Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Mehr als ein Alt-Herren-Verein: Die Patrioten und die Hausbesetzer
> Die Patriotische Gesellschaft wird 250 Jahre alt. 1987 war sie die
> entscheidende Vermittlerin im Konflikt um die besetzten
> Hafenstraßen-Häuser.
Bild: Durchaus bereit, der Politik Paroli zu bieten: Im Konflikt um die besetzt…
HAMBURG taz | Seit sich die Patriotische Gesellschaft 1987 auf die Seite
der HausbesetzerInnen der Hafenstraße in St. Pauli geschlagen hat, ist
klar: Die Patrioten sind mehr als ein Hamburger Alt-Herren-Verein, sie sind
auch bereit, der Politik Paroli zu bieten.
Aus zwei Gründen wurden die Patrioten damals zur Vermittlerin in dem
Konflikt: Die Tochter des Vorstandsmitglieds Carl-Ernst Borgstede wohnte in
der Hafenstraße und das „Komitee zur Verteidigung der Hafenstraße“ um
Persönlichkeiten wie Jan-Philipp Reemtsma, Gründer des Instituts für
Sozialforschung, den Ex-GAL-Bürgerschaftsabgeordneten Michael Herrmann,
Kunst-Professor Hans-Joachim Lenger und Jugendrichter Joachim Katz,
schaltete die Patrioten ein.
„Am 13. Juli um 17 Uhr trafen sich die Genannten mit einem Notar und einem
Mitglied der Patriotischen Gesellschaft in der Geschäftsstelle und berieten
die Lage in der Hafenstraße, die sich bürgerkriegsartig zuspitzte“,
erinnert sich der Geschäftsführer Erich Braun-Egidius. Die regierende
SPD-Fraktion um Bausenator Eugen Wagner und Innensenator Alfons Pawelczyk
wollte den Sylt-Urlaub von Bürgermeister Klaus von Dohnanyi nutzen, um die
Häuser räumen zu lassen.
„In einer Unzahl von Telefonaten wurde versucht, diese Räumung zu
verhindern, um der Stadt den größten Krawall der frühen Neuzeit zu
ersparen“, sagte Braun-Egidius. Der Patriot Volker Doose kam schließlich
zur Überzeugung, nur eine spektakuläre Aktion könne noch etwas bewegen. So
machten sich unter anderem Herrmann, der Fotograf Günter Zint und
Braun-Egidius mit einem Hubschrauber auf nach Sylt, wo sie Dohnanyi beim
Fahrrad fahren stellten. „In einem dramatischen zweistündigen Gespräch
erreichten wir, dass Dr. von Dohnanyi eingriff und die Räumung ausgesetzt
wurde.“ Die Aktion sorgte tatsächlich für Schlagzeilen.
Geschäftsführer Braun-Egidius war trotz der Anfeindungen aus der Politik
und den Boulevardmedien später stolz auf das Engagement. „Die Patriotische
Gesellschaft war aus dem behüteten Zirkel der sorgsam gepflegten
Zurückhaltung ausgebrochen und stand wieder in der Tradition ihrer
Vorfahren von 1848“, sagte er. „Sie hatte im Thema Hafenstraße die Gewichte
in Hamburg verschoben.“
Doch die Vermittlungsergebnisse brachten zunächst nur Ruhepausen, immer
wieder stand die Räumung im Raum – selbst nach dem Dohnanyi-Ehrenwort
anlässlich der legendären Barrikadentage vom November 1987. Erst 1994
gelang den Patrioten am Runden Tisch der Durchbruch und der
SPD-Stattpartei-Senat stimmte dem Verkauf der zwölf Häuser zu. Im Jahr
darauf gründeten die BewohnerInnen und der Rechtsanwalt Hans-Jochen Waitz
die Genossenschaft „Alternativen am Elbufer“, die das Areal verwaltet.
10 Apr 2015
## AUTOREN
Kai von Appen
## TAGS
Häuserkampf
Hafenstraße
Hamburg
Genossenschaft
Hafenstraße
Drittes Reich
Schwerpunkt AfD
## ARTIKEL ZUM THEMA
Hamburger Genossenschaft denkt an Profit: Denkmalschutz mal so – mal so
Der Altonaer Spar- und Bauverein möchte einen Block aus den 30er-Jahren
sanieren. Dabei schert er sich nicht um den Denkmalschutz. Mieter
befürchten Verdrängung
Druck auf linkes Biotop: Pfefferspray im Wohnzimmer
In der Hamburger Hafenstraße häufen sich gewaltsame Polizeikontrollen.
Zuletzt stürmten die BeamtInnen eine Privatwohnung und verletzten eine dort
lebende Frau.
Klaus von Dohnanyi über NS-Widerstand: „Ich bewundere diesen Mut“
Der Vater wurde morgens verhaftet, die Mutter nachmittags geholt: Klaus von
Dohnanyi über seine Eltern, die schon früh im NS-Widerstand waren.
250 Jahre Patriotische Gesellschaft: „Immer reformorientiert und sozial“
Die Patriotische Gesellschaft will für Demokratie und Frieden in Hamburg
sorgen. Ein Gespräch mit Vorstand Jürgen Lüthje über den heute
missverständlichen Namen und Vermittlungsprojekte.
Häuserkampf in der Hafenstraße: Acht Tage im November
Vor 25 Jahren errichteten die BewohnerInnen und Unterstützer der Hamburger
Hafenstraße Barrikaden. Die Stadt war gespalten. Alle wussten: Bei einer
Räumung hätte es Tote geben können.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.