# taz.de -- Ströbele klagt vorm Verfassungsgericht: Mehr Transparenz beim Waff… | |
> Bei Rüstungsgeschäften muss die Bundesregierung das Parlament erst ein | |
> Jahr später informieren. Dagegen geht Hans-Christian Ströbele nun vor. | |
Bild: Heute in Niedersachsen, morgen vielleicht schon in einer Bananenrepublik:… | |
KARLSRUHE taz | Wann muss die Bundesregierung den Bundestag über deutsche | |
Rüstungsexporte informieren? Genügt es, wenn das Parlament mehr als ein | |
Jahr nach deren Genehmigung unterrichtet wird? Der Grünen-Abgeordneten | |
Hans-Christian Ströbele sieht darin seine Rechte als Parlamentarier | |
verletzt. Seine Klage verhandelte am Dienstag das Bundesverfassungsgericht. | |
Im Juli 2011 meldeten verschiedene Medien, die Bundesregierung habe die | |
Lieferung von 200 „Leopard“-Kampfpanzer an Saudi-Arabien grundsätzlich | |
genehmigt. Ströbele war entsetzt. Erst wenige Wochen zuvor hatte | |
Saudi-Arabien mit Panzern geholfen, die Demokratiebewegung im Nachbarstaat | |
Bahrain zu unterdrücken. | |
Er fragte deshalb die Bundesregierung, wie sie den Export von Panzern in | |
eine Krisenregion genehmigen könne. Außerdem sei Saudi-Arabien eine | |
Despotie, die die Menschenrechte missachte. Die Antwort der Bundesregierung | |
war knapp: Sie könne zu den Presseberichten nicht Stellung nehmen, denn die | |
Arbeit des Bundessicherheitsrats, in dem solche Entscheidungen fallen, sei | |
geheim. | |
Laut Grundgesetzartikel 26 muss die Bundesregierung über Rüstungsexporte | |
entscheiden. Dem Bundessicherheitsrat gehören die Kanzlerin und sieben | |
Minister an, darunter der Außen-, der Verteidigungs- und der Innenminister. | |
Bisher werden solche Entscheidungen erst im Jahr darauf zusammenfassend im | |
Rüstungsexportbericht mitgeteilt. In Karlsruhe verteidigte Innenminister | |
Thomas de Maizière (CDU) diese Praxis: „Über außenpolitische Fragen | |
entscheidet allein die Bundesregierung.“ Die Existenz einer deutschen | |
Rüstungsindustrie sei überdies „im nationalen Interesse“, wenn man nicht | |
abhängig sein wolle, ergänzte er. | |
## Über 11 Milliarden Euro Exporterlöse | |
Derzeit hat die deutsche Rüstungsbranche einen jährlichen Umsatz von 22,6 | |
Milliarden Euro. Davon gehe mehr als die Hälfte in den Export, erklärte | |
Hans Christoph Atzpodien, Präsident des Bundesverbands Deutscher | |
Sicherheits- und Verteidigungsindustrie. Der Exportanteil nehme sogar zu, | |
weil Deutschland und die Nato-Staaten ihre Rüstungshaushalte senkten. | |
Wenn das Bundesverfassungsgericht frühzeitige Informationen verlange, | |
„werden manche Staaten gar nicht mehr bei uns anfragen“, so der Lobbyist. �… | |
„Was soll die Geheimniskrämerei, wenn es doch schon in der Zeitung steht“, | |
entgegnete Ströbele. „Die Bundesregierung scheut nur die öffentliche | |
Auseinandersetzung.“ | |
Immerhin hat die Große Koalition auf Druck der SPD erste Veränderungen | |
beschlossen. Die Exportgenehmigungen sollen dem Parlament künftig binnen 14 | |
Tagen mitgeteilt werden. Der zusammenfassende Bericht soll halbjährlich | |
erscheinen. „Bis zur Sommerpause“ sollen die Änderungen umgesetzt sein, | |
versprach Thomas de Maizière. | |
## Voranfragen könnten Ausnahme bleiben | |
Umstritten ist vor allem noch, ob die Transparenz auch für Voranfragen der | |
Rüstungsindustrie gilt. Hier fragen die Firmen zu Beginn von Verhandlungen | |
mit einem ausländischen Staat beim Bundessicherheitsrat nach, ob sie am | |
Ende, oft Jahre später, mit einer Genehmigung rechnen können. So war es | |
wohl auch im Fall der „Leopard“-Panzer für Saudi-Arabien. Rüstungsvertret… | |
Atzpodien kennt keinen Fall, in dem vom positiven Vorabsignal später | |
abgewichen wurde. | |
Minister de Maiziere betonte dennoch, eine positive Entscheidung würde nur | |
„in Aussicht gestellt, falls sich die Verhältnisse nicht ändern“. Das | |
Vorabsignal sei also nicht verbindlich und müsse daher dem Parlament und | |
der Öffentlichkeit nicht mitgeteilt werden. Die Richter sehen dies | |
möglicherweise anders. „Wenn die Voranfrage für die Firmen keine Relevanz | |
hätte, gäbe es sie nicht“, erklärte Gertrude Lübbe-Wolff. | |
Das Urteil wird in einigen Monaten verkündet. | |
15 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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