# taz.de -- Experten gegen geschlossenes Heim: Rechtsstaat auch im Dunkeln | |
> Psychologen und Juristen kritisieren die geschlossene Unterbringung von | |
> delinquenten jugendlichen Flüchtlingen. Der CDU geht's nicht schnell | |
> genug. | |
Bild: Während die CDU so schnell wie möglich abschließen will, sind andere e… | |
BREMEN taz | Als „sozial- und kriminalpolitischen Irrweg“ bezeichnet der | |
„Kriminalpolitische Arbeitskreis“ (Kripak) das vom Senat geplante | |
geschlossene Heim für auffällig gewordene unbegleitete minderjährige | |
Flüchtlinge (UMF). In einem offenen Brief vom Dienstag kritisieren die | |
Rechtswissenschaftler, dass die Flüchtlingsfrage so zum innenpolitischen | |
Thema werde – mit „besorgniserregenden Auswirkungen“ auf die | |
Kriminalpolitik Bremens. | |
Das Konzept des Senats ist kein Teil des regulären Strafvollzugs, sondern | |
soll unter externen Trägerschaft stehen. Nach der wird noch gesucht. Bei | |
den Jugendlichen geht es um höchstens 30 von 600 UMF, die in den vergangene | |
Monaten durch Raub, Diebstahl oder Widerstand gegen die Polizei aufgefallen | |
sind. Laut Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) sind sie mit den | |
herkömmlichen Instrumenten des Jugendhilfesystems nicht mehr zu erreichen. | |
Obwohl die Planungen auf Hochtouren laufen, hat die CDU am Dienstag eigens | |
eine Aktuellen Stunde in der Bürgerschaft einberufen, um die noch | |
schnellere Umsetzung zu fordern. Diese Einrichtung müsse „sofort“ her, | |
sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Thomas Röwekamp. Er kritisierte den | |
Senat dafür, sich zunächst auf Träger-Suche gemacht zu haben. Notfalls | |
müsse die Stadt das halt selbst machen. Von Flüchtlingen wollte Röwekamp | |
zudem gar nicht erst reden. Bei den Jugendlichen handele es sich nämlich um | |
„ausländische Kriminelle“, die gezielt nach Bremen kämen, „um hier | |
Straftaten zu begehen“. | |
Die Debatte müsse versachlicht werden, hatte der Kripak wenige Stunden | |
zuvor geschrieben – „selbst in Zeiten des Vorwahlkampfs“. Es gehe hier um | |
Einzelfälle: fünf Prozent der Bremer Flüchtlingskinder, die zudem erst dann | |
als „kriminell“ bezeichnet werden könnten, sofern sie rechtskräftig | |
verurteilt seien. Schon die Wortwahl würden die medial aufgeheizte Debatte | |
weiter verschärfen. | |
Ähnlich meldete sich auch die psychosoziale Beratungsstelle „Refugio“ zu | |
Wort. Das sei kein Problem der Herkunft, sagen sie – schließlich gebe es | |
auch „begleitete minderjährige Einheimische“, die von der Jugendhilfe nicht | |
erreicht würden, ohne dafür in geschlossene Heime gesteckt zu werden. | |
Der Kripak-Aufruf gegen das neue Konzept ist zugleich ein Bestehen auf den | |
bisherigen Instrumenten des Staates: Das Strafrecht dort, wo Straftaten | |
rechtskräftig nachgewiesen wurden. Wo bereits zuvor eingegriffen werden | |
kann, solle weiterhin die Jugendhilfe zuständig bleiben. Das sei völlig | |
ausreichend und werde so – selbstverständlich auch bei UMF – erfolgreich | |
angewendet. In der Jugendhilfe könne Freiheitsentzug keine Probleme lösen, | |
sondern verschärfe sie im Gegenteil noch, so Kripak. | |
Dass die Unterbringung ausgerechnet auf dem Gelände der | |
Justizvollzugsanstalt erfolgen soll, habe zudem Signalwirkungen: für die | |
Außenwelt einerseits, vor allem aber für die betroffenen Jugendlichen | |
selbst. „Das ist Exklusion statt Inklusion“, sagt der Kripak. Zugespitzt | |
gelte das noch beim Vorhaben des Senats, den ehemaligen polizeilichen | |
Abschiebegewahrsam in der Vahr als „Nacht-Gewahrsam“ für UMF | |
bereitzustellen. „Der Senat erweckt damit den Eindruck, als solle für UMF | |
des Nachts das deutsche Recht nicht gelten“, schreibt der Kripak. | |
Jugendliche, die nachts aufgegriffen werden und nicht zu Sorgeberechtigten | |
gebracht werden können, nimmt derzeit das Jugendamt in Obhut. Der Kripak | |
sieht auch hier keinen Bedarf für eine Polizeigewahrsam, das zudem | |
„erhebliche rechtliche Probleme“ aufwerfe. | |
Der Kripak hofft, dass sich auch in Zukunft kein Träger für die | |
geschlossene Einrichtung finden lasse. Denn wenn erst einmal angelaufen | |
ist, was in den Plänen „Übergangslösung“ heißt, dann – so die Befürc… | |
der Kritiker – werde diese früher oder später zur Dauereinrichtung. | |
17 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Jan-Paul Koopmann | |
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