# taz.de -- Neues US-Spähprogramm enthüllt: Gegen XKeyscore ist Prism harmlos | |
> Überwachung in Echtzeit. Eine weitere und sehr potente Spionagesoftware | |
> ist dank Edward Snowden bekannt geworden. Die US-Regierung wiegelt ab. | |
Bild: Hightech: Die NSA sieht alles. Sofort | |
WASHINGTON taz | Um die Gemüter zu beruhigen, machte die US-Regierung am | |
Mittwoch zum ersten Mal in der NSA-Affäre vertrauliche Informationen | |
öffentlich. Minuten später legte der Guardian nach: Mit „XKeyscore“ wurde | |
ein weiteres Überwachungsprogramm enthüllt. Neue Dokumente des ehemaligen | |
Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden untermauern den Vorwurf, dass der | |
US-Geheimdienst weltweit unbegrenzt und ohne Zustimmung eines Richters | |
E-Mails, Online-Chats und Anderes ausspionieren kann. | |
Barack Obamas Sprecher, Jay Carney, dementierte einen flächendeckenden | |
Missbrauch. Das Programm sei nur einem kleinen Personenkreis zugänglich und | |
unterliege strengsten „gegenseitigen Kontrollen“. Zum Ausmaß der möglichen | |
Überwachung mit XKeyscore wurden keine Angaben gemacht. | |
„Welches Überwachungsprogramm kommt eigentlich als nächstes auf uns zu?“, | |
fragte der vorsitzende demokratische Senator Patrick Leahy im | |
Rechtsausschuss des Senats, vor dem gerade der stellvertretende | |
NSA-Direktor John Inglis und Vize-Justizminister James Cole kritische | |
Fragen beantworten sollten. | |
Leahy ahnte nicht, dass Minuten zuvor Guardian-Journalist Glenn Greenwald | |
die nächste Bombe von Ex-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden online | |
platzen ließ: Eine NSA-Präsentation über XKeyscore. Es ermögliche | |
NSA-Mitarbeitern rund um die Uhr und die Erde Zugriff auf riesige Mengen | |
persönlicher Daten. | |
## Personen einkreisen | |
Durch XKeyscore können sie dem Dokument von 2008 zufolge Aktivitäten von | |
Webnutzern in Echtzeit mitverfolgen. Mit speziellen Filtern ließen sich | |
auch Personen einkreisen, die aus der Reihe fallen – etwa | |
deutsch-sprechende Menschen in Pakistan. Unter anderem könne das Programm | |
die IP-Adresse jedes Besuchers einer bestimmten Website erfassen. | |
Im Vergleich zu XKeyscore war das von der Regierung offengelegte | |
fünfseitige NSA-Papier harmlos und alt. Es handelt sich um Berichte aus den | |
Jahren 2009 und 2011, außerdem den Beschluss des Geheimgerichts Fisa, der | |
vorgibt, nach welchen Regeln die Daten gespeichert und Ermittlern | |
zugänglich gemacht werden sollen. Danach muss ein Handynetzbetreiber den | |
Ermittlern identifizierte Metadaten zugänglich machen. | |
Die gesammelten Daten enthielten aber keine Namen, keinen Ort und nicht den | |
Inhalt der Gespräche, versicherte Vize-Justizminister Cole vor dem | |
Rechtsausschuss. Doch der zeigte sich nicht überzeugt. „Wir müssen | |
sorgfältig prüfen, ob wir mit diesen Gesetzen zu weit gegangen sind“, sagte | |
Leahy. Unter Umständen müsse das Programm ganz beendet werden. Auch das | |
Argument, dass durch die Praxis 54 Terrorattacken verhindert worden seien, | |
sei nicht stichhaltig. | |
## Das Vertrauen der Öffentlichkeit | |
In einer geheimen Liste dieser verhinderten Anschläge sei nicht die Rede | |
„von Dutzenden oder gar mehreren (verhinderten; d.Red.) Terroranschlägen“ … | |
erst recht nicht von 54, so Leahy. „Wenn das Programm nicht effektiv ist, | |
müssen wir es beenden.“ Und bislang sei er nicht überzeugt. Auch Präsident | |
Barack Obama sei bereit, die Praxis der Geheimdienste neu zu bewerten, um | |
der Öffentlichkeit ihr Vertrauen zurückzugeben, erklärte der Spitzenjurist | |
des Direktors der nationalen Nachrichtendienste Robert Litt. | |
Unterdessen ließ nebenan das Repräsentantenhaus in einer Anhörung Kritiker | |
der Datensammelwut zu Wort kommen. Unter ihnen sollte eigentlich auch | |
Guardian-Journalist Greenwald sein. Doch seine Schaltung via Skype kam dann | |
nicht mehr zustande. | |
1 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Antje Passenheim | |
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