Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Britischer Geheimdienst in Berlin: Empörung über mögliche Lausch…
> Union und SPD äußern sich besorgt über die Berichte zum britischen
> Spähposten in Berlin. Am Nachmittag hat der Außenminister deshalb den
> Botschafter einbestellt.
Bild: Verdächtig, verdächtig: der zylinderförmige Aufbau auf dem britischen …
BERLIN afp/dpa | Neue Berichte über Spionageaktivitäten in Berlin lassen
das Misstrauen deutscher Politiker gegenüber befreundeten Staaten wachsen.
Politiker von Union und SPD zeigten sich am Dienstag besorgt über mögliche
Ausspähungen des britischen Geheimdienstes und forderten eine
Neuausrichtung der Spionageabwehr: Diese müsse sich künftig verstärkt um
Aktivitäten von Geheimdiensten befreundeter Staaten kümmern.
Das Auswärtige Amt hat unterdessen auf den Verdachtsfall reagiert und den
britischen Botschafter einbestellt. Ein Sprecher des Außenministeriums
erklärte am Dienstag, der Botschafter sei auf Veranlassung von
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) zu einem Gesprächs ins Ministerium
eingeladen worden. Der Leiter der Europa-Abteilung habe um eine
Stellungnahme zu dem Bericht gebeten.
Die britische Zeitung [1][The Independent hatte am Dienstag berichtet],
dass auf dem Dach der britischen Botschaft in Berlin eine Abhöranlage
installiert sein könnte. Die Zeitung stützte diese Vermutung auf Unterlagen
zum US-Geheimdienst NSA „kombiniert mit Luftaufnahmen und den Erkenntnissen
über frühere Spähaktivitäten in Deutschland“.
Auf dem Dach der Botschaft in der Wilhelmstraße im Berliner
Regierungsviertel könnte der Zeitung zufolge „Ausrüstung der
Hochtechnologie“ zum Einsatz kommen. Den Angaben zufolge sieht ein dort
installierter weißer Zylinder anderen Einrichtungen des britischen
Geheimdienstes GCHQ „frappierend ähnlich“.
Die britische Botschaft will zu den Berichten keine Stellung beziehen. „Ich
kann zu geheimdienstlichen Aktivitäten keine Auskunft geben“, sagte eine
Mitarbeiterin in Berlin.
## Geheimdienste kontrollieren
Politiker von Union und SPD forderten als Reaktion auf den Bericht höhere
Wachsamkeit in Bezug auf Spionagetätigkeiten befreundeter Staaten. „Wir
müssen künftig auch ins Kalkül ziehen, dass wir von den eigenen Freunden
ausspioniert werden, so traurig das ist“, sagte der Vorsitzende des für
Geheimdienstkontrolle zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG)
des Bundestages, Thomas Oppermann (SPD), am Dienstag im Deutschlandfunk.
Die Spionageabwehr in Deutschland müsse sich entsprechend neu ausrichten
nach der Devise: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“ Er schlug
außerdem vor, dass die Partnerstaaten in der NATO und der EU ein
„Wertebündnis“ eingehen. Ziel solle es sein, dass sich die befreundeten
Länder „nicht wechselseitig ausspionieren.“
Auch Innenpolitiker der Union forderten Konsequenzen. „Die neuesten
Entwicklungen zeigen, dass man auch mit Großbritannien ein No-Spy-Abkommen
schließen sollte“, [2][sagte der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach dem
Tagesspiegel]. „Es ist zwar bedauerlich, dass solche Verträge unter
Partnern überhaupt notwendig sind, aber eine Komplettausspähung ist völlig
inakzeptabel.“
Der CSU-Abgeordnete Hans-Peter Uhl sagte dem Blatt: „Wir müssen es allen
Spionen, egal woher sie kommen, schwerer machen als sie es bisher haben.“
## Spionageabwehr schon lange aktiv
Die britische Botschaft in Berlin ist schon seit Bekanntwerden der
NSA-Affäre im Juli verstärkt im Visier der deutschen Spionageabwehr. Die
damals beim zuständigen Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) gebildete
Sonderarbeitsgruppe beschäftige sich nicht nur mit Spionageattacken der
US-Geheimdienste in Deutschland, sondern auch mit solchen von britischen
und französischen Nachrichtendiensten, teilte das BfV am Dienstag auf
Anfrage der dpa mit.
„Es werden alle Hinweise geprüft“, sagte eine Sprecherin. „Befreundete
Nachrichtendienste werden aber nicht systematisch beobachtet, sondern nur,
wenn es Anhaltspunkte gibt.“
In unregelmäßigen Abständen würden seit langem alle Botschaften in Berlin
mit Hubschraubern überflogen, um Hinweise auf eine Spionagetätigkeit zu
entdecken. Aber selbst wenn Antennen entdeckt würden, könne meist nicht
festgestellt werden, welchem Zweck sie dienten. Zudem gebe es keine
Handhabe für die deutschen Sicherheitsbehörden, Botschaften zu durchsuchen
– diese gelten rechtlich nicht als deutsches Staatsgebiet. Die Ergebnisse
der Nachforschungen würden den Aufsichtsbehörden wie dem
Bundesinnenministerium und dem Bundestagsgremium zur Kontrolle der
Geheimdienste mitgeteilt.
