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# taz.de -- Reduzierung von Treibhausgasen: Japans Regierung kippt eigene Ziele
> Das Ziel der japanischen Regierung ist es, zur Atomkraft zurückzukehren.
> Bis dahin wird auf fossile Energieträger gesetzt.
Bild: Dreck kann auch ganz romantisch aussehen: Industriegebiet bei Tokio
TOKIO taz | Der Inhalt überraschte weniger als das Timing: Ausgerechnet
während der Verhandlungen über einen neuen Klimaschutzvertrag in Warschau
hat Japans Regierung ihr ehrgeiziges Ziel gekippt, im Jahr 2020 ein Viertel
weniger Treibhausgase als noch 1990 auszustoßen.
Wegen der seit dem Super-GAU in Fukushima abgeschalteten Atomkraftwerke
würden die Emissionen gegenüber 2005 nur um 3,8 Prozent zurückgehen, lautet
die neue Marke der Japaner. Verglichen mit dem alten Basisjahr 1990 werde
Japan 2020 sogar 3 Prozent mehr CO2 erzeugen, räumte die Regierung ein.
Die Umweltorganisation WWF nannte die Auswirkung der Ankündigung auf den
Klimagipfel der Vereinten Nation in Warschau „verheerend“. Inga Römer,
Klimaexpertin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND),
sprach von einem „Schlag ins Gesicht der Klimaopfer“. Klimaschädliche
Brennstoffe dürften nicht vermehrt eingesetzt werden, kritisierte Martin
Kaiser, Delegationsleiter von Greenpeace in Warschau.
Die tiefe Enttäuschung ist verständlich: Mit Japan verliert die globale
Klimaschutzbewegung einen wichtigen Motor. Die drittgrößte Volkswirtschaft
der Welt sah sich im Gegensatz zu China und den USA immer als Vorreiter von
Energieeffizienz und Klimaschutz. Dass der bisher einzige Klimavertrag den
Namen der Stadt Kioto trägt, verstand man in Japan als Verpflichtung.
Dadurch kam vor vier Jahren auch das wegweisende Klimaversprechen zustande.
## Mehr Öl, Gas und Kohle
Allerdings galt die Selbstverpflichtung schon damals als unrealistisch. Ein
Viertel weniger Emissionen als 1990 wäre nur mit mehreren neuen
Atomkraftwerken gelungen – und mit hohen Investitionen der Schwerindustrie,
die sich jedoch heftig wehrte.
Spätestens seit der Atomkatastrophe vom März 2011 war die Marke das Papier
nicht mehr wert, auf dem sie gedruckt stand. Alle 50 Atomreaktoren gingen
vom Netz. Bis dahin hatten sie ohne jeden Ausstoß von Treibhausgasen knapp
30 Prozent des Stroms produziert. Als Ersatz verbrennt Japan fast die
Hälfte mehr Öl, Gas und Kohle als zuvor. Die Regierung sah sich deshalb
gezwungen, das frühere Ziel für unerreichbar zu erklären. Premierminister
Shinzo Abe betonte zwar die Vorläufigkeit der neuen Vorgabe und kündigte
„Gegenmaßnahmen“ an. Damit meinte der Atomkraftbefürworter jedoch nicht d…
schnellen Ausbau von erneuerbaren Energien, sondern den Neustart von
abgeschalteten Reaktoren.
Das neue Klimaziel wurde nämlich unter der Annahme kalkuliert, dass bis
2020 kein einziges Atomkraftwerk in Betrieb genommen wird. Da jedoch die
ersten Sicherheitsprüfungen schon laufen, dürften in den nächsten Jahren
bis zu zwei Dutzend Reaktoren wieder hochgefahren werden. Dann könnte es
Nippon zumindest gelingen, im Jahr 2020 nicht mehr CO2 zu produzieren als
30 Jahre zuvor.
Zudem kündigte Japan noch ein klimafreundliches Trostpflaster an. Bis 2015
will man mehr als 12 Milliarden Euro an günstigen Krediten und staatlicher
Förderung gewähren, damit sich Schwellenländer energieeffiziente
Technologien anschaffen, um weniger Treibhausgase zu erzeugen. Im Gegenzug
möchte sich Japan dafür Emissionskredite gutschreiben lassen. Die Zahl der
teilnehmenden Schwellenländer an dem Programm soll in den nächsten drei
Jahren verdoppelt werden. Doch das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass
Japan seine klimapolitischen Ambitionen aufgegeben hat.
15 Nov 2013
## AUTOREN
Martin Fritz
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