| # taz.de -- Gericht rügt Hamburger Polizeirecht: Unbestimmt und übermäßig | |
| > Das OVG Hamburg hat ausführlich begründet, warum es die Regelung der | |
| > Gefahrgebiete für verfassungswidrig hält. | |
| Bild: Rappelvolles Gefahrengebiet: Die Polizei in der Walpurgsinacht 2011 im Ha… | |
| FREIBURG taz | Die Richter des Hamburger Obervewaltungsgerichts (OVG) | |
| hätten es sich einfach machen können. Sie hätten schlicht offen lassen | |
| können, ob die Regeln über Gefahrgebiete dem Grundgesetz entsprechen. Denn | |
| für ihr [1][am Mittwoch gefälltes Urteil] kam es nicht darauf an. Dennoch | |
| beschäftigt sich mehr als die Hälfte der 36-seitigen Urteilsbegründung mit | |
| genau dieser Frage. Auf „ausdrücklichen Wunsch“ der Klägerin und des Sena… | |
| haben die OVG-Richter ihre Meinung hierzu ausführlich begründet. | |
| Seit 2005 kann die Polizei in Hamburg Gefahrengebiete ausweisen. In denen | |
| kann sie dann „Personen kurzfristig anhalten, befragen, ihre Identität | |
| feststellen und mitgeführte Sachen in Augenschein nehmen“, heißt es im | |
| Hamburger Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei. | |
| Das OVG hält diese Vorschrift nun für zu unbestimmt und unverhältnismäßig. | |
| Zu unbestimmt sei die Regelung, weil als Anlass nur auf „Lageerkenntnisse“ | |
| der Polizei abgestellt wird. Damit bestimme die Polizei ganz allein – ohne | |
| Vorgaben des Gesetzgebers –, wann sie Gefahrengebiete ausweisen will. Auch | |
| eine gerichtliche Kontrolle sei so kaum möglich. Zudem gebe es keine | |
| zeitliche Begrenzung für einmal eingerichtete Gefahrengebiete, kritisieren | |
| die Richter. So bestehe eins der Gebiete auf St. Pauli schon seit zehn | |
| Jahren. | |
| Nähere Verfahrensregeln ergäben sich nicht aus dem Gesetz, sondern nur aus | |
| polizeiinternen Verwaltungsvorschriften. Es genüge jedoch nicht, so das | |
| OVG, wenn die Exekutive letztlich selbst über die Begrenzung ihrer Macht | |
| entscheiden kann. | |
| Zudem sieht das Gericht in der Norm einen Verstoß gegen das Prinzip der | |
| Verhältnismäßigkeit. Anders als der Hamburger Senat, der die | |
| Ausweiskontrollen für einen „sehr geringfügigen“ Eingriff“ hält, sehen… | |
| Richter darin eine „erhebliche Eingriffsintensität“. Schließlich sei jeder | |
| betroffen, auch völlig Unbeteiligte. Wer im Gefahrengebiet wohnt, müsse | |
| sich zudem immer wieder kontrollieren lassen. Und soweit nur bestimmmte | |
| Zielgruppen angehalten werden, führe jede Kontrolle zu einer | |
| „Stigmatisierung“. | |
| Dieses Regelungskonzept sei ein „übermäßiger“ Eingriff, wenn es darum ge… | |
| auch Straftaten von „(nur) mittlerer Kriminalität“ (etwa Körperverletzung) | |
| abzuwenden. Die Richter lassen aber offen, ob die Einrichtung von | |
| Gefahrgebieten zur Verhütung schwerer Kriminalität (wie Vergewaltigung, | |
| Totschlag und Mord) in ihren Augen zulässig wäre. | |
| Az.: 4 Bf 226/12*a | |
| 14 May 2015 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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