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# taz.de -- Sicherheit, Gegengipfel, Anwohnerschutz: „Nerven behalten und Bü…
> Hamburgs grüner Justizsenator warnt vor der Kriminalisierung der eigenen
> Bevölkerung beim G20-Gipfel im Juli nächsten Jahres.
Bild: Könnte untersagt werden, wenn Merkel, Putin und Clinton oder gar Trump i…
HAMBURG taz | Die Sicherheitskreise vor Ort sprechen von einer
„Herkules-aufgabe“. Den G20-Gipfel in Hamburg aber werden sie Anfang Juli
nächsten Jahres ohne die Hilfe irgendeines griechischen Halbgottes
bewältigen müssen, stattdessen mit vollkommen irdischen Mitteln. Eben das
besorgt Justizsenator Till Steffen (Grüne): „Wir müssen den Ausnahmezustand
verhindern“, sagt er im Gespräch mit der taz.nord. Es könne nicht angehen,
„dass ganze Stadtteile unter Kuratel gestellt werden“, wenn die Mächtigen
der Welt sich an Elbe und Alster versammeln. Ironischerweise wird die
Tagung in den zentral gelegenen Messehallen abgehalten, wo im vorigen
Sommer Tausende Flüchtlinge zusammengepfercht in einer temporären
Erstaufnahme leben mussten.
Die Staats- und Regierungschefs von 19 Industrie- und Schwellenländern,
darunter der USA und Russlands, werden erwartet, dazu ihr diplomatisches
und sicherheitstechnisches Gefolge: Mindestens 6.000 Teilnehmer dürften
sich zwei Tage lang in der Stadt aufhalten, etliche schon lange vorher und
noch Tage danach. An kontroversen Themen – von Flüchtlingsdramen bis
Handelsabkommen – mangelt es nicht, die potenzielle Gefahrensituation liegt
auf der Hand. „Wir wissen, dass wir eine Bedrohungslage haben“, sagt
Steffen, ohne aber ins Detail gehen zu wollen.
Wie die Sicherheit der Gipfelteilnehmer zu gewährleisten ist, ist derzeit
Thema zwischen Hamburg, Bund, Länder- und Bundespolizei sowie diversen
Nachrichtendiensten. Dabei geht es unter anderem darum, Bausteine des
Sicherheitskonzepts für Olympische Spiele zu übernehmen; darum hätte sich
Hamburg ja beinahe beworben.
Demnach ist mit dem Einsatz von rund 9.000 Polizisten zu rechnen, denn
geschützt werden müssen neben den Messehallen auch etwaige andere
Treffpunkte wie das Rathaus oder die Elbphilharmonie; dazu eine Reihe von
Hotels, in denen sich die Delegationen einquartieren. Das könnte zu
zeitweisen Sperrungen der zentralen Verkehrsachse Lombards- und
Kennedybrücke führen und vielleicht sogar zu einem Segelverbot auf der
Außenalster, an dessen Ufer derzeit noch das US-Generalkonsulat residiert,
ebenso das Hotel Atlantic und andere Luxusherbergen.
Gegenüber der taz stellt Justizsenator Steffen klar, „dass wir die Anwohner
schützen müssen“, und zwar die in den Vierteln, die an das Messegelände
grenzen. „Wir dürfen die eigene Bevölkerung nicht kriminalisieren“: Das
Karolinen- und das Schanzenviertel gilt manchem als Bastion von Anarchos
und Autonomen.
Steffen setzt auf eine Neuregelung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes
(SOG), auf die sich die rot-grüne Koalition Ende April verständigt hatte:
Noch vor der Sommerpause soll das Gesetz der Bürgerschaft zur
Beschlussfassung vorgelegt werden. Danach würden die polizeilichen
„Gefahrengebiete“ (siehe Kasten), welche das Oberverwaltungsgericht Hamburg
im Mai 2015 für verfassungswidrig erklärt hatte, ersetzt: einerseits durch
„gefährliche Orte“, wie es etwa Schwerpunkte des Drogenhandels sein könne…
andererseits durch „gefährdete Orte“: Darunter fiele dann auch ein
G20-Gipfel-Tagungsort. Dort dürften Menschen nur noch dann überprüft und
durchsucht werden, wenn jeweils die konkrete Person einen konkreten
Verdacht begründet. Er sei sich sicher, sagt Steffen nun, „dass die Polizei
sehr sorgfältig abwägen wird, ob und wo diese Voraussetzungen vorliegen“.
Einig sei sich die rot-grüne Koalition darüber, dass G20-Kritiker
zeitgleich mit den Großen und Mächtigen eine Bühne in Hamburg bekommen
sollen: Ein Gegengipfel von Nichtregierungsorganisationen müsse „in Sicht-
und Hörweite der Adressaten“ stattfinden können, so Steffen, damit auch sie
im kommenden Juli ihre Forderungen an eine gerechtere Weltwirtschaft
formulieren können. Das entspreche dem Selbstverständnis und der Rolle der
Grünen, sagt der Senator: „Nerven behalten, Bürgerrechte wahren – und kein
sinnloser Aktionismus.“
8 Jun 2016
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Hamburg
G20-Gipfel
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G20-Gipfel
Hamburg
Schwerpunkt Polizeikontrollen in Hamburg
Flüchtlinge
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