| # taz.de -- Kriminologe Michael Lindenberg über geschlossene Unterbringung: �… | |
| > Bremen will straffällige minderjährige Flüchtlinge geschlossen | |
| > unterbringen – der Kriminologe Lindenberg hält das für falsch. | |
| Bild: Renitente Jugendliche wegzusperren, hält Lindenberg für „reine Symbol… | |
| taz: Herr Lindenberg, Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen fordert für | |
| besonders renitente unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nun geschlossene | |
| Unterbringung … | |
| Michael Lindenberg: Er wirft Justiz und Jugendhilfe in einen Topf. Das ist | |
| falsch. Straftaten sind kein ausreichender Grund für die geschlossene | |
| Unterbringung. Auch wenn das politisch immer wieder versucht wird. | |
| Was bedeutet überhaupt ein „geschlossenes Heim“? | |
| In der Regel wird einem Stufenmodell gefolgt: Die Jugendliche dürfen in den | |
| ersten Wochen die Einrichtung nicht verlassen, dann haben sie Ausgang in | |
| Begleitung, dann begrenzte Ausgänge allein. Die Grundlage dafür ist das | |
| Jugendhilferecht und ein Beschluss vom Familienrichter. Der darf das aber | |
| nur verhängen, wenn der Selbst- oder Fremdgefährdung nicht durch andere | |
| Hilfen begegnet werden kann. Das heißt, erst einmal müssen diese anderen | |
| Hilfen versucht werden. | |
| Die 20 bis 25 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge begehen regelmäßig | |
| Straftaten, schlagen Polizisten und Betreuer. | |
| Dann sind sie ein Fall für die Justiz. Der Staat ist aber kein übergroßer | |
| Polizeidistrikt. Er wird stark durch eine starke Sozialpolitik. | |
| Böhrnsen befürchtet, dass die wenigen renitenten Jugendlichen die Akzeptanz | |
| für die Aufnahme von Flüchtlinge insgesamt gefährden. | |
| Das mag sein, lässt sich durch die geschlossene Unterbringung aber nicht | |
| verhindern. Das ist Symbolpolitik. Es gibt eine zunehmende Unterscheidung | |
| zwischen den eigenen und den fremden Jugendlichen. Dabei handelt es sich | |
| nur um einen kleinen Teil der minderjährigen Flüchtlinge, die straffällig | |
| werden, und der ist vermutlich nicht größer als der Anteil unter | |
| innerdeutschen Jugendlichen. Hier wird besonders dramatisiert. | |
| Reden Sie das Problem nicht klein? | |
| Auch ich sehe die Schwierigkeiten. Aber: ein geschlossenes Heim ist keine | |
| lösungsorientierte Antwort. | |
| Wäre das nicht immerhin besser als die Untersuchungshaft? | |
| Vorsicht. Bei der geschlossenen Unterbringung gibt es eine große | |
| Rechtsunsicherheit. In der Untersuchungshaft ist das klarer geregelt, man | |
| wartet die Anklageerhebung und das Urteil ab. Für die geschlossene | |
| Unterbringung läuft der richterliche Beschluss normalerweise für ein Jahr. | |
| Und dort müssen auch nicht unbedingt rosige Verhältnisse herrschen. Ein | |
| Extrembeispiel ist das mittlerweile geschlossene Heim der Haasenburg GmbH, | |
| in dem es zu eklatanten Rechtsverstößen kam. | |
| Kommt es nicht auf das jeweilige Konzept an? | |
| Natürlich. Aber: Deutschlandweit gibt es 400 Plätze in geschlossenen | |
| Heimen, und über die Wirkung wissen wir relativ wenig. Über die | |
| Legalbewährung etwa gibt es keine Zahlen, also darüber, ob jemand danach | |
| wieder straffällig wird. Zu glauben, die geschlossenen Heime würde | |
| Straftaten verhindern, ist ohnehin abwegig. | |
| Wieso nicht? | |
| Verhindern können sie Straftaten bestenfalls für die Dauer des strikten | |
| Einschlusses. Die Jugendlichen können aber nicht ewig da bleiben, die | |
| Unterbringung soll doch der Erziehung dienen und nicht der dauernden | |
| Sicherung. | |
| Was ist Ihr Vorschlag? | |
| Man muss einerseits auf die Justiz und andererseits auf eine | |
| intensiv-pädagogische Betreuung im Rahmen der Jugendhilfe setzen: Zum | |
| Beispiel kann ein Jugendlicher durch Fachleute intensiv begleitet werden | |
| und in seiner eigenen Wohnung leben. Für das Geld, das die geschlossene | |
| Einrichtungen pro Jugendlichen kosten, könnte man zwei Betreuer Vollzeit | |
| beschäftigen. | |
| Warum kommt man immer wieder auf geschlossene Heime? | |
| Es zeigt Stärke auf Seiten der Politik und kann eine Entlastung für die | |
| Beteiligten sein, ein letzter Ausweg für das Jugendamt oder die | |
| Erziehungsberechtigten am Ende des Hilfesystems. Aber das halte ich für | |
| falsch. | |
| 4 Feb 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Jean-Philipp Baeck | |
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