BfV-Präsident Hans-Georg Maaßen hatte sagte dem Focus mit Blick auf das
abgehörte Handy von Kanzlerin Angela Merkel gesagt, es sei fast unmöglich,
Spionen schon beim Anzapfen von Mobiltelefonen auf die Spur zu kommen. „Das
'passive Abhören' von Kommunikation, die per Funk übertragen wird, hätten
wir gar nicht detektieren können, weil bei einem 'passiven Abhören' keine
aktiven Funksignale ausgestrahlt werden“, sagte Maaßen dem Magazin.
## Umstrittene Asylfrage
In der Debatte um Asyl für den früheren US-Geheimdienstmitarbeiter Edward
Snowden blieb die Bundesregierung bei ihrer Ablehnung. „Es gibt keinen
Grund, Edward Snowden Asyl zu gewähren“, [3][sagte Bundesinnenminister
Hans-Peter Friedrich (CSU) dem Münchner Merkur]. „Er ist kein politisch
Verfolgter.“
Auch der designierte FDP-Vorsitzende Christian Lindner sprach dem früheren
US-Geheimdienstmitarbeiter diesen Status ab. Snowden Asyl zu gewähren, wäre
„das Kündigungsschreiben für die transatlantische Partnerschaft“, sagte
Lindner der Berliner Zeitung.
Die durch Snowden enthüllten umfassenden Spähaktivitäten vor allem der USA
sorgen seit Monaten für Empörung. Unter anderen Deutschland, Frankreich und
Spanien übten scharfe Kritik an den Aktivitäten. Bundeskanzlerin Angela
Merkel (CDU) beschwerte sich persönlich bei US-Präsident Barack Obama, als
bekannt wurde, dass ihr Handy jahrelang ausspioniert worden sein soll.
5 Nov 2013
## LINKS
[1] http://www.independent.co.uk/news/uk/home-news/revealed-britains-secret-lis…
[2] http://www.tagesspiegel.de/politik/britische-botschaft-spionagevorwuerfe-in…
[3] http://www.merkur-online.de/aktuelles/politik/edward-snowden-kein-politisch…
## TAGS
Geheimdienst
Großbritannien
SPD
CDU/CSU
Spionageabwehr
No-Spy-Abkommen
Schwerpunkt Überwachung
USA
Snowden
Großbritannien
David Cameron
Geheimdienst
Edward Snowden
NSA
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kommentar No-Spy-Abkommen: Zupf mal einer am Blümchen
Die US-Regierung hat wenig Interesse daran, Deutschland Zugeständnisse zu
machen. Es ist wieder Zeit für Trübsal – und für Eigeninitiative.
Britische Chef-Spione: Gar nicht wie James Bond
Im britischen Parlament sind die Leiter der Geheimdienste befragt worden.
Sie sagen, sie arbeiten mit hohen ethischen Standards im Interesse des
Landes.
EU-Parlamentspräsident über Spionage: „Europa ist kein Karnevalsverein“
Europa muss unabhängiger von den USA werden, sagt SPD-Politiker und
EU-Parlamentspräsident Schulz. Ein eigener Geheimdienst wie die NSA sei
aber nicht nötig.
Kommentar Britische Botschaft: Britische Obsessionen
Berlin wird abgehört, auch vom Dach der britischen Botschaft aus. Nothing
new. Die Briten sind von Überwachung besessen.
Bericht über Spionage in Berlin: Jetzt auch noch die Briten
Laut „Independent“ betreibt der britische Geheimdienst weltweit
Abhörstationen in diplomatischen Vertretungen. Eine soll mitten in der
Hauptstadt Berlin sein.
Offener Brief an David Cameron: Bürgerrechtler schützen „Guardian“
In einem Schriftstück haben rund 70 Organisationen den britischen Premier
aufgefordert, die Freiheitsrechte zu wahren. Der Druck auf die Zeitung
müsse aufhören.
Europäische Geheimdienstkooperation: Die großen Ohren im Norden
Spione vieler Länder sollen zusammengearbeitet haben. Eine zentrale Rolle
spielt dabei Schweden, durch dessen Gebiet mehrere wichtige Kabel
verlaufen.
Asyl für Snowden in Deutschland: Liebegrüße nach Moskau
Plötzlich wollen ihn alle sehen. Die einen fordern Asyl für Snowden, die
anderen sind dafür, den Whistleblower zur Befragung nach Deutschland holen.
Ausspähaffäre der USA: Spionage auf UN-Klimakonferenz
Auch die Klimakonferenz in Bali 2007 soll ausgespäht worden sein. Die USA
scheinen aber künftig immerhin auf Industriespionage in Deutschland
verzichten zu wollen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.