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# taz.de -- Ökonom über EZB-Bankenaufsicht: „Sparkassen sind too big to fai…
> Nationale Aufseher sind parteiisch, sagt der französische Ökonom Nicolas
> Véron. Deutschland sei zumindest in der Bankenkrise einer der größten
> Sünder.
Bild: Nicolas Verón sieht die EZB „als eine Art Brutkasten für Aufsichtsfun…
taz: Was erwarten Sie vom am Donnerstag anlaufenden EU-Gipfel?
Nicolas Véron: Ich denke, die notwendigen langfristigen Entscheidungen,
etwa was die Stärkung und Reform des europäischen Parlaments angeht, müssen
erst noch debattiert werden und können noch nicht entschieden werden. Aber
ich erwarte große Fortschritte – und vielleicht sogar eine entgültige
Entscheidung – über die gemeinsame Bankenaufsicht. Wenn die Entscheidung
erst im Januar käme, wäre das aber auch nicht das Ende der Welt.
Sie waren einer der Ersten, der eine europäische Bankenunion forderte.
Warum ist dies so wichtig?
Europa hat einerseits einen sehr integrierten Finanzmarkt, andererseits
fehlen aber gesamteuropäische Instrumente zur Bankenaufsicht. Das ist wie
in einem Fussballspiel, wo es für jedes Team einen eigenen Schiedsrichter
gibt. Das Resultat: Die Schiedsrichter sind nicht unparteiisch. Genauso
sind nationale Aufseher in Europa fast ohne Ausnahme zu Verteidigern und
Verfechtern ihrer lokalen Banken geworden – anstatt sicherzustellen, dass
sie robust sind.
Wird die EZB nicht auch vor Interessenkonflikten stehen, wenn sie die
Aufsicht übernimmt?
Ich war kein Fan davon, die europäische Bankenaufsicht in der EZB zu
platzieren. Aber es ist trotzdem viel besser, als was wir zurzeit haben.
Mittelfristig sehe ich die EZB als eine Art Brutkasten für
Aufsichtsfunktionen, die wahrscheinlich in Zukunft unabhängiger von der
Zentralbank gemacht werden müssen – genau wegen dieses
Interessenkonfliktes. Aber erst einmal muss dieser europäische Aufseher
gegründet werden. Deswegen sind die Vorschläge ein großer Schritt nach
vorne.
Welche Rolle hätte eine solche Aufsichtsbehörde denn in der Krise spielen
können?
Die nationale Aufsicht hat dazu geführt, dass wir alle Banken in Notlage
gerettet haben, sodass es zu wenig Anreize für Institute gibt, sich solide
zu verhalten. Dies begann übrigens in Deutschland, mit der Rettung der IKB
oder der SachsenLB. Dadurch wurde die Erwartung geschaffen, dass alle
Banken – egal wie klein – gerettet werden würden. Das wäre mit einer
europäischen Aufsicht nicht passiert. Im Gegensatz zum fiskalischen Bereich
ist Deutschland im Bezug auf die Bankenkrise einer der größten Sünder.
Warum sollten kleine, systemisch irrelevante deutsche Sparkassen von der
EZB überwacht werden?
Wenn ich von außen auf die deutschen Sparkassen schaue, sehe ich nicht 400
kleine, dezentrale Institute, sondern eine riesige Bank – weil sie
gegenseitig finanziell füreinander garantieren. Sparkassen sind zwar
unabhängig verwaltet, aber was systemische Risiken und Stabilität angeht,
sind die deutschen Sparkassen eine einzige „too-big-to-fail“-Bank, weil sie
zunächst regional, und dann bundesweit, für ihre Verluste einstehen.
Halten Sie die deutschen Sparkassen etwa für genauso gefährlich wie die
spanischen Cajas?
Nein, sie sind sehr unterschiedlich, denn die spanischen Cajas sind
finanziell unabhängig voneinander. Ob das gut oder schlecht ist, kommt aber
auf die Perspektive an: Die Cajas können dadurch pleitegehen – was
teilweise ja auch gerade passiert. Das kann natürlich Instabilität
schaffen, andererseits aber auch Marktdisziplin. Diese Disziplin fehlt bei
Deutschlands Sparkassen. Gerät eine Sparkasse in Probleme, wird sie von
einer benachbarten gerettet – im Notfall auch vom bundesweiten
Sparkassensystem. In beiden Fällen wäre eine neutrale europäische Aufsicht
besser.
12 Dec 2012
## AUTOREN
Cédric Koch
## TAGS
EZB
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Reform
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