| # taz.de -- Durchsuchung in der St. Pauli Hafenstraße: Die verhängnisvollen S… | |
| > Bei der Durchsuchung fand die Polizei keine Drogen. Warum korrigiert die | |
| > Staatsanwaltschaft nicht gegenteilige Berichte? | |
| Bild: Stromkabel als Symbol des Widerstands: Protest in der Hafenstraße am ver… | |
| Hamburg taz | Als der Taxifahrer den Polizisten, der am Freitagabend mitten | |
| auf der Hamburger Hafenstraße steht, fragt, ob er da nun durchkomme, | |
| antwortet der Uniformierte schroff: „Nee. Das sehen Sie doch.“ Der | |
| Taxifahrer grummelt. „Hier kann ja wohl jeder machen, was er will.“ Er | |
| wendet seinen Mercedes und braust Richtung Landungsbrücken davon. | |
| Für etwa 20 Minuten haben meine MitbewohnerInnen und solidarische Menschen | |
| die viel befahrene Straße blockiert. Wir protestierten gegen die | |
| Durchsuchung unseres linken Wohnprojekts Plan B am vergangenen Montag, | |
| gegen rassistische Kontrollen in der Hafenstraße und die permanente | |
| Polizeipräsenz. Bis die Polizei uns schließlich mit Pfefferspray von der | |
| Straße drängt. | |
| Der Taxifahrer hat mit seiner lapidaren Feststellung die Ereignisse auf den | |
| Punkt gebracht. Als Anwohnerin der Hafenstraße und als jemand, der die | |
| Geschehnisse aus nächster Nähe mitverfolgt hat, muss ich ihm Recht geben – | |
| auf St. Pauli kann offenbar jeder machen, was er will: Allen voran die | |
| Polizeiführung und die Staatsanwaltschaft. | |
| Das, was die Polizei in unserem Haus veranstaltet hat, gleicht einem | |
| Überfall. Es fängt mit dem Durchsuchungsbeschluss an, der sich auf einen | |
| wackeligen Verdacht gründet. Darin steht: Ein „noch nicht ermittelter | |
| Wohnungsinhaber“ sei verdächtig, einem „unbekannten Haupttäter“ seine | |
| Wohnräume als „Rückzugsbereich“ zur Verfügung gestellt zu haben. Dem | |
| „unbekannten Haupttäter“ wird vorgeworfen, im April „Kleinmengen Marihua… | |
| verkauft zu haben. Deshalb unterschrieb ein Amtsrichter im Mai den | |
| Durchsuchungsbeschluss. | |
| Erst ganze zwei Monate später stürmt eine vermummte Beweis- und | |
| Festnahmeeinheit mit Maschinenpistolen in das linke Wohnprojekt. Wie ist so | |
| eine Aktion zu rechtfertigen? | |
| Der Polizei ist die Hafenstraße ein Dorn im Auge. Die AnwohnerInnen | |
| beobachten hier genau, was sie bei ihren täglichen Kontrollen Geflüchteter | |
| in der Straße veranstaltet. AnwohnerInnen stehen daneben, dokumentieren die | |
| Ereignisse, stellen lästige Fragen. Sie twittern, wo Zivilpolizisten | |
| unterwegs sind. Und pöbeln, wenn die Polizei Massenverhaftungen durchführt. | |
| Sie stellen Boxen aus den Fenstern und spielen „Bullenschweine“ von Slime. | |
| Das wird die Polizei nerven – und sie hat nun wohl gezeigt, dass sie sich | |
| das nicht gefallen lässt. | |
| Dass die Polizei im Zweifel einen Grund vorschiebt, um in die Häuser zu | |
| stürmen, zeigt das Protokoll von der Durchsuchung. Es verzeichnet zwei | |
| Gegenstände, die im Haus beschlagnahmt wurden: Ein Stromkabel und eine | |
| Mehrfachsteckdose. Ernsthaft. Soll das Stromkabel nun zur neuen Klobürste | |
| werden? Jenem Gegenstand, der im Rahmen einer Kontrolle nach der Ausrufung | |
| des Gefahrengebiets in Hamburg als gefährlich eingestuft wurde und damals | |
| zum Symbol des Widerstands wurde? | |
| Zeitgleich mit dem Überfall auf unser Wohnhaus nahm die Polizei im | |
| Hinterhof 34 Geflüchtete vorläufig fest. Sie durchsuchte den Garten, den | |
| Grünstreifen, den Zaun, und fand 91 Gramm Marihuana, 9 Kügelchen Kokain und | |
| 12 Mobiltelefone. Die Polizei selbst lässt in ihrer Mitteilung offen, wo | |
| genau was gefunden wurde. Unser Garten ist von außen zugänglich, das Tor | |
| ist nicht verschlossen. | |
| In den Medienberichten aber steht, dass das Marihuana und Kokain in der | |
| Wohnung gefunden worden sind. Es wird ein falscher Zusammenhang | |
| hergestellt, durch den wir in den Augen der Öffentlichkeit in Aktivitäten | |
| des Drogenhandels verstrickt sind. Drei meiner MitbewohnerInnen haben | |
| deshalb Beschwerden beim Presserat eingelegt. | |
| Tatsächlich fragten mehrere JournalistInnen bei der Staatsanwaltschaft | |
| nach, wo die Drogen genau gefunden wurden. Das bestätigt deren Sprecher | |
| Carsten Rinio. Nur gibt er darauf keine Antwort – „aus | |
| ermittlungstaktischen Gründen“, wie er sagt. Ich aber frage mich, warum | |
| überhaupt noch ermittelt wird. Fallen Stromkabel unter das | |
| Betäubungsmittelgesetz? Warum gibt die Staatsanwaltschaft nicht zu, dass im | |
| Haus keine Drogen gefunden wurden? Wem liegt daran, uns als Drogendealer | |
| darzustellen? | |
| 24 Jul 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Katharina Schipkowski | |
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