# taz.de -- Schuldenkrise in Südeuropa: Erleichterung bei den Iberern | |
> Spanien muss niedrigere Zinsen zahlen, Portugal wagt sich wieder auf den | |
> Kapitalmarkt. Das freut den Bundeswirtschaftsminister. | |
Bild: Lobte die Sparbereitschaft der spanischen KollegInnen: Philipp Rösler (l… | |
BERLIN taz | Erleichterung für Spanien: Am Donnerstag konnte sich die | |
Regierung in Madrid billiger Geld besorgen als zuvor. Die Zinsen für | |
fünfjährige Staatsanleihen sanken um rund 1,5 auf 4,8 Prozent – eine Folge | |
der Hilfszusicherung der Europäischen Zentralbank von Anfang September. | |
Auch für Portugal scheint sich die Lage etwas zu entspannen – zumindest an | |
den Finanzmärkten. Am Mittwoch wagte sich das Land erstmals wieder an die | |
Anleihenmärkte, seit es vor eineinhalb Jahren begann, seine Schulden mit | |
Hilfe des europäischen Rettungsschirms zu refinanzieren. Portugal tauschte | |
kurzfristige Schuldanleihen bis Ende 2013 gegen längerfristige mit | |
niedrigen Zinsen. | |
Dadurch bleibt mehr Zeit bei der Rückzahlung der Schulden. Trotzdem ist | |
Lissabon gezwungen, neben der Einkommensteuer auch die Kapital-, | |
Vermögens-, Luxus-, Tabak- und die Finanztransaktionssteuer zu erhöhen, um | |
die internationalen Sparauflagen zu erfüllen. Nach starken Protesten hat | |
die Regierung lediglich die Erhöhung der Sozialabgaben abgeblasen – | |
trotzdem kündigten Gewerkschaften einen Generalstreik an. | |
Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sieht die beiden iberischen | |
Staaten trotz allen Schwierigkeiten im Aufwind. „Spaniens Reformen zeigen | |
erste Erfolge. Mehr noch als bisher sollte das auch in der Öffentlichkeit | |
dargestellt werden. Da ist bereits vieles geleistet worden“, sagte er der | |
taz. Während eines Besuchs bei seinem spanischen Amtskollegen Luis de | |
Guindos stellte er klar, dass Deutschland nichts gegen einen Hilfsantrag | |
Madrids beim Euro-Rettungsfonds ESM habe. | |
## „Enorme Reformanstrengungen“ | |
Auch die Reformen in Portugal sieht Rösler positiv. Das Land sei ein Beweis | |
dafür, dass entschlossene Reformpolitik in Europa funktionieren würden. | |
„Portugal hat in den letzten zwei Jahren einen sehr harten Haushaltskurs | |
gefahren und enorme Reformanstrengungen auf den Weg gebracht. Dagegen wirkt | |
die Agenda 2010 trotz aller Umwälzungen bescheiden“, sagte Rösler der taz. | |
Der finanzpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Gerhard Schick, | |
sieht dagegen beide iberischen Staaten auf dem Holzweg. In den vergangenen | |
Tagen hat der Bundestagsabgeordnete unter anderem den Direktor des | |
spanischen Bankenrettungsfonds in Madrid getroffen. | |
Schicks pessimistische Einschätzung: „Ähnlich wie Griechenland steckt | |
Spanien in einem negativen Zyklus aus Rezession, staatlicher Sparpolitik | |
und steigenden Schulden.“ Die gesamte Höhe der öffentlichen und privaten | |
Verbindlichkeiten sei in Spanien inzwischen größer als in Griechenland, | |
sagt Schick. | |
Auf der Iberischen Halbinsel schrumpft die Wirtschaft weiter, die | |
Arbeitslosigkeit nimmt zu. Portugal steckt in der tiefsten Rezession seit | |
über 30 Jahren. Angesichts ihrer sinkenden Einnahmen versucht die spanische | |
Regierung, zusätzlich zu sparen. Sie legt das fünfte Sparprogramm innerhalb | |
von zehn Monaten auf. Dieser Teufelskreis führe dazu, dass die Wirtschaft | |
noch mehr leide, meint Schick. | |
## Hilfsmilliarden | |
Am Ende brauche das Land zusätzliche europäische Hilfsmilliarden. „Die | |
aktuelle Politik macht die spanische Krise für uns teurer“, sagt Schick. Er | |
plädiert dafür, die staatlichen Einnahmeausfälle nicht durch verschärftes | |
Sparen auszugleichen. Stattdessen sollten IWF, Eurogruppe und EZB Madrid | |
gestatten, zu investieren – etwa in den Aufbau einer modernen | |
Energieinfrastruktur, die das Land von Importen unabhängiger machen könnte. | |
Außerdem zweifelt der Grünen-Finanzpolitiker an der Konstruktion der | |
geplanten spanischen Bad Bank. Sie soll faule Immobilienkredite und | |
Immobilien übernehmen, um Banken des Landes vor der Pleite zu bewahren. | |
Damit die Summen des Rettungsfonds nicht auf den staatlichen Schuldenstand | |
angerechnet werden, will die Regierung Privatinvestoren beteiligen, die | |
eine höhere Rendite verlangen. Dadurch stiegen aber letztlich die Kosten | |
für den Staat – und für die Steuerzahler. | |
4 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
H. Koch | |
I. Arzt | |
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