Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Vor dem EU-Gipfel: Der große Wurf bleibt aus
> Berlin bremst die Reform der Währungsunion aus. Weder Eurobonds noch ein
> eigenständiges Budget für die Eurozone soll es geben.
Bild: Den Umfang von dem, was bei dem Gipfel zu erwarten ist, entspricht in etw…
BRÜSSEL taz | Die groß angekündigte Reform der Währungsunion wird zum
Rohrkrepierer. Einen Tag vor dem EU-Gipfel, bei dem der Umbau eingeleitet
werden soll, wies die Bundesregierung am Mittwoch zentrale Vorschläge aus
Brüssel zurück. Gemeinschaftsanleihen, sogenannte Eurobonds, soll es nicht
geben, ebenso wenig ein eigenes Eurobudget. Auch die Bankenunion fällt
weniger ehrgeizig aus als geplant.
Einen „ehrgeizigen Fahrplan“ mit „konkreten Maßnahmen“ zum Umbau der
Währungsunion hatte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im November
gefordert. Doch am Mittwoch hieß es in Berliner Regierungskreisen, viel
mehr als ein Brainstorming sei von diesem Gipfel nicht zu erwarten. Im
Mittelpunkt solle die Wettbewerbsfähigkeit stehen.
Dazu gibt es zwar bereits den sogenannten Euro-Plus-Pakt, doch der geht
Merkel nicht weit genug. Vielmehr sollen sich die Euroländer künftig auf
neue, verbindliche „Reformverträge“ mit Brüssel einlassen. Dabei könne es
um die Flexibilisierung der Arbeitsmärkte gehen, hieß es. Bei
Nichteinhaltung der Verträge müsse man auch über Sanktionen nachdenken. Wie
sich das mit den demokratischen Vorrechten der nationalen Parlamente und
der Tarifautonomie verträgt, blieb offen.
Klar ist hingegen, was Merkel nicht will: Eurobonds sind für die Kanzlerin
ebenso tabu wie ein eigenes, permanentes Budget für die Eurozone. Ein
solches hatte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy vorgeschlagen. Merkel
schaltete auf stur: Die EU-Präsidenten sollten doch endlich aufhören, die
Budgetdisziplin auszuhebeln. Es klang wie eine Ohrfeige für Van Rompuy.
Mit Unterstützung kann der Belgier dagegen aus Frankreich rechnen. Der
französische Staatschef François Hollande brachte sogar die Idee ins Spiel,
aus dem Eurobudget eine gemeinsame Arbeitslosenversicherung zu finanzieren.
Doch auch er holte sich schon vor dem Gipfel eine Abfuhr aus Berlin: Die
Versicherungssysteme seien viel zu unterschiedlich, eine Harmonisierung
könne „im Ernst niemand wollen“.
## Einigung bei Bankenaufsicht greifbar
Eine Einigung zeichnet sich immerhin bei der neuen Bankenaufsicht ab. Kurz
vor einem Treffen der Finanzminister am Abend in Brüssel kamen sich Berlin
und Paris positionsmäßig näher. Geplant ist offenbar, dass die Europäische
Zentralbank nur große, systemrelevante Banken und solche Institute
überwachen sollen, die vom Staat gestützt werden. Sparkassen und
Genossenschaftsbanken sollen hingegen, wie von Berlin gewünscht, national
beaufsichtigt bleiben.
Allerdings wäre auch dieser Kompromiss kein großer Wurf. Großbritannien und
Schweden haben bereits erklärt, dass sie der neuen Aufsicht fernbleiben.
Und die entscheidenden Schritte – ein Abwicklungsfonds für Pleitebanken,
eine gemeinsame Einlagensicherung – fehlen weiter.
Letztlich wolle man keine Bankenunion, sondern nur eine Harmonisierung der
Regeln, sagte ein Regierungsberater. Beim EU-Gipfel im Juni hatte das noch
ganz anders geklungen. Damals hieß es, die Bankenunion solle den
Teufelskreis aus Schulden- und Finanzkrise durchbrechen und verhindern,
dass Länder wegen riskanter Bankgeschäfte pleitegehen. In Irland ist genau
dies passiert, in Spanien droht eine Wiederholung. Doch die Reform kommt
nur im Schneckentempo voran – wie der Aufbau einer „vollständigen“,
krisenfesten Währungsunion.
13 Dec 2012
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Brüssel
Berlin
Eurobonds
EU-Gipfel
EU
Bankenunion
EU
Ärztinnen
Brüssel
Europäische Union
EU-Finanzpolitik
Eurobonds
Eurokrise
Europa
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kommentar EU-Bankenunion: Die unsolidarischen Deutschen
Die Bundesregierung blockiert europäische Regelungen zur Abwicklung von
Pleitebanken. So wächst die Wut auf die deutsche Dominanz weiter.
Gewerkschaften empört: Brüssel will Entlassungen erleichtern
Die EU plant, auch über Tarife und Arbeitsrecht zu bestimmen.
Arbeitnehmervertreter warnen vor einem Angriff auf die Tarifautonomie.
Gesundheitswesen in Spanien: Die große Wut der „weißen Flut“
Seit Wochen demonstrieren Ärzte und Klinikangestellte in Madrid gegen
Einsparungen im Gesundheitssystem. Die Proteste zeigen erste Erfolge.
Brüsseler Jahresbilanz: Die große Euro-Reform muss warten
Die Eurozone wird erst im Juni ausgebaut. Merkel will mehr Wettbewerb,
Hollande mehr Solidarität. Beide sind mit dem EU-Gipfel zufrieden – die SPD
nicht.
EU verschiebt Reform der Eurozone: Bundeskanzlerin blockiert
In zentralen Punkten sind sich die EU-Politiker auch weiterhin nicht einig.
Besonders Bundeskanzlerin Merkel gingen die Vorschläge viel zu weit.
EU beschließt Bankenaufsicht: Kontrolle kommt, Zoff geht weiter
Systemrelevante Großbanken werden künftig von der EZB überwacht, Sparkassen
bleiben außen vor. Doch Paris und Berlin sind sich nicht einig.
Plan des EU-Ratspräsidenten: Neuer Finanzausgleich für die EU
Als langfristige Maßnahme gegen die Krise setzt Herman Van Rompuy auf einen
neuen Finanztopf. Eurobonds kommen hingegen nicht mehr vor.
Kolumne Überleben in der Krise: Die Zukunft ist leider schon da
Firmenanteile gegen Kündigungsschutz – ein schlechter Tausch. Die Krise
verschärft das Lohn- und Arbeitsrechte-Dumping und die Gewerkschaften
verlieren an Macht.
Debatte Europa: Diese Krise ist keine Chance
In Berlin und Brüssel glauben viele, die EU werde gestärkt aus der Krise
hervorgehen. Sie liegen falsch. Sie ist dabei, sich selbst abzuwickeln.
EU-Herbstgipfel in Brüssel: Schäuble gegen den Rest Europas
Der deutsche Finanzminister bringt Brüssel und Paris mit unabgestimmten
Reformideen gegen sich auf. Die Reaktionen sind verhalten.
EU-Ratspräsident für gemeinsame Kasse: Mit Zuckerbrot und Peitsche
EU-Ratspräsident Van Rompuy schlägt ein gemeinsames Budget für die
Euroländer vor. Begleitet werden soll das mit verschärfter Disziplin.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.