Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Hamburg und Kiel kooperieren: Gefangenenaustausch im Norden
> Schleswig-Holstein plant Lübecker Frauenstrafvollzug an neues
> Frauengefängnis in Hamburg abzugeben. Dafür bekäme Neumünster Hamburgs
> Jugendhäftlinge.
Bild: Dem Hamburger Senat ist das zu teuer: In der Jugendarrestanstalt Hahnöfe…
HAMBURG taz | Schleswig-Holstein und Hamburg setzen auf Nähe: Die
benachbarten Bundesländer planen im Strafvollzug noch enger zu kooperieren,
als sie es ohnehin tun. „Wir sind im Gespräch“, bestätigt Hamburgs
Justizbehördensprecherin Marion Klabunde: Man prüfe „verschiedene
Optionen“.
Nach taz-Informationen geht es konkret um die Verlegung des
schleswig-holsteinischen Frauen-Strafvollzugs aus dem Gefängnis
Lübeck-Lauerhof nach Hamburg, genauer in das neue Frauengefängnis im
Stadtteil Billwerder.
Im Gegenzug soll der Hamburger Jugendvollzug vom Jugendgefängnis im
schleswig-holsteinischen Neumünster besorgt werden. „Wir erörtern, was
möglich und was sinnvoll ist“, sagt Oliver Breuer, Sprecher des Kieler
Justizministeriums. „Es ist aber noch nix spruchreif.“
Die Zurückhaltung mag mit Vorsicht zu begründen sein: In Hamburg erinnern
sich Beobachter noch lebhaft an den Aufschrei, als die damalige
Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) 2013 aus Kostengründen den
Frauenvollzug Hahnöfersand mit seinen 100 Haftplätzen in das
Männergefängnis Billwerder verlegen ließ.
Experten und Oppostion –damals auch die inzwischen mitregierenden Grünen
–befürchteten, dass da ein bundesweit anerkanntes Konzept zur
Resozialisierung auf der Strecke bleiben könnte; auch herrschte Sorge, dass
die Frauen, nur durch Zäune von den 650 Männern getrennt, Anmachen und
sexualisierter Gewalt ausgesetzt sein würden und Prostitution kaum schwer
zu verhindern sein werde.
Im Koalitionsvertrag mit der SPD haben die Hamburger Grünen durchsetzen
können, dass weibliche Häftlinge nun auf einem separaten Areal
untergebracht werden und das Konzept aus Hahnöfersand –Wohnen, Arbeiten,
Qualifizierung, Ausbildung und soziale Dienste auf engem Raum –weiter
realisiert wird. Eine Folge: Der Umzug ist immer noch nicht über die Bühne,
denn in Billwerder wird noch gebaut.
Auch wegen der dabei anfallenden Kosten soll nun offenbar der Umfang des
Frauenstrafvollzug vergrößert werden –durch Frauen aus Schleswig-Holstein.
„Wir möchten die Arbeitsstruktur, insbesondere für die Bediensteten,
verbessern und Synergieeffekte nutzen, indem wir den Vollzug verdichten“,
sagt Hamburgs Justizbehördensprecherin Klabunde.
Konzeptionell wäre das Hahnöfersand-Konzept mit den Bedingungen in
Lübeck-Lauerhof kompatibel: Dort haben die meisten der 80 Insassinnen
tagsüber Umschluss und können gemeinsam Aufenthaltsräume nutzen.
Was den personalintensiven Jugendstrafvollzug angeht, plant Hamburgs Senat
die Einrichtung auf der Elb-Halbinsel Hahnöfersand nahe dem
niedersächsischen Jork bis 2018 zu schließen, weil dort Gebäude mit
Millionenaufwand saniert werden müssten; zudem sinkt die Zahl jugendlichen
Strafgefangener stetig.
