# taz.de -- EU beschließt Bankenaufsicht: Kontrolle kommt, Zoff geht weiter | |
> Systemrelevante Großbanken werden künftig von der EZB überwacht, | |
> Sparkassen bleiben außen vor. Doch Paris und Berlin sind sich nicht | |
> einig. | |
Bild: Frankreichs Finanzminister Pierre Moscovici | |
BRÜSSEL taz | Angela Merkel schwelgte. Die Einigung zur Bankenaufsicht sei | |
„gar nicht hoch genug einzuschätzen“, die Regierung habe ihre | |
„Kernforderungen durchgesetzt“, sagte die Kanzlerin am Donnerstag in | |
Berlin. In der Nacht zuvor hatten sich die EU-Finanzminister in Brüssel | |
geeinigt, systemrelevante Großbanken künftig unter die zentrale Aufsicht | |
der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt zu stellen. | |
Zunächst sah es tatsächlich nach einem gelungenen deutsch-französischen | |
Kompromiss aus, bei dem Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble die „roten | |
Linien“ der Regierung verteidigt hatte. Frankreich hatte seit Wochen Druck | |
gemacht, um bis zum Jahresende die neue Aufsicht auf die Beine zu stellen. | |
Deutschland dagegen versuchte, Sonderkonditionen etwa für die deutschen | |
Sparkassen durchzusetzen. Mit Erfolg: Unter die Fuchtel der EZB kommen nun | |
nur Geldhäuser mit einer Bilanzsumme von über 30 Milliarden Euro oder mehr | |
als 20 Prozent der Wirtschaftskraft ihres Heimatlandes. Statt wie zunächst | |
geplant 6.000 Banken sind lediglich 150 betroffen – darunter die Deutsche | |
Bank, aber wohl auch die Hamburger Sparkasse. | |
Für die meisten Institute und Kleinanleger ändert sich also wenig. Als | |
Erfolg duften Merkel und Schäuble auch werten, dass bei der EZB Geldpolitik | |
und neue Aufsicht strikt getrennt werden sollen. Berlin war dies besonders | |
wichtig, um die Unabhängigkeit der Zentralbank zu wahren. Bei Konflikten | |
zwischen den Zentralbankern und dem Aufsichtsgremium soll künftig ein | |
Vermittlungsausschuss das letzte Wort haben. | |
## Der Koalition in die Hände gespielt | |
Günstig ist für die schwarz-gelbe Bundesregierung auch, dass die Aufsicht | |
frühestens im März 2014 ihre Arbeit aufnimmt, also nach der Bundestagswahl. | |
Denn sobald die neue Kontrollinstanz funktioniert, können auch Direkthilfen | |
aus dem Eurorettungsfonds ESM an notleidende Banken fließen – und das ist | |
für viele Wähler ein rotes Tuch. | |
Allerdings währte die Freude nicht lange. Frankreich interpretiert die | |
Einigung nämlich anders als Deutschland: Geld aus dem ESM könne schon | |
früher fließen, sagte Finanzminister Pierre Moscovici. Ein Beschluss der | |
Finanzminister genüge. Zum anderen wollen drei Länder gar nicht erst | |
mitmachen: Großbritannien, Schweden und Tschechien bleiben außen vor. Damit | |
ist unklar, ob das eigentliche Ziel – der Aufbau einer schlagkräftigen | |
Bankenunion – gelingt. | |
Nach der Aufsicht will die EU nämlich noch einen Abwicklungsfonds für | |
Pleite-Banken und eine gemeinsame Einlagensicherung schaffen. Stattdessen | |
entsteht nun im Finanzsektor ein unüberschaubarer Flickenteppich, fürchten | |
Kritiker. | |
13 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
Eric Bonse | |
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