskunft verweigern wird. Auch der
Ältestenrat der Bürgerschaft wird sich auf Antrag der CDU Ende des Monats
mit den Vorfällen befassen, da Dolzer versucht habe, den bewusstlosen
Ghanaer per Abgeordnetenausweis in der Klinik zu besuchen. „Was da
skandalisiert wird, ist kein Fehlverhalten“, kontert Özdemir.
Auslösen der Kampagne gegen Dolzer sind seine Äußerungen zum Vorfall am 1.
Februar in der Robert-Nhil-Straße. Der betrunkene A. war mit zwei
Sexarbeiterinnen in einen Streit geraten, bei dem auch ein Messer eine
Rolle spielte. Die Prostituierten wandten sich an den ihnen aus St. Georg
bekannten Zivilfahnder der Revierwache 11 am Steindamm, der den 33-jährigen
A. vor dem Lokal „Zum Frühaufsteher“ stellte. Und hier beginnt dann der
Dissens.
Laut Polizei sei A. mit einem Messer auf den Zivilpolizisten losgegangen,
der sich zuerst mit Pfefferspray gewehrt und dann dreimal auf A. geschossen
habe. Zwei Kugeln trafen ihn in Bauch und Bein.
Dolzer hatte der taz eine Woche später von seinen dreitägigen Recherchen
berichtet. Danach sei A. laut einem Augenzeugen auf den Polizisten
losgegangen, der zurückwich und schoss. Der Angeschossene sei zu Boden
gegangen, der Polizist habe etwas von A.s Hand weggekickt – wohl das Messer
– und nach mindestens fünf Sekunden zwei weitere Schüsse abgegeben. „Warum
die Schüsse, wenn der Mann schon am Boden liegt?“, fragte ein Zeuge.
Im taz-Bericht machte sich Dolzer dann die Bewertung des Mannes zu eigen,
der das Vorgehen des Zivilfahnders als „rassistisch motivierten
Hinrichtungsversuch“ bezeichnete. Dolzer verlangte Aufklärung, relativierte
inzwischen aber seine Worte, da er ja nicht selbst Augenzeuge gewesen war.
Dass rassistisch motivierte Taten bei der Hamburger Polizei nicht völlig
abwegig sind, zeigte der Polizeiskandal von 1994, der zum Rücktritt des
damaligen Innensenators Werner Hackmann (SPD) führte. Das Ausmaß von
Übergriffen der Polizei gegen Ausländer habe „eine Dimension angenommen“,
die er „nicht für möglich gehalten“ habe, so Hackmann damals.
Die Folge: Zwei Jahre waren „rassistisch motivierte“ Misshandlungen,
Schläge, Schikanen und nächtliche Scheinhinrichtungen von Afrikanern
Gegenstand eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA). Der PUA
kam zu dem Ergebnis, dass die Vorwürfe gegen eben jene Revierwache 11 –
damals noch an der Kirchenallee – glaubwürdig waren, die
Scheinhinrichtungen hätten sich allerdings nicht beweisen lassen.
15 Feb 2017
## AUTOREN
Kai von Appen
## TAGS
Die Linke Hamburg
Hamburg
Schwerpunkt Polizeikontrollen in Hamburg
Pfefferspray
Polizeieinsatz
Black Lives Matter
Schwerpunkt Polizeikontrollen in Hamburg
Hafenstraße
Racial Profiling
Gefahrengebiet
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
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