# taz.de -- Aus Raider wird Twix: Etwas weniger Generalverdacht | |
> Nach Niederlage vor Gericht benennt Hamburg die umstrittenen | |
> Gefahrengebiete um: Sie heißen jetzt gefährliche Orte. Sonst ändert sich | |
> nix. | |
Bild: Die Klobürste darf in Hamburg künftig wieder offen als Accessoire getra… | |
Hamburg taz | Hamburg ändert sein Polizeigesetz, und danach sollte das mit | |
der Klobürste auch nicht mehr vorkommen. Der Beschluss des rot-grünen | |
Senats sieht konkret vor, die bisherigen Gefahrengebiete im Polizeigesetz | |
zu ersetzen: durch „gefährliche Orte“, das sind zum Beispiel Schwerpunkte | |
der Drogenkriminalität, und durch „gefährdete Orte“ wie zum Beispiel ein | |
Fußballstadion oder das Konferenzhotel, in dem im kommenden Jahr der | |
G20-Gipfel in Hamburg stattfinden wird. Der entscheidende Unterschied zur | |
bisherigen Regelung: Es wird nicht mehr flächendeckend, dafür aber härter | |
kontrolliert werden. | |
Innensenator Andy Grote (SPD) und Justizsenator Till Steffen (Grüne) | |
sprachen am Mittwoch übereinstimmend von einer „sehr guten und sehr klugen | |
Lösung“. Auch Polizeipräsident Ralf-Martin Meyer sieht „die | |
Rechtssicherheit des polizeilichen Handelns“ gewahrt. „Es darf nicht | |
jedermann kontrolliert werden, und das kann ja auch niemand wollen.“ | |
Die alte Regelung zu Gefahrengebieten ließ aber genau das zu und wurde | |
deswegen im Mai 2015 vom Oberverwaltungsgericht für verfassungswidrig | |
erklärt. Dadurch wurde die Novelle des Polizeigesetzes überhaupt erst | |
notwendig, die die Bürgerschaft nun im Laufe des Jahres noch verabschieden | |
muss. | |
Ist das passiert, soll die Polizei in Hamburg nur noch an gefährlichen und | |
gefährdeten Orten die Identität von Menschen feststellen und deren Sachen | |
durchsuchen dürfen, „wenn auf die Person bezogene Anhaltspunkte für | |
mögliche Straftaten vorliegen“, sagte Grote. Flächendeckende Kontrollen von | |
Menschen, die sich in einem ausgewiesenen Gebiet aufhalten, soll es nicht | |
mehr geben. | |
Ende 2014 und Anfang 2015 waren nach Demonstrationen in der linken Szene | |
weite Teile von St. Pauli und des Schanzenviertels zu Gefahrengebieten | |
erklärt worden. Auch Anwohner und Arbeitnehmer wurden kontrolliert und | |
durchsucht – dabei wurde auch die zum Symbol gewordene Klobürste | |
konfisziert, die ein Anwohner in seinem Rucksack vom Drogeriemarkt nach | |
Hause tragen wollte. In mehreren Fällen sprach die Polizei damals | |
Platzverweise, auch gegen Anwohner. | |
Die jetzige Neuregelung sei „schärfer, aber zielgerichteter“, räumten Gro… | |
und Steffen ein. Dazu gehöre auch, dass die gefährlichen Orte auf einen | |
kleinen Raum begrenzt sein werden. „Ein Vergnügungsviertel kann es aber | |
schon mal sein“, sagt der in St. Pauli wohnende Grote. Deshalb sollen auch | |
zwei Areale rund um die Reeperbahn und in St. Georg östlich des | |
Hauptbahnhofs wegen erhöhter Drogenkriminalität weiterhin als Gefahrenorte | |
und Waffenverbotszonen ausgewiesen bleiben. „Eine maximale Ausdehnung wie | |
2014 wird aber nicht mehr möglich sein“, sagte Justizsenator Steffen. | |
28 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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