# taz.de -- Wird Hamburg zur Festung?: G20-Gipfel ist kein Kindergeburtstag | |
> SPD-Innensenator Andy Grote verspricht Versammlungsfreiheit beim | |
> G20-Gipfel. Dennoch bleiben Sorgen um die Bürgerrechte. | |
Bild: Ist trotzdem herzlich nach Hamburg zum G20-Gipfel eingeladen: die Polizei | |
Selbstverständlich habe niemand etwas gegen Kindergeburtstage, versichert | |
Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD). Über einen kürzlichen | |
Medienbericht, wonach diese in der Umgebung des OSZE-Gipfeltreffens im | |
Dezember in Hamburg polizeilich verboten werden sollten, kann er nur den | |
Kopf schütteln. „Es wird alles nicht so dramatisch, wie manche befürchten�… | |
sagte Grote am Montag im Gespräch mit der taz.nord, „unsere Grundhaltung | |
ist: Wir wollen ein Minimum an Belastung für die Anwohner.“ | |
Wenn am 8. und 9. Dezember die Außenminister der 57 OSZE-Staaten | |
(Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) sich in der | |
Hansestadt treffen, herrscht zwar höchste Alarmstufe. Straßensperrungen | |
rund um das Rathaus sowie die Messehallen wird es geben. Im Karo- und | |
Schanzenviertel nebenan, die manchen als Bastionen von Anarchos und | |
Autonomen gelten, ist mit Personenkontrollen zu rechnen. „Aber es soll | |
keine martialischen Zäune geben“, sagte Grote, und auch die | |
Verkehrsbeschränkungen würden vermutlich geringer sein als bei großen | |
Sportveranstaltungen wie dem Marathon, bei dem Start und Ziel eben in den | |
Messehallen liegen. | |
Der rot-grüne Hamburger Senat ist zurzeit bemüht, weit verbreitete | |
Befürchtungen vor einem „Ausnahmezustand“ oder einem „Hochsicherheitstra… | |
rund um das Treffen zu zerstreuen. Zwar soll rund um die Tagungsorte eine | |
Sicherheitszone mit Straßensperrungen und Personenkontrollen eingerichtet | |
werden. Aber schon auf der gegenüberliegenden Straßenseite sollen Anwohner | |
ungehindert passieren können. Auch ihrer Balkone könnten sie | |
„selbstverständlich“ betreten. | |
Dabei ist das Treffen der Außenminister nur die Generalprobe für den | |
G20-Gipfel im Juli nächsten Jahres. Dann werden die Staats- und | |
Regierungschefs von 19 Industrie- und Schwellenländern in Hamburg | |
erwartet, darunter der USA, Russlands und der Türkei. Und wenn sich dann zu | |
Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdoğan noch Donald Trump als neuer | |
US-Präsident gesellen sollte, dürfte das die Atmosphäre alles andere als | |
entspannen. | |
## Bei den Grünen ist das Unbehagen groß | |
Zusammen mit dem diplomatischen und sicherheitstechnischen Gefolge dürften | |
sich mindestens 6.000 Teilnehmer zwei Tage lang in der Stadt aufhalten, | |
etliche schon lange vorher und noch Tage danach: Es wird voll in der Stadt. | |
An kontroversen Themen – von Flüchtlingsdramen bis Handelsabkommen – | |
mangelt es nicht. Dass es gefährlich werden könnte, liegt auf der Hand. | |
Deshalb ist mit dem Einsatz von rund 9.000 Polizisten und | |
Sicherheitskräften zu rechnen, denn geschützt werden müssen neben den | |
Messehallen auch etwaige andere Treffpunkte wie das Rathaus oder die | |
Elbphilharmonie; dazu eine Reihe von Hotels, in denen sich die Delegationen | |
einquartieren. | |
Beim grünen Koalitionspartner ist das Unbehagen jetzt schon groß. „Wir | |
müssen den Ausnahmezustand verhindern“, mahnte der grüne Justizsenator Till | |
Steffen bereits im Juni in der taz.nord. Man dürfe nicht ganze Stadtteile | |
„unter Kuratel“ stellen. „Wir müssen die Anwohner schützen“, sagte St… | |
„und dürfen die eigene Bevölkerung nicht kriminalisieren.“ | |
## Gegenveranstaltung in Reichweite? | |
Das sieht Innensenator Grote genauso. Einerseits müsse der „internationale | |
Dialog unter Regierungen möglich sein“, findet er. Zumal es auf G20-Gipfeln | |
– anders als auf den G7-Gipfeln der Großmächte – mit Ländern wie Südafr… | |
Brasilien oder Indonesien auch um Themen wie Gesundheit, Ernährung und die | |
Bekämpfung von Hunger sowie um Maßnahmen gegen den Klimawandel gehe. | |
Begleitend aber müsse „eine Struktur und ein Rahmen für den friedlichen | |
Austausch von Meinungen geschaffen werden“. | |
Deshalb sei sich die rot-grüne Koalition einig, dass G20-Kritiker | |
zeitgleich mit den Großen und Mächtigen eine Bühne in Hamburg bekommen | |
sollen: Ein Gegengipfel von Nichtregierungsorganisationen müsse „in Sicht- | |
und Hörweite der Adressaten“ stattfinden können, hatten die Grünen | |
gefordert, damit diese ihre Forderungen für eine gerechtere Weltwirtschaft | |
formulieren können. | |
Da indes ist Grote vorsichtiger. Gegenveranstaltungen würden so dicht wie | |
laut Versammlungsrecht möglich stattfinden können: „Wir wollen keine | |
Bannmeile einrichten.“ Die Versammlungsfreiheit solle „ausdrücklich und | |
bestmöglich gewährleistet werden“, sagte Grote: „Hamburg soll nicht zur | |
Festung werden.“ | |
1 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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