# taz.de -- EU-Ratspräsident für gemeinsame Kasse: Mit Zuckerbrot und Peitsche | |
> EU-Ratspräsident Van Rompuy schlägt ein gemeinsames Budget für die | |
> Euroländer vor. Begleitet werden soll das mit verschärfter Disziplin. | |
Bild: Der gestrenge Herman van Rompuy mit disziplinarischem Heiligenschein. | |
BRÜSSEL taz | Die Eurogruppe soll ein eigenes Budget bekommen, um die | |
„finanzielle Solidarität“ unter den 17 Mitgliedsländern zu stärken. | |
Gleichzeitig soll die Überwachung von sogenannten Schuldensündern durch | |
verbindliche Reformprogramme verschärft werden. Dies geht aus einem Entwurf | |
von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy für den EU-Gipfel in zwei Wochen | |
hervor, der der taz vorliegt. | |
Bisher gibt es nur ein gemeinsames Budget für alle 27 EU-Staaten. Es ist so | |
eng bemessen, dass es nicht ausreicht, um Impulse gegen die scharfe | |
Wirtschafts- und Finanzkrise in Südeuropa zu geben. Auch der im Juni | |
beschlossene neue Wachstumspakt, den Frankreich angestoßen hatte, hat daran | |
nicht viel geändert – bisher ist er nicht einmal einsatzfähig, da die | |
Finanzmittel noch nicht freigegeben sind. | |
Van Rompuy schwebt nun eine neue Mischung aus Zuckerbrot und Peitsche vor: | |
Es gehe darum, „Mechanismen zu entwickeln, die eine nicht nachhaltige | |
Budgetpolitik verhindern und finanzielle Solidarität ermöglichen“, heißt es | |
in seinem Entwurf an die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die | |
anderen Staats- und Regierungschefs. Außerdem sollen „individuelle | |
Reformverträge“ eingeführt werden, um die Euroländer noch enger an die | |
Brüsseler Kandare zu nehmen. | |
## Verschärfte Kontrolle –unklare Finanzierung | |
Deutschland und Frankreich könnten an diesen Vorschlägen durchaus Gefallen | |
finden. Aus deutscher Sicht würde damit die Kontrolle über „Schuldensünder… | |
verschärft. Außerdem würden gemeinsame Staatsanleihen in weite Ferne | |
rücken. Zwar hat sich auch Van Rompuy immer wieder für diese sogenannten | |
Eurobonds ausgesprochen; in seinem neuen Entwurf ist davon jedoch keine | |
Rede mehr. | |
Auch Frankreich dürften die Ideen des belgischen Ratspräsidenten Spaß | |
machen. Finanzminister Pierre Moscovici hatte sich in einer Rede vor dem | |
Brüsseler Thinktank Bruegel bereits Anfang September für eine gemeinsame | |
Finanzpolitik der Eurozone und sogar für einen Euro-Finanzminister | |
ausgesprochen. Ein gemeinsames Budget könnte der erste Schritt sein. | |
Allerdings ist noch völlig unklar, wie ein Eurobudget finanziert werden | |
soll. Bisher sind sich die EU-Länder nicht einmal über das EU-Budget für | |
das kommende Jahr einig, auch über den mehrjährigen Finanzrahmen ab 2014 | |
gibt es Streit. Außerdem dürften EU-Länder, die nicht der | |
Gemeinschaftswährung angehören, den Plan mit Misstrauen sehen. Schließlich | |
könnte er den Graben zwischen Euro- und Nichteuroländern vertiefen und ein | |
„Europa der zwei Geschwindigkeiten“ befördern. | |
Außerdem hat die Eurogruppe noch andere, akute Sorgen. So ist immer noch | |
unklar, ob Griechenland neue Notkredite bekommt, die es dringend zum | |
finanziellen Überleben im Euro braucht. Offen ist auch, ob Spanien weitere | |
Hilfen beantragt. Die französische Regierung hat Madrid dazu ermuntert, | |
doch Berlin steht auf der Bremse. Offenbar würde die Bundesregierung gern | |
ein „Paket“ aus Griechenland, Spanien und dem nächsten Wackelkandidaten | |
Zypern schnüren. Für Merkel wäre es so leichter, die ungeliebten Hilfen | |
durch den Bundestag zu bringen. | |
3 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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