# taz.de -- Schuldenkrise in Spanien: Bildung? Zu teuer! | |
> Das Parlament in Madrid verabschiedet einen weiteren harten Sparhaushalt | |
> – gegen die Stimmen der Opposition. Tausende fordern den Rücktritt der | |
> Regierung. | |
Bild: Vor den Absperrgittern der Polizei fordern die Demonstranten ein neues Pa… | |
MADRID taz | Spaniens Parlament hat nach zweitägiger Debatte am Mittwoch | |
den dritten Sparhaushalt in Folge verabschiedet. Nur die Abgeordneten der | |
regierenden Volkspartei (PP) des konservativen Ministerpräsidenten Mariano | |
Rajoy stimmten zu. Die Opposition, die insgesamt 11 Anträge auf Rückweisung | |
des gesamten Haushalts stellte, stimmte geschlossen gegen die Finanzplanung | |
für 2013, die aus ihrer Sicht „das Leiden der Familien erhöht“. | |
Um das Defizit auf die von der EU verordneten 4,5 Prozent des | |
Bruttoinlandsprodukts (BIP) bis Ende 2013 zu senken, werden gegenüber dem | |
Vorjahr 40 Milliarden Euro eingespart. 58 Prozent davon kommen aus neuen | |
Kürzungen, der Rest aus neuen Verbrauchssteuern und Abgaben. | |
Während der Plenarsitzung war das Parlament in der Madrider Innenstadt | |
weiträumig von 1.500 Polizisten abgeriegelt. In der Nacht von Dienstag auf | |
Mittwoch forderten Tausende Demonstranten den Rücktritt der Regierung. In | |
einer großen Versammlung vor dem Absperrgitter der Polizei wurden | |
Vorschläge für einen sozialeren Haushalt sowie Ideen für eine neue | |
Verfassung diskutiert. | |
Anders als bei ähnlichen Aktionen in der Vergangenheit versuchte die | |
Polizei nicht, die Demonstration aufzulösen. Am Samstag soll das Parlament | |
erneut umzingelt werden, und für den 14. November rufen die Gewerkschaften | |
zu einem Generalstreik auf. | |
Finanzminister Cristóbal Montoro heizte gleich zu Beginn der Debatte die | |
Stimmung an. Der Konservative bezeichnete seine Finanzplanung unter lauten | |
Protesten als „den sozialsten Haushalt in der Geschichte der spanische | |
Demokratie“. „Sie gießen Öl ins Feuer“, hielt ihm der Sprecher der | |
Vereinigten Linken (IU) Cayo Lara, bevor er sich mit seiner Fraktion den | |
Demonstranten anschloss. | |
## Staatliche Förderung: gestrichen | |
Die Zahlen sprechen für sich. Die Ministerien büßen im Schnitt 8,6 Prozent | |
ihres Etats ein. Das Arbeitslosengeld wird zusammengestrichen, die | |
Stipendien werden kleiner, das Pflegegeld wird gekürzt. Im Gesundheitswesen | |
fehlen künftig 22,6 Prozent der bisherigen Zuwendungen, die öffentlichen | |
Bauarbeiten an Straßen- und Schnellbahntrassen werden fast völlig | |
eingestellt. Staatliche Förderung der Forschung wird es kaum noch geben. | |
Auch der Bildungshaushalt der Zentralregierung wird um knapp ein Drittel | |
gekürzt. Am schlimmsten trifft es behinderte und sozial schwache Schüler: | |
Die Gelder für Förderprogramme werden um 68 Prozent zusammengestrichen. | |
Nur die Renten werden vorerst verschont. Sie sollen im kommenden Jahr an | |
die Preissteigerung angepasst werden. Und ein Posten wird deutlich | |
aufgestockt: Die Zinsen für die Staatsverschuldung werden 2013 trotz der | |
Sparmaßnahmen 38 Milliarden der rund 124 Milliarden Euro des Gesamtetats | |
verschlingen. Das ist mehr als allen Ministerien zusammen zur Verfügung | |
steht. | |
„Dieser Haushalt ist nicht glaubwürdig und wird bald schon überarbeitet | |
werden müssen“, ist sich Soraya Rodríguez sicher, Sprecherin der größten | |
Oppositionspartei PSOE. Denn die Wirtschaftsprognosen, die dem Haushalt | |
zugrunde liegen, gehen von einer Rezession von 0,5 Prozent aus. Der | |
Internationale Währungsfonds (IWF) prophezeit aber einen Rückgang des BIP | |
von 1,3 Prozent. | |
24 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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