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# taz.de -- Urteil zur Flüchtlingspolitik: Richter verlangen Trennung
> Abschiebehäftlinge sind anders unterzubringen als Strafgefangene,
> entscheidet der Europäische Gerichtshof. Dieses Urteil hat Konsequenzen.
Bild: Niedersachsen macht es richtig: In der Justizvollzugsanstalt Langenhagen …
HAMBURG taz | Abschiebehäftlinge sind keine Verbrecher. Das hat der
Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg am Donnerstag zwar nicht
geurteilt – aber immerhin, dass Abzuschiebende bis zu ihrer Ausreise nicht
in einem normalen Gefängnis festgehalten werden dürfen. Sie müssen in
separaten Einrichtungen untergebracht werden, in denen sie im Prinzip ein
normales Leben führen – ohne allerdings die Unterbringung verlassen zu
dürfen.
Geführt hatte das Verfahren unter anderem Rechtsanwalt Peter Fahlbusch aus
Hannover. Handlungsbedarf besteht nun insbesondere in Hamburg: Bis zu 35
Abschiebehäftlinge leben in der dortigen Justizvollzugsanstalt Billwerder.
Die nun von den Richtern ausgesprochenen Vorgaben sind nicht neu. Schon in
der EU-Rückführungsrichtlinie aus dem Jahr 2008 findet sich ein
„Trennungsgebot“.
Weil aber der Strafvollzug in Deutschland Ländersache ist, wurde diese
Trennung zwischen Abschiebehäftlingen und Strafgefangenen nicht
flächendeckend umgesetzt. So hat etwa Schleswig-Holstein frühzeitig ein
reines Abschiebegefängnis in Rendsburg eingerichtet. In Niedersachsen wurde
am 1. Januar dieses Jahres gerade die JVA Hannover-Langenhagen wieder ihrer
„ursprünglichen Bestimmung als reine Abschiebeeinrichtung“ zugeführt, wie
es Wilfried Burkhard vom niedersächsischen Innenministerium formulierte.
## Als Abschiebestation konzipiert
Langenhagen war 1999 von der damaligen rot-grünen Landesregierung als
Abschiebestation konzipiert worden. Als deren Auslastung allerdings sank,
kam später das inzwischen CDU-geführte Justizministerium auf die Idee,
verstärkt auch Strafgefangene in der Anlage unterzubringen.
Bremen fühlt sich von dem neuen EuGH-Urteil nicht betroffen:
Abschiebhäftlinge bringe man im Polizeigewahrsam im Präsidium unter, sagt
Olaf Bull, Sprecher des Bremer Innenressorts. Dort dürften sie höchstens
zwei Wochen bleiben.
Auch die Hamburger Innenbehörde gibt sich erstmal gelassen: „Das Urteil ist
ja nicht überraschend“, sagt Sprecher Frank Reschreiter. Es werde schon
seit geraumer Zeit und im fortgeschrittenen Stadium an einer
Kooperationslösung mit anderen Bundesländern gearbeitet, so Reschreiter,
„die dem Urteil gerecht wird“.
Es sei ein „Skandal, dass Menschen sehenden Auges jahrelang rechtswidrig
inhaftiert wurden“, sagte Marei Pelzer, rechtspolitische Referentin von Pro
Asyl. Das Urteil müsse zum Anlass genommen werden, das Instrument der
Abschiebungshaft grundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen. „Ich halte es
für geboten, die Abschiebehaft in Hamburg gänzlich abzuschaffen“, sagt auch
die Grünen-Abgeordnete Antje Möller. Christiane Schneider von der
Linksfraktion ergänzt: „Dieses Wegsperren Schutzsuchender muss nun in
Hamburg ein Ende haben.“
17 Jul 2014
## AUTOREN
Kai von Appen
## TAGS
Abschiebe-Gefängnis
Abschiebung
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Europäischer Gerichtshof
Flüchtlinge
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