| # taz.de -- Druck auf linkes Biotop: Pfefferspray im Wohnzimmer | |
| > In der Hamburger Hafenstraße häufen sich gewaltsame Polizeikontrollen. | |
| > Zuletzt stürmten die BeamtInnen eine Privatwohnung und verletzten eine | |
| > dort lebende Frau. | |
| Bild: Zündeln Hamburgs Ordnungshüter? Brennender Bauwagen 1989 in der Hafenst… | |
| HAMBURG taz | Die BewohnerInnen sprechen von einer Eskalation der | |
| Polizeigewalt: Zum zweiten Mal innerhalb von einem Monat ist die Polizei in | |
| Privaträume in der Hamburger Hafenstraße eingedrungen – ein Vorgehen, das | |
| seit der dortigen Besetzung in den 80er-Jahren als Tabu galt. Am Dienstag | |
| dieser Woche drangen gegen 15.45 Uhr mehrere BeamtInnen in den Garten eines | |
| Wohnhauses ein und stürmten von dort aus auch eine Privatwohnung. Anlass | |
| war offenbar, dass sich dort eine des Drogenhandels verdächtigte Person | |
| aufgehalten habe. | |
| Die betroffene Anwohnerin schildert den Vorfall so: „Der junge Mann bat | |
| mich um einen Tee. Er wollte sich keinen Tee kaufen gehen, weil sehr viel | |
| Polizei unterwegs war und er fürchtete, kontrolliert und festgehalten zu | |
| werden.“ Während der Mann sich also in ihrer Küche einen Tee gekocht habe, | |
| hätten mehrere PolizistInnen draußen vor dem Zaun zum Garten einen | |
| Schwarzen ergriffen, ihm Handschellen anlegten und ihn mit dem Gesicht | |
| gegen einen Baum drückten. Einige BeamtInnen hätten diesen Gefangenen | |
| abgeführt, weitere seien am Ort des Geschehens geblieben. | |
| „Ich habe mich gewundert, was die jetzt noch wollen“, erzählt die | |
| Anwohnerin, „da rannten plötzlich drei Beamten an mir vorbei in meine | |
| Wohnung. Ich stellte mich entgeistert in die Tür, da rannten sich mich | |
| einfach um.“ Als die Überrumpelte sich vom Boden aufgerappelt hatte, | |
| stellte sie sich erneut in die Tür und klammerte sich am Türrahmen fest. | |
| Ein Polizist habe dann gewaltsam ihre Finger vom Türrahmen entfernt. | |
| Alarmierte AnwohnerInnen seien in den Garten und in die Wohnung gekommen, | |
| um um ihrer Nachbarin zu helfen. Drinnen überwältigten die PolizistInnen | |
| derweil den angeblich dealenden Teetrinker – und sollen dabei auch | |
| Pfefferspray eingesetzt haben. Zur Erinnerung: in einem privaten | |
| Wohnzimmer. | |
| „Ich war geschockt angesichts der Aggressivität und der Gewalt“, berichtet | |
| eine Nachbarin. Die überrannte Bewohnerin erlitt Prellungen und | |
| Abschürfungen an Knien und Ellenbogen. Auf die Frage, wer der | |
| Polizei-Einsatzleiter sei, hätten die BewohnerInnen zunächst keine Antwort | |
| erhalten. „Man wird überhaupt nicht ernst genommen“, beschwerte sich eine | |
| Bewohnerin. Auch die hinzugerufene Rechtsanwältin Nina Kromm musste | |
| mehrfach nachfragen, bis sie den Namen des Einsatzleiters genannt bekam. | |
| Die verletzte Bewohnerin wollte zunächst Anzeige gegen die BeamtInnen | |
| erstatten. Daraufhin habe ein Polizist erwidert, dann werde die Polizei | |
| ebenfalls Anzeige gegen sie erstatten – wegen Gefangenenbefreiung. Kromm | |
| hat Widerspruch gegen das Vorgehen der Polizei eingelegt. | |
| Wie ein Polizeisprecher bestätigt, laufen dort nun interne Ermittlungen. | |
| Deshalb wollten sich am Donnerstag weder die Polizei noch die Hamburger | |
| Innenbehörde sich zu dem Vorfall äußern – jede Auskunft könnte ja die | |
| Ermittlungen behindern. Immerhin: Dass es den Einsatz am Mittwoch gab, | |
| bestätigt die Polizei. Dabei habe es eine Festnahme gegeben und es sei | |
| Widerstand geleistet worden. | |
| Anfang Februar bereits hatten mehrere PolizistInnen den privaten Garten | |
| eines Hauses betreten und waren anschließend in die Räume der „Hafenvokü“ | |
| eingedrungen, einem zentraler Treffpunkt, Wohnzimmer und Veranstaltungsort | |
| der ehemals besetzten Häuser in der Hafenstraße. Unter Protest der | |
| Anwesenden waren sie durch die Räume gegangen und hatten die Personalien | |
| der angetroffenen Schwarzen aufgenommen. | |
| Die Polizei begründet den damaligen Fall mit „Gefahrenabwehr“: | |
| PolizistInnen hätten Schreie aus der Vokü gehört und prüfen wollen, ob | |
| jemand verletzt sei. Die AnwohnerInnen halten das für einen Vorwand und | |
| sprechen von einer „Militarisierung des Stadtteils“: Hetzjagden auf | |
| vermeintliche Dealer seien an der Tagesordnung. Von solchen Kontrollen | |
| Betroffene selbst berichteten zudem, dass ihnen dabei jedes Mal alles Geld | |
| abgenommen werde – und manchmal das Handy. | |
| 25 Feb 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Katharina Schipkowski | |
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