Bei den Oppositionsparteien stoßen die konspirativen Verhandlungen auf
Kritik. „In Neumünster ist es für Jugendliche noch schwerer Besuch zu aus
Hamburg zu bekommen“, beklagt etwa der Hamburger Linkenabgeordnete Martin
Dolzer. Wohnort- und damit familiennahe Unterbringungen gerade bei
weiblichen Gefangenen sei erfahrungsgemäß „das wichtigste Standbein für
eine gelingende Resozialisierung“, moniert aber auch die Kieler
CDU-Abgeordnete Barbara Ostermeier.
Jugendliche und Frauen hätten in der Regel noch familiäre Bindungen. „Mit
dem Plan würde Schleswig-Holstein die Verantwortung für die
Resozialisierung aller weiblichen Straftäter an Hamburg delegieren“, sagt
Ostermeier. Dort aber würde für die Frauen das weniger moderne Hamburger
Strafvollzugsgesetz gelten, das Lübecker Resozialisierungs-Netzwerk fiele
weg.
Sowohl Ostermeier als auch Dolzer fürchten vor vollendete Tatsachen
gestellt zu werden: Schleswig-Holsteins Justizministerin Anke Spoorendonk
(SSW) und Grünen-Senator Till Steffen haben intern eine Entscheidung bis
Ende des Jahres verabredet.
8 Oct 2015
## AUTOREN
Kai von Appen
## TAGS
Justiz
Gefängnis
Strafvollzug
Justiz
Strafvollzug
Grüne
Abschiebe-Gefängnis
## ARTIKEL ZUM THEMA
Rücktritt gefordert: Senator unter Beschuss
Nach der unfreiwilligen Freilassung eines Sexualstraftäters hat die
Opposition die Hatz auf Hamburgs Justizsenator eröffnet
Zusammen im Knast: Gefangenenaustausch kommt
Strafvollzug wird modern: Frauen und Jugendliche aus Hamburg und
Schleswig-Holstein sollen ab 2019 gemeinsam einsitzen.
Hamburgs Grüne knasten um: Von einem Knast zum anderen
Im März ziehen Hamburgs weibliche Strafgefangene nach Billwerder um. Die
Grünen waren einst dagegen, nun macht das ihr eigener Justizsenator.
Urteil zur Flüchtlingspolitik: Richter verlangen Trennung
Abschiebehäftlinge sind anders unterzubringen als Strafgefangene,
entscheidet der Europäische Gerichtshof. Dieses Urteil hat Konsequenzen.
Streit um Gefängnis: Frauen werden verlegt
Der Strafvollzug für Frauen soll nach Willen von Senat und SPD-Fraktion von
Hahnöfersand nach Billwerder umziehen. Ein Angebot der Opposition schlagen
sie aus.
Verlegung des Frauenvollzugs: Von der Inhaftierten zur Prostituierten
Die Pläne von Hamburgs Justizsenatorin Jana Schiedek, den Frauenvollzug im
Männerknast unterzubringen, stoßen auf Widerstand. Experten warnen vor
Prostitution. Eine Ex-Gefangene bestätigt das.
Kommentar: über die geplante Verlegung des Frauenvollzugs: Fataler Sparvorschl…
Der Frauenvollzug in Hahnöfersand hat Vorzeige-Charakter, den die Sozis
nicht einfach über den Haufen werfen sollten, um ein paar Euros zu sparen.
SPD strukturiert Gefängnisse um: In offenen Vollzug investieren
SPD-Justizsenatorin Schiedek legt Konzept zur Neustrukturierung der
Gefängnisse vor. Offener Vollzug in Glasmoor bleibt erhalten,
Frauengefängnis zieht um.
Überbelegung in Schleswig-Holsteins Gefängnissen: Wenn im Knast kein Platz ist
Schleswig-Holstein hat zu wenig Haftplätze, Probleme mit menschenunwürdiger
Überbelegung und will zwei Gefängnisse schließen. In Hamburgs Gefängnissen
wäre genug Platz, aber Kiel winkt ab.
… dem Häftling der Knast
Da sag' noch einer, der deutsche Strafvollzug wär' nix! Zumindest konnte
ein ehemaliger Hamburger Häftling gar nicht schnell genug zurück ins
Gefängnis kommen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.